„Bayerisches Goodwood am Berg“

Bereits zum dritten Mal konnte Joachim Althammer, der als Treibfeder und unermüdlicher Motor hinter der Neuauflage des legendären Bergrennens am Obersalzberg steht, wieder die Eigentümer von 140 historischen und seltene Rennfahrzeugen sowie drei historischen Motorrädern für dieses Spektakel begeistern, um den Mythos der Salzbergrennen von 1925 bis 1928 und der erfolgreichen Europameisterschaftsläufe des Roßfeldrennens von 1958 bis 1977 wieder aufleben zu lassen.
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Internationaler Edelweiss Bergpreis Rossfeld Berchtesgaden, 25. BIS 27.9.2015

Der Schirmherr des internationalen Edelweiss Bergpreises am Roßfeld 2015, der Ex-Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer, hatte in dieser Funktion ganze Arbeit geleistet, und so konnten Ende September 2015 alle sechs Läufe am Samstag und Sonntag trocken, wenn auch bei leicht verhangenem Himmel durchgeführt werden. Leichter Nieselregen setzte jeweils erst nach Ende des letzten Durchgangs ein. Dr. Peter Ramsauer ließ es sich nicht nehmen, am ersten Tag selbst vorbeizuschauen, um das Flair im herbstlichen Berchtesgadener Fahrerlager zu genießen. Auf die Frage aber, in welchem der Fahrzeuge Dr. Ramsauer dieses Jahr mitfahren wolle, nachdem er in der 2014er Auflage auf dem Beifahrersitz eines Porsche Bergspyders, von niemand Geringerem als Walter Röhrl chauffiert wurde, antwortete er eher verhalten: „Schau mer mal.“

Prominenz im Cockpit, Schwerpunktthemen Formel V und Abarth

Den insgesamt zirka 8.000 Zuschauern, die sich dem Wunsch von Initiator Althammer folgend, vermehrt im Stil der 60er und 70er Jahre kleideten, boten sich so ein unvergleichliches Erlebnis und PS-Prominenz zum Anfassen dar – allem voran natürlich mit dem Botschafter des Roßfeld Revivals, dem zweimaligen Rallye-Weltmeister Walter Röhrl, der kaum, dass er aus seinem ehemaligen Einsatzfahrzeug, dem erst kürzlich originalgetreu restaurierten 911 Porsche „San Remo“ ausstieg, von Autogrammjägern umringt war. Neben dem 82-jährigen Eberhard Mahle im Dienste des Porsche-Werkes auf einem originalen Porsche 911 der ersten Serie und mit Horst Linn auf einem 59er Stanquellini Formel Junior waren zwei Urgesteine des Roßfeldrennens am Start. Zudem war der ehemalige NSU-Racer und –Tuner Siegfried Spiess dabei. Schließlich hatte Thomas Frank von Audi Tradition mit dem ehemaligen Deutschen Rallyemeister Harald Demuth, der freudig als Wiederholungstäter auf dem in Berchtesgaden gebauten, höllisch kreischenden Zweitakt-Hartmann DKW an den Start ging, einen weiteren ebenfalls äußerst prominenten Fahrer im Cockpit.

Joachim Althammer hatte dieses Mal zwei Schwerpunkte für das „Bayerische Goodwood am Berg“ gesetzt. Zum 50-jährigen Bestehen der 1965 in Europa erstmals gestarteten Nachwuchsserie Formel V, die Ihren Siegeszug im Juni 1965 am Roßfeld begann und zum Sprungbrett für viele spätere Stars wie Jochen Rindt, Dr. Helmut Marko, Niki Lauda, Keke Rosberg und viele andere wurde, gelang es 15 originale Fahrzeuge an den Start zu bringen. Publikumsliebling der Formel V war der Austro Formel V, pilotiert von seinem ehemaligen Fahrer, dem sympathischen Liechtensteiner und Formel Super V-Europameister von 1972, Manfred Schurti, der in genau diesem Fahrzeug 1970 an selber Stelle Zweiter geworden war. Daneben gelang es, 20 Rennfahrzeuge aus der Feder des genialen Entwicklers Carlo Abarth an den Roßfeld zu locken. Dort konnte man die Vielfalt seines Schaffens bewundern, was sich auch dessen Gattin Anneliese Abarth nicht entgehen ließ. Abarth-Sammler und schon in den Siebzigern ein Bezwinger des Roßfeld, Leo Aumüller, brachte mit seinem Team allein vier der seltenen Boliden an den Start.

