Stanley Dickens: 72 Jahre und noch voll am Start
Stanley Dickens erblickte in Färila das Licht der Welt, einem kleinen Dorf in Hälsingland, das im Norden Schwedens liegt. Die Familie stammte ursprünglich aus England und kam um 1850 nach Schweden, daher der eher untypische Name eines Schweden. Stanleys Vater war Hauptkommissar bei der Polizei. 1965 wurde der Vater versetzt und erhielt eine neue und höhere Position in einer südlicheren Stadt, Motala. Dies ist auch die Heimatstadt von Reine Wisell, der einer der Rivalen von Ronnie Peterson war. Reine schaffte es in die Formel 1 zu Lotus und wurde Stanleys Mentor. Stanley war sich jedoch nicht sicher, welche Richtung er in seinem Leben einschlagen sollte, denn er hatte auch ein ausgeprägtes künstlerisches Talent, das in verschiedenen Kunstschulen in Stockholm gefördert wurde. Später gründete er seine eigene Werbeagentur. Er und sein Partner Lindström konzentrierten sich auf Unternehmen, die ein gewisses Inter-esse am Motorsport hatten, und das Team wurde durch viele auffällige Sponsoring-Kampagnen bekannt. Nach einiger Zeit hatte Stanley beachtliche Erfolge auf den Rennstrecken, und er musste sich entscheiden. Er erkannte, dass er ein fahrerisches Talent hatte, das ein ernsthaftes Engagement wert war, und die Entscheidung war pro Motorsport gefallen.
Stanley Dickens ist einer der erfolgreichsten schwedischen Rennfahrer auf internationaler Ebene der achtziger und neunziger Jahre. Er begann also seine Karriere in den 70er-Jahren und fuhr einige Saisons in einem Formel Ford. Mit dem dritten Platz in der schwedischen Meisterschaft 1977 erreichte er sein bestes Ergebnis in jenen Jahren und wechselte in die Formel 3. Dort erzielte er gute Ergebnisse, nicht nur in Schweden, sondern auch in Europa. Sein Ziel war es jedoch, schwedischer Meister zu werden, ein wichtiges Ziel, das durch einen Motorschaden in einem entscheidenden Rennen vereitelt wurde. Nach dieser Enttäuschung verließ er die F3 und konzentrierte sich auf eine neue Kategorie – Sports 2000 -, die im selben Jahr in Schweden eingeführt wurde. Er wurde Dritter in der Nordischen Meisterschaft und zwei Jahre später Europameister. Mit diesem Titel in der Tasche suchte er nach neuen Herausforderungen und das Ziel war die Formel 2. Das erste Rennen fand auf seiner Heim-strecke – Mantorp Park – statt, das letzte Rennen der Formel-2-Europameisterschaft 1981. Stanleys fuhr in der F2 für Horag Racing aus der Schweiz, das von Markus Hotz geleitet wurde.
Der Weg zur Weltmeisterschaft über Japan
1982 war das Jahr, in dem Stanley zum ersten Mal nach Japan kam, das Land, das für viele Jahre wichtig für ihn sein sollte. Ende 1983 wurde er eingeladen, zusammen mit seinem Freund und Kollegen Eje Elgh in einem Gruppe-C Dome am Saisonfinale der «All Japan Endurance Championship« teilzunehmen. Das Team schlug sich erstaunlich gut und belegte beim 500-km-Rennen auf dem Fuji-Speedway den zweiten Platz. Das Ergebnis wurde von Dome sehr geschätzt und man bot ihm einen Platz im neuen Dome-Toyota-Team für die Saison 1984 an. Leider folgten viele technische Probleme und ein Unfall beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans im selben Jahr. Das machte es schwierig für ihn, im Team zu bleiben. Dickens begann, sich nach einer Position in europäischen Teams umzusehen, und 1985 kam er in Kontakt mit dem in Deutschland ansässigen Gebhardt-Team in der Gruppe C2. Zusammen mit Frank Jelinski aus der Formel 2 etablierte er sich im schnellen Gebhardt-Cosworth, und das Team erzielte mehrere Spitzenergebnisse in der Weltmeisterschaft, vor allem im Jahr 1986. Diese guten Ergebnisse und die zielstrebige Arbeit von Manager Fritz Gebhardt führten zu Porsche und in die Königsklasse C1. Im Oktober 1986 wurden Dickens/Jelinski von Brun angeheuert, um beim letzten WM-Lauf in Fuji anzutreten. Ein zweiter Platz sicherte Brun Motorsport den Weltmeistertitel, und dieser Erfolg eröffnete eine neue Richtung für Stanley Dickens. Nun erhielt Dickens Angebote von verschiedenen Teams, unter anderem von Joest Racing, das eine starke Verbindung zu Porsche hatte. Dickens wurde Stammfahrer für Joest in der Weltmeisterschaft 1987 und teilte sich das Auto mit anderen Spitzenfahrern wie «John Winter», Hans-Joachim