Die Baureihe der Chevron-Rennsportwagen in Spyder-Form seit Einführung des Chevron B 16 Spyders 1970 wurde dank evolutionärer Weiterentwicklungen über die Typen B 19, 21, 23, 26, 31 und B 36 eine der erfolgreichsten im internationalen Motorsport in den 70er Jahren in der Hubraum-Klasse bis zwei Liter. Immer wieder gelangen Chevron-Piloten mit diesen Autos auch aufsehenerregende Platzierungen in den Gesamtklassements der Langstreckenrennen zur Markenweltmeisterschaft in Starterfeldern mit hubraum- und leistungsstärkerer Konkurrenz. Die „kreischenden“ Chevrons jener Jahre, überwiegend von reinrassigen Formel-2-Motoren angetrieben, waren in den Händen von Topfahrern für beinahe jede Überraschung gut. In den Marken-WM-Läufen 1972 bis 1975 fuhren Chevron-Teams zehnmal unter die ersten Fünf in den Gesamtklassements und dreimal jeweils drittplatziert auf das Siegerpodium: bei den 1000 km Spa 1972 John Hine/John Bridges im B 21-Ford des „Red Rose Racing“-Teams, bei den 1000 km Nürburgring 1973 John Burton/John Bridges im B 23-Ford von „Red Rose Racing“ und bei den 800 km Dijon 1975 John Hine/Iasn Grob im B 31-Ford Hart des „KVG Racing“-Teams.
Schon 1970 hatte Brian Redman letztlich durch seinen Sieg im brandneuen B 16 Spyder bei den 500 km Spa, im letzten Meisterschaftslauf der ersten Europa-Markentrophäe für Rennsportwagen und Rennprototypen bis zwei Liter Hubraum, Chevron den Europameistertitel der Mar-ken gesichert. Der Schotte Gerry Birrell hatte Ende 1972 auf einem Chevron B 23 des „Team Gunston“ die südafrikanische „Springbok Trophy Series“, auch für Zweiliter-Rennsportwagen und –prototypen, gewonnen. Nach einem bereits zweiten Platz im Gesamtklassement und Klassensieg gemeinsam mit dem Deutschen Jochen Mass beim Serienauftakt, den 9h Kyalami, hinter dem Dreiliter-Werks-Ferrari 312 PB von Clay Regazzoni/Arturo Merzario, gewannen Birell/Mass zweimal sowie Birrell/Peter Gethin und Gethin/Mass alle vier restlichen Läufe der Serie in den Gesamtklassements – Mass wurde Zweiter, der Engländer Gethin Dritter der Schlusswertung.
Ein Engländer regte zum Bau des Chevron B 16 an
Es war ein Rennfahrer, der 1970 den Anstoß zum Bau der ersten Version, des B 16 Spyders, gegeben hatte. Der englische Formel-1-Pilot Brian Redman, bis dahin unter anderem als Porsche-Werksfahrer auch auf Langstrecken sehr erfolgreich bereits in höherkarätigen Rennsportwagen bis hin zum Porsche 917, hatte nach mühevollem Saisonauftakt-Sieg in der Europa-Markentrophäe bis zwei Liter 1970 in Le Castellet im Chevron B 16 Coupé gegen den deutlich leichteren Lola T 210 Spyder Joakim Bonniers gegenüber Chevron-Gründer Derek Bennett Alarm geschlagen: „Derek, wir brauchen einen Spyder…!“
Der seinerzeit 37-jährige, in Manchester geborene Bennett hatte eine Ausbildung zum Maschinenbau- und Elektro-Ingenieur absolviert, als Mechaniker gearbeitet und war nicht ohne Erfolge auch Rennen in selbst gebauten kleinen Sportwagen nach der so genannten Clubman-Formel gefahren. Als die Nachfrage nach seinen „Clubman“-Rennfahrzeugen, den „Bennett Specials“, gestiegen war, hatte er Mitte der 60er Jahre Chevron Cars mit Sitz in Bolton nahe Manchester gegründet und in der Folge auch schon Formel Junior- und Formel-2-Rennwagen konstruiert. Besonders erfolgreich war er aber zunächst mit in Kleinserien gefertigten Rennsportwagen. Als Charakter mit viel Elan setzte er auch Redmans Anregung innerhalb kürzester Zeit noch in laufender Saison um.