Streckensprecherlegenden Braun und Schlüter

Ein weiteres Highlight waren für die Zuschauer dann am Start die launigen Kommentare der sich kongenial ergänzenden Streckensprecher Siegfried Schlüter und Kommentatoren-Legende Rainer Braun, welcher früher bereits die Roßfeld Bergrennen kommentierte und selbst knapp 60 Mal in der Formel V am Lenkrad saß. Das erste gewertete Rennen der Formel V fand am 13.Juni 1965 am Roßfeld statt. Zweiter wurde bei diesen Rennen 1965 übrigens mit der Zeit von 4:29,53 Johannes Ortner, auch Gesamtsieger am Roßfeld 1971 im Abarth 3000, der als Zuschauer dieses Jahr dabei war und selbstverständlich zum Legenden-Treff im Fahrerlager gebeten wurde. Hier unterhielt Rainer Braun das Publikum dann auch zwischen den Läufen auf unnachahmliche Weise in einer lockeren Talk-Runde mit den Stars von damals, angereichert mit vielen Histörchen.

Aber auch unter den Zuschauern konnte Rainer Braun einige seiner ehemaligen Weggefährten ausmachen und ein paar Worte wechseln. So entdeckte er hier auch den Salzburger Peter Reinisch, ehemals hocherfolgreicher Team-Manager des Schweizer BRUN Racing Teams, welches Ende der 90er Jahre mit EURO-BRUN sogar bis in die Formel 1 aufgestiegen war. Reinisch, der sein Handwerk im nahe gelegenen Freilassinger Schnitzer Team erlernte, lässt sich das Roßfeld Rennen nicht entgehen, auch wenn er heute nicht mehr dem Rennzirkus angehört, kann man ihn jedes Jahr im Fahrerlager antreffen.

Motorensound und Drifts vom feinsten, Benefiz-Gedanke erfolgreich

Zu den lautesten Fahrzeugen am Roßfeld zählte auch dieses Jahr wieder der Schnitzer-BMW 2800 CS von 1970, gekonnt pilotiert von Franz Ostermeier. Als Einziger war ihm am Sonntag ein fliegender Start erlaubt, da die Kupplung des Rundstrecken-Autos, welches bereits am OGP auf dem Nürburgring teilgenommen hatte, dem brutalen Startprozedere am Berg nicht gewachsen war. Ostermeier wollte aber dem Publikum etwas bieten und riss auch so jedes Mal die Zuschauer zu wahren Begeisterungstürmen hin, genau wie auch Walter Röhrl, wenn beide Piloten mit gekonnt gezeigten Drifts ihre Fahrzeuge exakt am Scheitelpunkt um die Spitzkehren zirkelten. Nicht nur die Zuschauer kamen voll auf Ihre Kosten und waren begeistert von der Vielfalt der Fahrzeuge; so lobten auch die Aktiven und Team-Chefs wie Dieter Landenberger, Leiter des Porsche Archivs, die hervorragend organisierte und minutiös im Zeitplan liegende Veranstaltung. Sie versicherten unisono, auch nächstes Jahr wieder dabei sein wollen.

Die Sieger der dritten Auflage in den einzelnen Klassen wurden nicht über die benötigte Zeit ermittelt, sondern eine Jury bewertete die Geschichte der Fahrzeuge am Rossfeld sowie den optischen Eindruck der teilnehmenden Fahrer. Sympathie-Bekundungen der Zuschauer flossen ebenfalls in diese Wertung mit ein. Gesamtsieger wurde die Liechtensteiner Rennlegende Manfred Schurti in seinem Austro Vau Formel V von 1968. Platz zwei ging an Eberhard Mahle im Porsche 911 von 1967, Dritter wurde Harald Dietz auf Lancia Aprilia Zagato Spider, Baujahr 1938.

Aber auch das Hauptanliegen der Veranstaltung, die finanzielle Unterstützung der Lebenshilfe Berchtesgaden, wurde Dank der zahlreichen Spenden von Aktiven und Zuschauern nicht außer Acht gelassen. Und so konnte man Joachim Althammer nur drei Wochen später bereits im Regional Fernsehen bei der Grundsteinlegung für das neue Wohn- und Betreuungszentrum der Lebenshilfe Berchtesgaden sehen – sein Herzensprojekt, dass nun auch mit Hilfe der Spendengelder diverser Edelweiß Oldtimer Events realisiert werden kann.

Und er sprüht bereits wieder vor Ideen für die Schwerpunkte der Auflage 2016 vom 23. bis 25. September.