Die Masters mit vier Renn-Serien haben ihren Reiz nun auch in der Steiermark gefunden und feierten mit der Austrian Historic auf dem Red Bull-Ring eine Premiere. Rund 8000 Fans kamen auf ihre Kosten, wenngleich einige Starterfelder noch etwas schütter ausfielen, was wohl auf die Entfernung zu ihrem „homeland“ zurückzuführen ist.
Hauptattraktion beim Austrian Historic waren natürlich die beiden Rennen der Formel-1-Legenden zwischen 1965 und 85. Unter wolkigwar-men Firmament am Samstag stürmte Pole-Setter Steve Hartley mit seinem McLaren MP4/1davon, gefolgt vom ChromeCars-Trio Michael Lyons, Nick Padmore und Marco Werner, alle auf ihren Lotus in der Monaco-Konfiguration. Um den fünften Platz balgten sich der Brite Steve Brooks, Lotus 91, und der US-Amerikaner Jonathan Holtz-man in seinem 6-Rad-Tyrrell P-34. Da außer Holtzman in der Fittipaldi-Kategorie nur noch Philippe Bonny in einem Trojan T103-1 unterwegs war, und der Franzose von ei-nem Radlager-Defekt heimgesucht wurde, musste Brooks nicht unbedingt gehalten werden. Vorn das unveränderte Bild: Hartley knapp vor Lyons, zwei Sekunden dahinter Padmore und im Windschatten Werner. Da Hartley und Lyons stark mit sich beschäftigt waren, konnte sich Padmore ansaugen. In der sechsten Runde hatte Lyons seinen Landsmann niedergekämpft. Georg Hallau in seinem Theodore-Ensign N183 pirschte sich ein wenig an den Tyrrell heran, ohne auf Schlagdistanz zu kommen. Da Nick Padmores Lotus 88B mit einem Problem an der Hinterachse ausrollte, konnte Marco Werner bei der Austrian Historic den dritten Platz übernehmen, obwohl die seit Monaco etwas überstrapazierte Kupplung des 87B zunehmend Probleme machte. Mit Hartleys McLaren quasi am Getriebe seines Lotus hängend, über-querte Michael Lyons als Sieger die Ziellinie.
Benzin im Lotus-Cockpit während der Austrian Historic
Steve Hartley – auch „Jam Baron“ genannt – hatte es bisher bei allen vorherigen Masters der Saison zu einem Sieg ge-schafft, und das sollte ihm auch auf diesem herrlichen in die Landschaft oberhalb von Spielberg eingebetteten Kurs am Sonntag gelingen. Er nahm Michael Lyons, dem Führenden in der Lauda-Klasse, sogar 5,8 Sekunden ab. Bei Nick Padmore und Marco Werner, die nacheinander den dritten Platz einnahmen, fuhr der „Defekt-Teufel mit. Marco: „ In der neunten Runde fiel bei mir die Bremse durch.“ Nicks Kommentar zur 13. Runde: „ Plötzlich tropfte Sprit ins Cockpit, vermutlich durch eine undichte Leitung der Benzin-Anzeige.“ So erbte Steve Brooks kampflos den dritten Platz vor dem Belgier Marc Devis in einem Lotus 78. Da war Georg Hallau schon längst Zuschauer, weil sein Wagen mit Getriebeschaden ausgerollt war. Erneut als Gesamtfünfter erhielt die Startnummer 5, nämlich Holtzman, die „Fittipaldi-Weihen“. Bei dieser Materialschlacht kamen nur noch zwei weitere Fahrer in die Wertung: Arthur Bruckner im Ex-Surer-Arrows A6 und Phillipe Bonny, den nachlas-sende Motorleistung längere Zeit an die Boxen gefesselt hatte. Mit einer schnellsten Rennrunde hatte Hartley einen würdigen Schlusspunkt gesetzt.
Peugeot-Prototyp Doppelsieger
Innerhalb der ersten drei Rundendes Endurance-Rennens hatte der Peugeot 90X des Briten Steve Tandy dem Zytek 09S des Kanadiers Keith Frieser ebenso viele Sekunden abgenommen. Der Belgier Christophe d`Ansembourg, zu diesem Zeitpunkt noch Dritter, leistete sich einen kapitalen Fahrfehler, der ihn ans Ende des Feldes zurückwarf. Seine Aufholjagd à la James Bond wurde dann mit einem vierten Platz des Lola-As-ton-Martin DBR1-2 mit der Startnummer 007 belohnt. Kaum hatte Friese Tandy überholt, da konterte dieser und nahm an-schließend dem Kanadier acht Sekunden ab. Weitere acht Sekunden dahinter agierte der in seiner LMP2-Klasse führende Marco Werner im ChromeCars-Lotus, der auch als Erster das geöffnete Boxenstopp-Fenster in Anspruch nahm. Die drei Führenden bei den GT, Timo Scheibner und Alexander Lienau, beide auf Aston Martin V12 Vantage GT3, und in ihrem Sandwich der Ferrari 458 GT3 von Jason Wright trafen sich in der 14. Run-de zu ihrem Boxen-Stelldichein. Frieser und Tandy warteten dagegen bis kurz vor dem Schließen des Fensters. Während Tandy die Spitze behauptete, musste Frieser wegen eines Drehers seinen zweiten Platz kurzfristig Marco Werner überlassen und konnte ihn erst in vorletzten Runde zurück gewinnen. Die GT-Wertung ging an Scheibner vor Wright. Tandy lag beim Abwinken weit vor Frieser und deutete an, auch im zwei-ten Rennen den Ton angeben zu wollen.
