Ungeliebtes Kraftpaket

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„We have a return of power to British Circuits“, so das Argument von Colin Chapman, sich mit einem Sportwagen-Projekt zu befassen, das von einem bulligen Ford-Fairlane-Motor befeuert werden sollte. Gerade mit dem Verkauf von Sportwagen in Kundenhände verdiente Lotus sein Geld. Als in den sechziger Jahren die CanAm Serie geboren wurde, wollte Chapman auch diesen Geschäftszweig für Kundenautos nutzen. Er baute ein Auto nach dem Gruppe-7- Reglement. Der Lotus 30 war somit Colin Chapmans erster Versuch, in der neu gegründeten CanAm-Rennserie anzutreten. Eine neue Serie, die den Herstellern fast keine Grenzen für die Leistung ihrer Fahrzeuge setzte. Chapman entschied sich nach einigen Experimenten mit der 4,2-Liter-Version für den Ford V8 Motor mit 4,7 Liter Hubraum, dieses 289er-Triebwerk, das auch im Ford GT 40 verwendet wurde. Mit einer Weiterentwicklung bei Lotus, kam man schließlich von ursprünglich 271 auf fast 350 PS.


Das Chassis war ähnlich wie im Lotus Elan. Chapman baute für den Lotus 30 ein Chassis, welches nur einen „Mittelkanal“ mit einer Gabelform am Heck, auch Y-Chassis genannt, aufwies, mit aufgesetzter GFK Karosserie und Hilfsrahmen für den Motor. Im Gegensatz zur Konkurrenz, die meist Motoren mit Leichtmetallblöcke verwendeten, war der Ford V8 aus Grauguss gebaut und für die Konstruktion viel zu schwer. Vom Konzept her gut als Mittelmotor gebaut, litt dieses Rennfahrzeug unter mangelnder Verwindungssteifigkeit und galt deshalb in Rennfahrerkreisen als schwer zu bändigen. Chapman, der sonst nur kleine und leichte Motoren verwendete, kam nun erstmals an seine Grenzen. Der Lotus 30 wurde zwar weiterentwickelt, aber große Erfolge blieben aus. Nach 21 Exemplaren 1964 folgten 1965 zwölf modifizierte Exemplare.

Das Nachfolgemodell, der Lotus 40 wurde nur drei Mal gebaut, aber danach war Schluss mit der Gruppe 7 bei Lotus. Über den Lotus 40 und die Unterschiede zum Lotus 30 gefragt, antwortetet Richie Ginther damals: „Just ten problems more!“ Dabei hatte Chapman gerade mit der Chassis-Bauweise einiges vor. Das Chassis sollte damals schon als Modulbauweise für mehrerer Fahrzeugtypen dienen, die auch für einige Straßenmodelle gedacht waren. Interessant auch eine Version, mit der Chapman in Le Mans bei den 24 Stunden ein Gesamtsiegerfahrzeug geplant hatte.

War doch Lotus durch die kleineren Motoren in den anderen Modellen bisher nur für Klassensiege gut genug. Das Auto sollte sogar eine geschlossene Version werden. Chapman hatte sich damals jenen Auftrag erhofft, aus dem bei der Konkurrenz der Ford GT 40 entstand. Aber weiter als die Pläne auf dem Papier, kam man damals bei Lotus nicht, der Schlag gegen die Konkurrenz blieb so auch in Le Mans aus. Dabei fing das Projekt Lotus 30 verheißungsvoll an. Clark fuhr mit dem Lotus 30/L1 auf den zweiten Platz zur Britischen Sportwagenmeisterschaft in Aintree, obwohl er im Training keine gezeitete Runde gefahren war und deshalb vom Ende des Feldes starten musste. Er gewann zwar 1964 noch ein Rennen in Mallory Park, aber das zählte nicht zur Meisterschaft.

Clark realisierte schnell, dass einiges im Argen lag bei der Konstruktion und machte am liebsten einen Bogen um den Lotus 30. Bewegte Clark das Auto am Limit, gaben nach wenigen Runden die Bremsen ihren Dienst auf. Es waren zwar Girling-Scheibenbremsen verbaut, aber Chapman stellte das Auto Anfangs auf 13-Zoll-Räder, und so waren die Bremsen zu klein dimensioniert.