Der erste Meistertitel für den Chevron B 16
Der etwa 50 Kilogramm leichtere B 16 Spyder als das B 16 Coupé mit einer dem ebenfalls 1970 erschienenen Porsche 908/3 ähnelnden Karosserie mit „bull nose“ debütierte dann beim EM-Lauf 500 km Nürburgring im September in den Händen von Brian Redman gleich mit überlegener Pole Position. Redmans 8.12,4 Minuten waren rund neun Sekunden schneller als Arturo Merzario im Abarth 2000 SP (8.23,0) und Chris Craft im Lola T 210 (8.23,6). Im Rennen schied Redman dann nach überlegener Führung mit Bruch der Benzinleitung und Feuer an Bord aus. 14 Tage später sicherte er dann als Sieger im B 16 Spyder bei den 500 km Spa, ebenfalls nach Pole Position und hartem Kampf mit Joakim Bonnier im Lola T 210, Chevron den Meistertitel bei den Marken in diesem Championat.
Während der B 16 Spyder noch von dem 1,8-Liter-Ford-Cosworth FVC mit rund 240 PS Leistung angetrieben wurde, unterschieden sich die Folgemodelle in den nächsten Jahren jeweils durch Detail-Modifikationen und in aller Regel durch den Einsatz stärkerer Motoren bis zur Hubraumgrenze von zwei Liter in dieser Klasse mit letztlich Motorleistungen von knapp 300 PS oder dar-über. Ganz selten kamen sogar Versionen mit dem Dreiliter-Ford Cosworth-Formel-1-Motor in privaten Teams zum Einsatz, aber ohne nennenswerte Erfolge.
Die finale Baurreihe – der Chevron B 36
Der Chevron B 36, der dann von 1976 bis 1978 in 21 Exemplaren hergestellt wurde, war dann die siebte und letzte Konstruktion dieser Baureihe für die seinerzeit so genannte Gruppe 6 der Rennsportwagen. 1978 verunglückte Chevron-Gründer Derek Bennett bei einem Hängegleiter-Unfall tödlich, dadurch ging dem Unternehmen, das mit wechselnden Eigentümern noch bis 1983 überlebte, auch sein Elan verloren.
Beim B 36, der ausschließlich für den Ver-kauf bestimmt war, standen bei der Kon-zeption im Vordergrund die Möglichkeit der Verwendung unterschiedlicher Moto-rentypen und eine möglichst hohe War-tungsfreundlichkeit. Er war konventionell konstruiert, auf revolutionäre Innovationen wurde bewusst verzichtet.
Die ersten Chassis wurden von einem 2-Liter-4-Zylinder-ROC-Chrysler-Simca-Aggregat angetrieben. In weiterer Folge wurden auch der 4-Zylinder-Cosworth-BDA-Motor, ein Mazda-Wankelmotor, der BMW-M12-4-Zylinder-Motor, ein Ford-2-Li-ter-BDG-Motor oder ein Hart-4-Zylinder-Triebwerk in das Auto verbaut. Auch hier fanden noch hubraumstärkere Motoren Verwendung. So bestückte der Franzose José Thibault seinen B36 1987 bei den 24h Le Mans mit einem 3-Liter-6-Zylinder-PRV-Triebwerk von Talbot. Einige Exemplare des Chevron B 36 wurden auch in Japan und Nordamerika eingesetzt und in Einzelfällen an die Reglements des Canadian American Challenge Cup oder der europäischen Interserie angepasst. Einer Statistik zufolge waren B 36 zwischen 1976 und 1987 bei über 160 Rennen gemeldet und erzielten dabei elf Gesamtsiege und acht Klassensiege.
