Die Wüste lebt

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Zum zweiten Mal belebte das „Gulf Historic Dubai GP Revival“ das Autodrom des Emirates. Klassische Formel 1, GT-Prototypen und 80er-Sportwagen auf der Strecke und zahlreiche Motorsportlegenden als Gäste machten ihre Aufwartung: so Alain Prost, Mark Webber, Stefan Johansson und Timo Bernhard. Der belgische F1-Pilot Thierry Boutsen sowie die Le Mans-Sieger André Lotterer, Stanley Dickens und Marco Werner griffen erneut in`s Volant. Das dreitägige Spektakel, bei dem das Beste des Motorsports aus einer vergangenen Ära zelebriert wurde, animierte diese äußerst renommierten Fahrer, sich in der Hitze der Wüste zahlreiche Rad-an-Rad-Kämpfe zu leisten.

Erfolgreich: Oliver Webb im Ex-Hunt-Hesketh 308B

Mit vier Rennklassen über das gesamte Wochenende hinweg war die Veranstaltung ein wahres Schaufenster für ikonische Motorsportmaschinen. Zu sehen waren Formel-1-Monoposti aus den 70er- und 90er-Jahren sowie einige legendäre Sportwagen, einschließlich der Gruppe C.
In der Formel-1-Kategorie der 70/80er- Jahre führte zunächst Oliver Webb im Ex-James-Hunt-Hesketh 308B vor Mike Cantillon im Ex-Michele-Alboreto-Tyrell 010-2. In der sechsten Runde kosteten zwei durch Bremsprobleme hervorgerufene Fahrfehler den vierten Platz des Fittipaldi 8F vom Australier Matt Campbell, so dass Christophe d,Ansembourg im Ex-Alain-Jones-Williams FW07C kampflos vorbeiziehen konnte. Während der ATS HS1 des Schweizers Tiziano Carugati bis zum Ausfall verhaltene Demo-Runden drehte und der Maki FW F101C von Michael Lyons schwächelte, siegte am Samstag Mike Cantillon im Tyrrell 010-2, begleitet von den Klängen „We are the Champions“. Zweiter: Oliver Webb, Dieser bemerkte: „Morgen revanchiere ich mich.“ Und am Sonntag dominierte er dann vom Start weg. Trotz leichter Vibrationen in den letzten Runden siegte Webb vor Jamie Constable im Ex-Eddy-Cheever-Tyrrell 011-6 und Cantillon. Webb nach seinem Erfolg: „Das 2022 Gulf Historic Dubai GP Revival hat so viel Spaß gemacht. Es sind viele Werksfahrer hier am Start, was die Kämpfe auf der Strecke sehr viel spannender macht. Wenn man ein Motorsportfan ist, ist es etwas ganz Besonderes, mit einigen der besten Fahrer der Welt im und um das Fahrerlager herum zu sprechen und ihnen ganz nahe zu kommen. Hier im Nahen Osten gab es schon immer eine große Sammlung historischer Rennwagen und moderner Supersportwagen, so dass es außergewöhnlich ist, etwas zu veranstalten, das in der Region ein einzigartiges 70er-Jahre-Gefühl vermittelt.“ Mit dem Elvis-Presley-Song „Blue Suede Shoes“ und umrahmt von netten Grid-Girls verließen die F1-Recken mit großen Pötten die Sieger-Podest-Bühne. Hier wurde auf einem roten Teppich vorgefahren. Das einzige Indiz in diesem Umfeld, man sei in einem arabischen Land: ein Spalier von acht Stöckchen schwingende Herren in der VAE-Nationalkleidung, also mit Dishdasha-Übergewand, Ghutra-Kopftuch und Sandalen an den Füßen. Verschleierte Weiblichkeit war weit und breit nicht zu sehen. Hinter Christophe d,Ansembourg und Michael Lyons belegte der ehemalische belgische F1-Pilot Thierry Boutsen den sechsten Rang in seinem damaligen Warsteiner-Arrows A3.

