Ewy Baronin von Korff-Rosqvist fuhr 4624 Kilometer Straßen-Rennen quer durch Argentinien: Zum „ VI. Gran Premio Internacional Standart Supervovil YPF” 1962 waren 285 Männer-Besatzungen und ein Damen-Team angetreten. Nur 43 Wagen überlebten diese Tortur. Mit neuen Rekord-Schnitten auf jeder einzelnen Etappe und damit einem überlegenen Gesamtsieg düpierten die schwedischen Mercedes-Werks-Fahrerinnen Evy Blomqvist und Ursula Wirth die Männerwelt. Einer hatte es vorausgesehen: „Ich bin sicher, dass ihr gegen diese Verrückten, die glauben, nach 100 Kilometern sei das Rennen vorbei, gewinnen werdet.“ So Juan Manuel Fangio, mit fünf Weltmeister-Titeln Argentiniens Nationalheld. Im Alter von 94 Jahren starb Ewy am 9. Juli.
Als Ewy Jensson am 3. August 1929 im südschwedischen Ystad geboren, verbrachte das Mädchen ihrer Kindheit auf dem elterlichen Bauernhof, besuchte eine Landwirtschaftsschule, studierte zwei Semester Tiermedizin und assistierte einem Veterinär, dessen Klienten weit verstreut waren. Mit dem Mercedes 170S (W 136) ihres Vaters klapperte sie „Patienten“ der-art schnell ab, dass ihre Kollegen und -innen das Nachsehen hatten. Die Heirat mit dem Rallye-Fahrer Yngve Rosqvist 1954 führte dazu, dass sie in diesem Metier schnell heimisch wurde und selbst hinter dem Volant aktiv wurde. Nach der Trennung von ihrem Gatten gewann sie viermal den Damen-Cup der 1000-Seen-Rallye in Finn-land und errang auf einem Volvo 1959 der europäischen Damen-Cup vor Stirling Moss` Schwester Pat. „Die Berufung als Werks-Pilotin für Mercedes-Benz empfand ich als Ehre und Verpfl ichtung zugleich. Andererseits hatte ich ziemlichen Respekt vor dem großen Mercedes, der sich von dem Volvo, den ich noch bei der Rally Monte Carlo ge-fahren hatte, doch erheblich unterschied.“
Ewy Baronin von Korff-Rosqvist – Leibwächter für die „Blondinen“
Die Haarfarbe der Schwedinnen reizte so manches Heißblut derart, dass sogar versucht wurde, ein paar Locken als Souvenir abzuschneiden. Nach jeder Etappe warteten Blumengrüße stiller Verehrer auf Ewy und Ursula. Für Teammanager Karl Kling und Juan-Manuel Fangio, der in die Organisation des Straßen-Rennens eingebunden war, eine ungewöhnliche Situation. Leibwächter mussten engagiert werden. Kling:“ Lasst Euch nicht beirren, ich zähle auf Euch!“ Nach dem Sieg der Damen, frohlockte Fangio: „ Ewy, jetzt gehörst Du zur großen Mercedes-Familie für alle Zeiten.“ Im Jahr darauf wurden Blomqvist/Wirth Dritte hinter ihren Team-Kollegen Eu-gen Böhringer/Klaus Kaiser, Dieter Glemser/Martin Braungart, alle auf Mercedes-Benz 300 SE (W 112).
1963 wird der Damenpreis der Rallye Monte Carlo gewonnen und beim Sechs-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring gewinnt sie zusammen mit Ursula Wirth und Eberhard Mahle die 2,5-Liter-Klasse. In der gleichen Klasse ist sie bei der „Monte“ 1964 erfolgreich. Dritte bei der Rallye Spa-Sofia-Liège und auch Dritte zusammen mit Eva-Maria Falk beim argentinischen Stra-ßen-Marathon 1964: Nach diesen Erfolgen beschloss Evy ihre aktive Karriere als Pilotin und heiratete im Juni jenen Jahres den Direktor der Mercedes-Motorsport-Aktivitä-ten Alexander Baron von Korff in der Kapel-le des “Alten Schlosses“ in Stuttgart. Nach Korffs Ableben 1977 blieb sie noch ein paar Jahre in Stuttgart, ehe sie nach Stockholm übersiedelte. Als Marken-Botschafterin von Mercedes-Benz Classic blieb sie den Stuttgartern treu. Wie sagte doch Fangio 1962: „Jetzt gehörst Du zur Mercedes-Familie für alle Zeiten!“
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