Die auf diesen Seiten präsentierte Chassis-Nummer „36-76-04“ gehörte zu den ersten, die ausgeliefert wurden, in diesem Fall zunächst an Fred Stalder, der Racing Organisation Course (ROC), wo er sogleich mit einem, für das ROC-Team typischen, Chrysler-Simca-4-Zylinder-Motor ausge-stattet wurde. Der Wagen nahm daraufhin an zahlreichen Sportwagenrennen teil und fuhr unter anderem fünfmal in Le Mans mit. Bei seinem letzten Le Mans-Auftritt im Jahr 1980 sicherte dieser Chevron den Sieg in seiner Klasse. Zwei Jahre später gewann das Auto die französische Gruppe-6-Meis-terschaft. Der nächste Besitzer von „76-04“ Jean-Claude Ferrarin, der einen BMW-4-Zy-linder-Motor einbaute. Neu motorisiert ge-wann der Chevron B 36 1984 erneut die französische Gruppe-6-Meisterschaft. Be-vor seine Rennkarriere 1986 vorläufig en-dete, wurde er noch mit einem Cosworth DFV-Motor ausgestattet und seine Karosse-rie so modifiziert, das er den Kriterien eines Sthemo Gruppe-C-Wagens entsprach.
2007 nahm sich Jean-Marie Belletes-te des Gefährts an, ließ es vom Chevron-Experten Vin Malkie restaurieren und in seinen Originalzustand zurückversetzen – inklusive eines neuen Ford Cosworth BDG- Motors. 2009 wurde das Schmuck-stück Teil des Rennstalls des Belgiers Marc Devis, der ihn schon kurze Zeit später an einen Sammler in Schottland verkaufte. Der Wagen fuhr daraufhin etliche Rennen im Rahmen der Classic-Endurance-Racing-Se-rie (CER) mit und gewann 2014, mit dem Schotten Martin O‘Connell am Steuer, die „CER P2“-Meisterschaft.
Technische Daten des Chevron B 36, 1976, Chassis-Nummer „76-04“
Chevron B 36, 1976, Chassis-Nummer
„76-04“
Motor
(Werte in Klammern: Ausrüstung bei Auslieferung 1976)
Ford Cosworth BDG-Reihenvierzylinder, Aluminium-Block und -Zylinderkopf (ROC Chrysler-Simca 2.0/Peugeot-Block)
- Bohrung/Hub: 90,4 mm x 77,6 mm (92,0 mm x 75,0 mm)
- Hubraum: 1.990 ccm (1.994 ccm)
- Ventile pro Zylinder: vier (vier)
- Ventilsteuerung: Nockenwelle, Zahn-riemenantrieb
- Verdichtung: 12,0:1 (11,3:1)
- Gemischaufbereitung: Benzineinsprit-zung (mechanische Kugelfischer-Ben-zineinspritzung)
- Leistung: 280 PS bei 9.250/min (285 PS bei 9.200/min)
Kraftübertragung
- Hewland FT 200-Fünfganggetriebe
- Heckantrieb
Fahrwerk
- Karosserie: Fiberglas
- Chassis: Aluminum-Monocoque mit Hilfsrahmen hinten
- Aufhängung vorn: Doppelquerlenker, Schraubenfedern, Stoßdämpfer, Stabilisator
- Aufhängung hinten: Oberlenker, doppelte Unterlenker, doppelte Längslenker, Schraubenfedern, Stoßdämpfer, Stabilisator
- Rad-Dimensionen vorn/hinten: 10 x 13/15 x 13
- Lenkung: Zahnstangenlenkung
- Bremsen: belüftete Scheibenbremsen
Abmessungen und Gewichte
- Radstand: 2.400 mm
- Spur vorn/hinten: 1.360 mm/1.440 mm
- Leergewicht: 605 kg
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Fotos: Christian Wilkens