Die Macken eines Maki
Dass Michael Lyons den Maki F101C am Samstag ins Ziel brachte, wäre im Debüt-Jahr 1974 und 1975 als ein Wunder bezeichnet worden. Diese Konstruktion junger japanischer Ingenieure, nicht qualifiziert beim GP von England und von Howden Ganley im Training zum GP von Deutschland zerschmissen, wurde erst einmal gestoppt. Die C-Variante debütierte dann 1975 in Zandvoort. Insider-Diagnose: „Außer der geänderten Lackierung hat sich da nichts geändert.“ Dass sich dann Maki-Pilot Hiroshi Fushida, Sohn eines Kino-Fabrikanten, von seinen Fahrerkollegen die Kritik „Du störst nur unsere Kreise“ anhören musste, wunderte nicht. In seinem Maki-Artikel damals in der „Welt des Sports“ wünschte Jochen von Osterroth den Nippon-Enthusiasten alles Gute, es sei aber besser, der Formel 1 Saijonara zu sagen. Im Sonntags-Rennen lag Lyons freilich sensationell bis zu vorletzten Runde an dritter Position, doch dann begann der Maki Öl zu verlieren, just auf seine Hinterräder, so dass Michael vorsichtshalber am Streckenrand ausrollte. Nicht angetreten zum zweiten Lauf war Anthony Beltoise, Sohn des Monaco-Siegers von 1972 Jean Pierre Beltoise in einem BRM P160B. Beltoise „Junior“, im Jahr zuvor in Neuilly-sur-Seine geboren, kam mit seinem Ensign N173 nach einem fünften Rang am Samstag nicht mehr zum Einsatz. Auch dieser Wagen, einst für Rikky von Opel gebaut, hatte keine Fortüne im Rennbetrieb gehabt, so dass Rikky frustriert aus dem von ihm finanzierten Projekt nach dem Race of Champions in Brands Hatch 1974 ausgestiegen war. Bei den Grand-Prix-Fahrzeugen der 90er-Jahre trat dann Anthony zusammen mit Jean-Denis Delétraz in dem Ex-Schumacher-Benetton B192 an. Delétraz, nur dreimal in der Formel 1 vertreten und 1995 und 2001 Fünfter in Le Mans, traf in seinem Rennen auch auf André Lotterer, Leyton House-March 871. André, bereits 1998 BMW Formel-Junior Meister, ist natürlich ein anderes Kaliber. Wie Marco Werner dreifacher Le Mans-Sieger, dazu Champion bei den Super GT, in der WEC und der Formel Nippon und 2022 noch in der Formel aktiv, ist ein Allrounder schlechthin. Das können Nicolas Prost, Filius des vierfachen F1-Weltmeisters Alain in einem Benetton B196, und Victor Jabouille, Sohn des ehemaligen Renault-Stars Jean-Pierre, nicht von sich behaupten. Immerhin wartete diese Rennserie mit klangvollen Namen auf.

Beltoise im Ex-Schumacher-Benetton B192

Doppelsieg durch Marco Werner im Gebhardt C88
In der Kategorie der 80er-Jahre-Sportwagen war es Marco Werner, der im Gebhardt C88 in beiden Rennen des Wochenendes die Zielflagge als Erster sah, nachdem er für beide Rennen die Pole- Position ergattern konnte. Und das vor starker Konkurrenz, denn mit ihm in der ersten Reihe stand der Italiener Max Girardo mit seinem bärenstarken Nissan NPT 90 GTP aus der IMSA- Serie, der auch gleich nach dem Start die Führung vor Werner übernahm. Doch Marco blieb Girardo mit dem kleinen C2-Gebhardt im Momo-Look auf den Fersen und machte Druck. Dem konnte Girardo nicht standhalten und fabrizierte einen Dreher, den Marco dazu nutzte, mit schnellen konstanten Rundenzeiten die Führung auszubauen und nicht mehr abzugeben. Im zweiten Lauf am Sonntag ein ähnliches Spiel. Werner von der Pole Position aus gestartet, konnte auf der Geraden dem Nissan nicht Paroli bieten, der diesmal beim Start vom Spanier Andy Soucek gefahren wurde. Soucek konnte sich aber nicht von Werner absetzen, der nach dem Boxenstopp und Fahrerwechsel den dann von Max Girardo gefahrenen Nissan überholen konnte. Werner setzte sich dann mehr und mehr von Girardo ab, denn von hinten kam in großen Schritten Stuart Hall mit dem Rothmans-Porsche 962, den er von Besitzer Roald Goethe übernommen hatte. Hall fing den Nissan noch in der letzten Runde ab, und auch Werner hatte nur noch einen knappen Vorsprung im Ziel. In diesen zwei Rennen waren auch der niederländische Unternehmer Prinz Berhard van Oranje-Nassau und sein Sohn Samuel in einem Argo angetreten und ganz munter mitgefahren. Bereits nach zwei Runden am Sonntag war der Toyota 86C von André Lotterer stehen geblieben, und auch der Gebhardt JC853 von Stanley Dickens rollte nach sechs Runden aus.

