CURBS hatte die Möglichkeit bei der AvD Histo Monte 2024 quasi im Cockpit unseres Alfasud 1.5 ti mitzufahren. Wir schildern hier unsere Eindrücke von der diesjährigen Ausgabe einer Winter-Rallye für historische Rallyefahrzeuge, deren legendäres Vorbild, die Rallye Monte Carlo, überhaupt als „die Mutter aller Rallyes“ gilt.
Zugegeben, das war jetzt nicht unsere erste AvD Histo Monte, es war nicht einmal unsere erste mit dem Alfasud 1.5 ti. Wir wussten, was wir taten und was auf uns zukam. Aber so, wie die Rallye Monte Carlo von jeher als „die Mutter aller Rallyes“ gilt, fährt man auch die AvD Histo Monte ins identische Zielgebiet nicht einmal gerade eben so. Das sind inklusive Anfahrt zum Startort Rothenburg ob der Tauber mehr als 4.000 Kilometer in fünf Tagen. Die fahrerische Herausforderung ist die GLP mit verhältnismäßig hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten und über meist recht lange Distanzen, zwischen 8 und 23 Kilometern. Und wenn es Schnee und Eis gibt – macht riesig Spaß, ist aber mit etwas Risiko behaftet. Der Reiz der AvD Histo Monte besteht ganz klar darin, dass es eine Winter-Rallye ist, verbunden mit GLP auf traumhafter Strecke durch traumhafte Landschaften. Und wir genießen jedes Mal auch das Zusammenkommen mit vielen langjährigen Mitstreitern.
Wir entschieden uns wieder für den 81er Alfasud 1.5 ti des Fahrers, Holger Seeberger. Dieses Auto schlug sich schon bei unserem Einsatz 2022 wacker, seinerzeit wurden wir Elfte im Gesamtklassement. Die Vorteile des Alfasud liegen in seinem geringen Gewicht, gepaart mit einem 95-PS-Motor und Frontantrieb. Auf winkligen, kurvenreichen Straßen, wie natürlich auch bei der AvD Histo Monte 2024, ist der kleine Alfa sehr wendig – ganz anders als ein „Buckel-Volvo“, den wir hier auch schon fuhren -, und der Frontantrieb stellt von allein die Lenkung wieder gerade. Besondere Priorität in den Vorbereitungen hatte diesmal allerdings der Wiedereinbau von Motor und Getriebe, beides war ausgebaut, weil bei der AvD Histo Monte 2022 in der letzten Prüfung am legendären „Col de Turini“ der Tachoantrieb den Geist aufgegeben hatte. Wir hatten den Tachoantrieb im 3D-Drucker neu hergestellt. Den Wiedereinbau nahmen wir zum Anlass Motorraum und Radaufhängung vorn zu überarbeiten, zudem legten wir gleich auch neue Zahnriemen auf, da durfte sich nichts verstellen.
Kleiner Exkurs rund um den Tachoantrieb: Bei unserem Einsatz mit dem Volvo PV 544 Sport 2016 waren wir durch den ursprünglich miserablen „Tripmaster“ im Volvo überrascht worden, der die Rallye zur Schätzaufgabe machte und den wir durch einen „Brantz“ ersetzten. Ohne guten „Tripmaster“ und „Schnittrechner“ geht es einfach nicht! Einen „Brantz“ hatten wir 2022 auch im Alfasud verbaut, er funktionierte auch weitgehend gut, allerdings bedurfte die Tachowelle noch einer Redundanz an einem Hinterrad – in Form eines Radsensors -, da hatte sich die Konstruktion 2022 noch als unbefriedigend erwiesen. Der Alfasud-Tachoantrieb sitzt im Differenzial in einer Kunststoffverzahnung und greift in ein anderes Differenzial. Problem: Wird das Lenkrad nach rechts eingeschlagen, wandert vom Lenkgetriebe die Staubmanschette mit der Zahnstange herüber. Die Tachowelle wird hinter der Manschette geführt, beim Lenken zieht die Manschette die Tachowelle mit herüber, dadurch zieht sie aus der Tachowelle das Innenleben heraus. Das Problem haben wir dann in der Mittagspause am ersten Rallyetag auf Rallyemanier wie folgt gelöst: Wir haben mit Hammer und Meißel die Durchführung im Wasserfangkasten nach hinten aufgeweitet, so dass die Tachowelle weiter nach hinten vom Lenkgetriebe weggeführt werden konnte. So konnte die Staubmanschette an der Tachowelle vorbei rutschen. Viel WD40 trug sein Übriges dazu bei. Kleine Ursachen, große Wirkung.