Obwohl das Auto damals nur zirka 700 Kilogramm auf die Waage brachte, waren Leistung von Motor und Bremse nicht auf einem Niveau. Erst als man auf 15- Zoll-Räder umstellte und größere Bremsscheiben verwenden konnte und dazu an der Karosserie einige Luftöffnung schuf, kam auch die Bremse mit dem Gewicht und vor allem der Leistung des Autos klar. So gewann Clark dann noch 1965 das ein oder andere Rennen, wie den Auftakt mit dem Lotus 30 Serie 2 in Silverstone beim „Senior Service 200“, wo er von der Pole-Position gestartet war. Diesem positiven Resultat folgte ein weiterer Sieg beim 50-Meilen-Lavant-Cup-Rennen in Goodwood, wo auch wir den Lotus 30 fahren konnten (siehe Trackday). Auch wenn der Lotus 30 nicht so erfolgreich war, war er doch „CanAm-like“ zu seiner Zeit und teilweise schneller als die Formel 1, was ihn damals zu einer richtigen Herausforderung machte.


Die GFK-Karosserie war auf Höchstgeschwindigkeit ausgelegt und sollte über 200 Meilen pro Stunde Topspeed ermöglichen. Formschön kommt das Auto daher, hatte aber zu viel Auftrieb bei höheren Geschwindigkeiten. Dies sorgte deshalb für ein instabiles Fahrverhalten im oberen Geschwindigkeitsbereich. Dazu war erstmals eine sehr kompakte Karosserie bei Lotus verbaut worden, die auf den Y-Träger aufgesetzt wurde. Sie sollte so für Steifigkeit sorgen. So konnte man aber nur kleine „Zugänge“ zum Auto schaffen, in dem man vorn und hinten jeweils eine Haube abnehmen musste. Das war aber ziemlich Mechaniker-unfreundlich, denn für Verstellungen, zum Beispiel am Fahrwerk, musste man jedes Mal die Räder abnehmen, was sehr aufwendig war, und man trotzdem schlecht ans „Ziel“ kam. Bei anderen Modellen nahm man einfach das komplette „Bodywork“ ab, und die Technik war komplett zugängig. Auch Arbeiten am Motor hatte die recht kleine Haube ziemlich erschwert.


Kleinere weitere Erfolge gab es dann mit dem Lotus 30 nur in Kundenhand, bei eher unwichtigen Rennen. Lotus baute insgesamt 33 Exemplare vom Lotus 30, ziemlich viel, weil er mit 3.495 Pfund äußerst preiswert war. Der von uns gefahrene Lotus 30/L7 ging Ende 1964 in die USA an Newton B. Davies der das Auto abwechselnd mit Gerry Georgi fuhr. Ende 2020 wechselte das Auto, welches im Besitz von ChromeCars war, den Besitzer und wird demnächst wieder im historischen Motorsport zu sehen sein.

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Technische Daten

Lotus 30 Chassis L7

Motor
Ford 289 Fairlane V8 90 Grad
Ventile pro Zylinder: 2
Bohrung/Hub: 101,6 mm x 72,9 mm
Hubraum: 4728 ccm
Gemischaufbereitung: 4 Weber 48 IDM Doppel-Vergaser
Leistung: 350 PS bei 6500 U/min.
Drehmoment: 450 Nm

Kraftübertragung
ZF Fünfganggetriebe/Heckantrieb

Fahrwerk | Chassis
Chassis: <<Y>> Kastenbauweise mit Hilfsrahmen am Heck
Aufhängung vorne: Doppelte Dreieckslenker, Schraubenfeder, Stoßdämpfer, StabilisChassiator
Aufhängung hinten:  Doppelte Dreieckslenker, Schraubenfedern, Stoßdämpfer, Stabilisato
Lenkung: Zahnstangenlenkung
Bremsen: Girling Scheibenbremsen vorne und hinten

Abmessungen | Gewichte
Länge/Breite/Höhe: 4191mm/1727mm/673mm
Radstand/Breite: 2400mm/1346mm
Leergewicht: 700 Kg