Porsche contra Pescarolo
In der Klasse der GT und Prototypen holte sich der dreimalige Le-Mans-Sieger André Lotterer mit dem Porsche RS Spyder am Samstag den Sieg nach einem schönen Fight mit Emmanuel Collard, während Emmanuel Collard im Pescarolo LMP1 01 am Sonntag der actiongeladenen Veranstaltung nach einigen Führungswechseln den Sieg errang. Andre Lotterer: „Es ist ein echtes Privileg, Veranstaltungen wie diese zu haben, um die Vergangenheit mit diesen erstaunlichen Autos zu ehren. Alles an dieser Veranstaltung wurde akribisch geplant. Der Ort und das Timing sind perfekt und haben sich zu einem wichtigen Ereignis im Kalender des klassischen Motorsports entwickelt.“ Bei den GT tobte in beiden Rennen ein harter Kampf zwischen dem Maserati MC12 GT1 von Francois Perrodo, dem Ferrari 50 GT3 seines Landsmannes Nicolas Joffre und dem Gulf-Aston Martin DBR9 der britisch-südafrikanischen Besetzung Stuart Hall/ Jordan Grogor. Der Aston Martin von Roald Goethes Team setzte sich dann klar durch.

Marcos Gebhardt biegt auf den roten Teppich ein

Erfolgskonzept
Abseits der Rennstrecke war das Fahrerlager ein Zentrum der Unterhaltung mit DJs und Live-Musikern, die überall auftraten. Der „Apex Garden“ bot den Zuschauern eine aufregende Sicht auf die Strecke, Familienunterhaltung und ein Open-Air-Kino, in dem alle Live-Aktionen und Highlights des Wochenendes gezeigt wurden, und das einen Panoramablick auf einen der anspruchsvollsten Sektoren der Strecke bot. Die kuratierte Oldtimer-Ausstellung der Veranstaltung brachte einige der atemberaubendsten und seltensten Autos der letzten Jahrzehnte zusammen, vom Lamborghini Diablo und Countach bis hin zu einem Ferrari Testarossa und Ferrai 250 Lusso und SP2 Monza. Jaguar Classic stellte zwei seiner kultigsten Renn-Roadster aus – die Nachfolgemodelle C-Type und D-Type. An hochkarätigen Werbepartnern fehlt es natürlich auch nicht, da klinkte sich sogar das Bankhaus Edmond de Rothschild in den Lifestream ein. Pierre-Brice Mena, Geschäftsführer von GP Extreme, sagte: „Die zweite Auflage des Gulf Historic Dubai GP Revival war ein enormer Erfolg. Diese wunderbare Feier des Motorsports im Nahen Osten hat sich bereits einen Namen gemacht und beginnt, sich als eine vielbesuchte Veranstaltung für die Zukunft zu etablieren.“ Die diesjährige Veranstaltung war nachweislich größer als die von 2021 und bot den Besuchern des Dubai Autodrome mehr Rennen an mehr Tagen und viel mehr edle Renner im Fahrerlager. Dies spiegelte sich auch in den Besucherzahlen wider, die sich im Vergleich zum ersten Jahr verdoppelt hatten. Ich möchte unseren Partnern, Fahrern und natürlich den Teams, die uns unterstützt haben, von ganzem Herzen danken; ohne sie wäre diese fantastische Veranstaltung nicht möglich gewesen. Ich möchte mich auch bei den Tausenden von Gästen bedanken, die uns während der drei Tage besucht haben; wir freuen uns darauf, sie 2023 wieder im Nahen Osten begrüßen zu dürfen.“

Probleme im Leyton House 871, aber umso dominanter bei den Prototypen: Lotterer