Stuck, Bob Wollek und Klaus Ludwig. Ein dritter Platz in Nürnberg war sein bestes Ergebnis. Das war frustrierend für Dickens, der mehr erreichen wollte. Da es sich bei der Wertung um eine Weltmeisterschaft handelte, berechtigten ihn die Ergebnisse zu einer Formel-1-Lizenz (Superlizenz). Es war also an der Zeit, sich ein neues Ziel zu setzen – die Formel 1. Harte Arbeit mit Sponsoren führte zur Unterstützung durch eine Finanzgesellschaft, die die PR eines Schweden in der Formel 1 unterstützen wollten. Dickens war kurz davor, einen Vertrag mit Minardi zu unterzeichnen, die einen der wenigen freien Plätze für 1988 anbieten konnten. Der Platz bei Minardi wurde jedoch von Luis Peres Sala eingenommen, der einen viel stärkeren Rückhalt bei Lois Jeans hatte und mehr Budget brachte. In Le Mans aber hatte er 1988 mehr Glück und beendete das 24-Stunden-Rennen an der Sarthe auf Platz drei mit Frank Jelinski und Louis Krages («John Winter») auf einem Joest Porsche 962. Durch das Ergebnis war Dickens für höhere Aufgaben zu haben. Peter Sauber und das Mercedes-Team traten Anfang 1989 an Dickens heran, um den ersten Werkseinsatz in Le Mans seit mehr als 30 Jahren zu unternehmen. Der Rest ist Geschichte – Dickens gewann das berühmte 24-Stunden-Rennen zusammen mit Jochen Mass und Manuel Reuter. Der Sieg bedeutete viel, nicht zuletzt in Japan, und Dickens Position wurde durch einen zweiten Titel in Japan im selben Jahr noch weiter gestärkt.
Stanley Dickens – Zurück nach Japan
Manager Fritz Gebhardt hatte neue Pläne für Dickens und schlug ihm einen Vertrag in der konkurrenzfähigen «All Japan Endurance Championship» vor, wo Dickens seine Erfahrung auf einem Porsche 962 erneut nutzen konnte. Außerdem fuhr er weiterhin einige Rennen in Europa für Joest. Es war die goldrichtige Entscheidung, die zu seinem ersten Titel als japanischer Meister sowie zu einem dritten Platz in Le Mans und einem vierten Platz in Silverstone führte. Dies machte ihn zum Sieger der «BRDC Le Mans – Silverstone Challenge» 1988. Endlich erhielt Dickens die lang ersehnte Anerkennung aus England. Mit weiteren Podiumsplätzen in der IMSA (USA) mit dem MOMO-Porsche gehörte Dickens nun zu den besten Fahrern der Welt im Sportwagen-Rennsport.
Die letzte Fahrt in Le Mans im Jahre 1996, zusammen mit Steve Fossett und George Fouché, hätte auch seine letzte Fahrt überhaupt werden können, nachdem er in einem von STP gesponserten Kremer-Porsche bei hoher Geschwindigkeit einen schrecklichen Unfall hatte. Nach dem Unfall in Le Mans legte Dickens eine Pause ein. Er kehrte jedoch mit einem neuen Projekt mit Gebhardt Motorsport in den Motorsport zurück, das von dem deutschen Team in Zusammenarbeit mit Gianpiero Moretti und MOMO lief. In dem Jahr fuhr er auch wieder einige Rennen in Amerika im Ferrari 333 SP mit Fredy Lienhard und Didier Theys.
Stanley Dickens: Vom Fahrer zum Teammanager
Im Jahr 2000 gründete Dickens sein eigenes Team – SRTS – mit einem Lola SR2. Nachdem er das erste Rennen in Kyalami gewonnen und die 24 Stunden von Rolex Daytona (in der Klasse) angeführt hatte, beschloss Dickens, sich auf das Management des Teams zu konzentrieren. Im folgenden Jahr gewann SRTS die SR2-Kategorie in der FIA-Sportwagenmeisterschaft. Ein paar Jahre später wechselte das Team in die Formel Renault 3,5. Nach zwei schwierigen Saisons gewann das Team das letzte Rennen in Dubai. Danach war erst mal Schluss für Stanley Dickens. Nach einer langen Pause vom Motorsport übernahm er 2015 wieder die Rolle des Teammanagers und er holte mit dem PWR-Team den Titel in der Nordischen Formel Renault 1,6-Meisterschaft.
Im Alter von 70 Jahren kehrte er nun nach 20 Jahren Abwesenheit am Steuer eines Rennwagens zurück auf die Piste. Sein langjähriger Freund und Manager Fritz Gebhardt lud ihn 2022 ein, in einen historischen Gruppe C zu steigen. Dickens fuhr bei den Rennen in Hockenheim und Dubai im Gebhardt JC 853 Cosworth. 2024 brachte Fritz Gebhardt seinen alten MOMO-Porsche 962 wieder an den Start, den Dickens schon in 1991 beim Team Gebhardt gefahren hatte und in dem er jetzt erneut Platz nahm. Stanley Dickens kann es also immer noch nicht lassen und die Fans freuen sich auf einen erneuten Anlauf.
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