Unser Tagebuch der AVD Histo Monte 2024 – Montag, 5. Februar
Mit frischem TÜV absolvierten wir die letzte Probefahrt mit dem Alfasud über rund 400 Kilometer, soweit schien schon einmal alles zu funktionieren. Das Auto wurde noch mit den erforderlichen Rädern
mit Schneeketten sowie Werkzeug beladen.
Dienstag, 6. Februar bei der AVD Histo Monte 2024
Um 7.00 Uhr brachen wir, an Bord mit Beifahrer Nicky Bronsch nun komplett, Richtung Rothenburg ob der Tauber auf, dem Startort der AvD Histo Monte 2024, Ankunft 11.15 Uhr, alles funktionierte. Um 11.30 Uhr wickelten wir die Papierabnahme ab und brachten die notwendigen Rallye-Aufkleber an, die Technische Abnahme beim TÜV um 12.30 Uhr verlief ohne Beanstandungen. Um 17.30 Uhr starteten wir in den „Prolog“, 92,7 Kilometer rund um Rothenburg bei Dunkelheit. In der GLP 3 fiel der Tachoantrieb in einer Spitzkehre wieder aus – wir schalteten auf GPS-Sensor um und fuhren die GLP nach Gefühl und Zeitmessung an markanten Punkten zu Ende. Die hatten wir vorab ausgerechnet. Gesamtwertung zählte, gab es schon erste Defekte und Verirrte. Zudem war die Navigation auf dem Prolog von und nach Rothenburg mit zahlreichen Abzweigen nicht ganz ohne Anspruch. Gerade auf den letzten Metern in der Altstadt herrschte beim einen oder anderen Verwirrung, den Prolog gewann das Skoda-Werksteam. Wir schlossen den Prolog auf P12 ab.
AVD Histo Monte 2024 – Mittwoch, 7. Februar
Um 8.00 Uhr starteten wir in Rothenburg in den nun gewerteten Teil der Rallye, vier GLP schon am Vormittag, Mittagspause in Gutach erst um 14.30 Uhr! Am Nachmittag standen noch einmal vier GLP an, die letzte bei Dunkelheit über den Kandel kurz vor Freiburg. Das Mysterium mit der Tachowelle konnten wir wie zuvor beschrieben lösen. Der Faltenbalg vom Lenkgetriebe hatte sich bei extremem Rechtseinschlag weggedrückt. Die Welle wurde so weit wie möglich hinten fixiert und der Faltenbalg mit WD40 bearbeitet. Danach hielt es, um 19.00 Uhr kamen wir im Hotel in Freiburg an.
Auf der schwäbischen Alb und im Schwarzwald wurde das Feld „abgeduscht“, schon einen gute Stunde nach dem Start fi ng es an zu tröpfeln, später Wechsel zwischen Niesel- und fies feinem Landregen, dazu aufziehender Nebel am Kandel. Zehn Kilometer vor dem Ziel der 414 Kilometer langen Etappe hörte der Regen auf. Jens Herkommer im Gruppe-B-Skoda 130 LR war hier Tagessieger. Unsere Platzierung war Rang 16.
AVD Histo Monte 2024 – Donnerstag, 8. Februar
Start um 7.30 Uhr in Freiburg in die vierte Etappe, 295 Kilometer durch die Schweiz bis nach Malbuisson in Frankreich, vier GLP am Vormittag, die erste am Schauinsland bei Freiburg, Mittagspause in Malbuisson um 14.00 Uhr. In den fünf GLP der fünften Etappe am Nachmittag von Malbuisson nach Aixles-Bains, 204 Kilometer, weisen die einzelnen Wertungsprüfungen eine Länge zwischen sechs und 18 Kilometern auf. Unsere Ergebnisse sind durchwachsen, wir fahren einmal recht gut, dann wieder „grottig“. Der Alfasud lief sehr gut, der Tachoantrieb funktionierte aktuell dank unseres letzten Eingriffs jetzt dauerhaft. Mit Platz 18 in der Tageswertung blieben wir etwas unter unseren Möglichkeiten.