Austrian Historic – Schlussakkord wie gehabt
Das Finale auf dem Red Bull-Ring, das zweite Endurance-Rennen, verlief analog zum ersten. Steve Tandy hatte Keith Frie-ser um 25,491 Sekunden distanziert und Marco Werner als Gesamtdritter im Lotus locker dem zweiten Klassensieg entgegen. Wie im ersten Durchgang musste Christophe d`Ansem-bourg einen Fauxpas bei seiner Fahrweise durch eine Aufholjagd kompensieren. Wie im ersten Rennen kam Marco Werner als Erster zum Pfl icht-Boxenhalt, gefolgt von Stephan Jobstl, der seinen Ligier JS P3 an Andy Willis übergab. Seine ersten Rennki-lometer in einem solchen Ligier absolvierte Mike Furness nach Übernahme von Ron Maydon. In der GT-Klasse hatte sich Timo Scheibner gegenüber Jason Wright einen Vorsprung von 21 Sekunden erarbeitet. Die P3-Klasse war eine klare Beute des Ore-ca LMPC 10 von Rick Carolino und Aaron Scott. Schlusslicht: Mike Furness, der sich wohl noch an den Ligier gewöhnen muss.
Magere Ausbeute
Hatten die Gentlemen-Piloten beim „Masters Historic Festival“ in Brands Hatch noch 38 Starter, so war wohl für einige Herren der Weg in die Steiermark zu weit. Nicht fehlen durften freilich Julian Thomas und Colum Lockie, die mit ihrem Shelby American Daytona-Coupé Siege in Silverstone und Donington Park gefeiert hatten und hier in die Favoriten-Rolle geschlüpft waren. In den ersten 30 Minuten des anderthalb-stündigen Rennens führte dann auch Julian Thomas klar vor dem Jaguar E-Type von Lee Mowle und Phil Keen. Dann erforderten Schaltprobleme im Daytona einen Reparatur-Stopp, der ganze zwei Runden kostete. So konnte Lee Mowle in der 21. Run-de locker an Phil Keen übergeben, mit der Maßgabe, auf Ankommen zu fahren. Einen ordentlichen Vorsprung musste dagegen in der GT-Klasse Nick Padmore in einem Ferrari 250 Lusso vor der Übergabe an Marco Werner herausholen, denn dessen Status als erfolgreicher Rennprofi beinhaltete eine „Elite Penalty“ – also eine Zeitaufschlag. Dazu kam es freilich nicht mehr, da der Ferrari von argen Bremsproblemen gebeutelt wurde und abgestellt werden musste. Calum Lockie konnte zwar noch eine verlorene Runde kompensieren, doch der E-Ty-pe war enteilt. Das schwedische Duo Nils-Fredrik Nyblaeus/Johan Rosendahl belegte mit einem Austin Healey 3000 den dritten Platz vor dem Lotus Elan 26R von Wolfgang und Christian Molitor. Und – sorry, liebe Zu-schauer – das war´s dann schon mit den Gentlemen.
Für das bescheidene Gentlemen-Starterfeld wurde das Publikum mit einem ordentlichen Rahmenprogramm entschädigt. Attraktion waren zweifelsohne die beiden „Sharknose“-Ferrari-Replicas von Jason Wright, die von Arturo Merzario und auch von Marco Werner bewegt wurden. Marco, der beide in Hinblick auf einen seiner Track-day-Beiträge testete: „Ich merkte, wie der Motor des einen 156 F1unsauber klang und stellt ihn vorsichtshalber ab. Man stellte Me-tallsplitter im Öl fest, und Jason war mir dank-bar, das Triebwerk wohl gerettet zu haben.“
„Davids“ gegen „Goliath“ während der Austrian Historic
Auf der Pole-Position der „Sports Cars Legends“ stand erwartungsgemäß der bullige McLaren M1A von Marc Shaw, dem eine relativ kleine Schar von 2-Liter-Sport-wagen das Leben schwer machen wollte. Doch bereits nach vier Runden mussten der McLaren-„Goliath“ die Waffen strecken und machten den Weg frei für die „Da-vids“, zunächst den Lola T210 der Paarung Graham Adelman/Andy Willis. Doch diese fielen einem Getriebeschaden zum Opfer. Der Belgier Marc Devis, Chevron B19, lieferte dann eine muntere Partie mit dem be-währten Duo Julian Thomas/Calum Lockie. Als Doppelstarter fuhr Andy Willis auch den Lola T212 von Stephan Joebstl, mit dem er dann den letzten Podestplatz erklomm. Der Vierte, Alberto Zoli, Chevron B16 und die heimische T210-Paarung Ingo Strolz/Thomas Matzel beendeten ein Rennen, das nicht hielt, was es versprochen hatte.
Wesentlich mehr los war dagegen in den beiden Rennen der „Lurani Trophy“. Im ersten musste sich der Italiener Gianluigi Candiani in einem Branca-Formel Junior knapp dem Briten Lee Mowle beugen. Auf den Plätzen: der Engländer Adrian Russel, der Schweizer Philipp Buhofer und der Australier Martin Bullock. Bullock war es auch, der im zweiten Rennen die Lynx-Piloten Pierre Guichard und David Kent auf Distanz hielt. Bester Deutscher und auf Rang Vier: Peter Laier in einem Lotus 22, nur eine knappe Wagenlänge vor den Österreicher Stephan Joebstl. Wegen Frühstarts raubte eine „drivethrough“-Strafe, beziehungsweise 22 Strafsekunden, Adrian Russel einen erneuten Podestplatz. Und so erging es auch dem Franzosen Stéphane Rey.
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Fotos: Peter Heil