Die Schweiz begrüsste die Teilnehmer der AvD-Histo-Monte gleich zweimal mit willkommener Überraschung: Sowohl bei der Einreise über die ansonsten gesperrte Rheinbrücke in Rheinfelden als auch im beschaulichen Bergrenn-Städtchen Saint Ursanne warteten extrem viele Fans auf die Oldtimer.
AVD Histo Monte 2024 – Freitag, 9. Februar 2024
Der vierte Tag begann bereits mit Regen, als wir um 7.30 Uhr starteten. Der Vormittag bescherte uns vier GLP, die an dem Tag meist länger als zuvor waren. Nach der Mittagspause warteten weitere fünf GLP auf uns, die letzten beiden bei Dunkelheit. Der Alfasud lief tadellos, und auch der Tacho schien bis zum Schluss zu halten. Wir hofften, dass beides so blieb. In der Prüfung am „Verdon“ war der Alfa leider im steilen Anstieg etwas zu schwach. Diese Strafpunkte hier konnten wir glücklicherweise als Streichergebnis laufen lassen. Zudem war die Straße dort auch derart schlecht, dass das arme Auto ordentlich „Prügel“ bezog, und dann noch teils bei Nebel und sehr wenig Sicht. Dort den geforderten Schnitt zu fahren war schon eine Herausforderung. Mit Platz 15 in der Tageswertung waren wir wieder Elfte gesamt. In den noch ausstehenden sechs GLP am Samstag wollten wir die zwei Punkte, die uns auf die hier Zehntplatzierten fehlten, egalisieren.
Regen, Regen, Regen – an wenigen Stellen war es am vierten Tag tatsächlich trocken, wenn, nur oben. Selten hatte es bei einer AvD Histo Monte so viel geregnet. Und auch für den letzten Tag warnte der Wetterbericht vor – auch noch Schnee am „Col de Turini“. In Führung im Gesamtklassement lagen am Abend Andreas Zunehmer/Rolf Pellini auf einem Renault 5 Alpine Turbo, allerdings trennten die ersten Drei gesamt nur drei Sekunden. Für den abschließenden Samstag hatte Audi Tradi-tion einen Audi Sport Quattro S1 E2 nach Cannes gebracht, den dann kein Geringe-rer als Walter Röhrl mit Heidenspaß fuhr. „Ich musste nicht einmal nachdenken, wo welche Schalter sind“, kommentierte Röhrl, „Das ist schon ein komisches Gefühl nach so vielen Jahren, du steigst ein und weißt sofort wieder alles.“
AVD Histo Monte 2024 – Samstag, 10. Februar
Wir gaben dann alles, was drin war, am „Col de Turini“ – aber das um zwei Punkte vor uns liegende Team, der BMW 325 iX von Lara-Maria und Thomas Groschek, leider auch! Auf den letzten zwei Kilometern war der „Col de Turini“ schneeweiß. So konnten wir den angestrebten zehnten Platz nicht mehr erreichen, es blieb beim elften Platz gesamt, ein für uns weiteres Top-15-Ergebnis bei der AvD-Histo-Monte. Damit wollen wir wirklich nicht unzufrieden sein, und dem Alfasud müssen wir ein weiteres Mal kräftig auf die Motorhaube klopfen – er hielt trotz bisweilen rüder Behandlung tapfer durch.
Der Renault 5 Alpine Turbo gewann die AvD Histo Monte 2024 im Gesamtklasse ment. Was führte wesentlich zum Erfolg? „Ich sage einfach einmal: Keine Dramen“, verkündete Andreas Zuhnemer.
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Fotos: Holger Seeberger, Nicky Bronsch, Agentur Plusrallye