„Faites vos jeux!“ Und 230 erlesene Rennfahrzeuge kamen zum GP MONACO HISTORIQUE 2022 nach Monte Carlo, um sich in acht, nach berühmten GP-Siegern im Fürstentum benannten, Kategorien zu messen. Der Sportwagen-Lauf war dem Comte Vittorio Marzotto gewidmet, der 1952 auf einem Ferrari 225S hier einen Grand Prix gewonnen hatte, den man für Sportwagen statt der damaligen Formel 2 ausgeschrieben hatte. Dieser – da wohl zu „poplig“ – war kurzerhand das Gastrecht verweigert worden.
Louis Chiron, 1931 auf einem Bugatti 51 Sieger vor Luigi Faglioli, Maserati 8C-2500, war der Namensgeber für ein Kräftemessen der Vorkriegs GP-Wagen und Voiturettes, den der US-Amerikaner Mark Gillies in einem ERA R3A gewann, nachdem sein ärgster Konkurrent, der Brite
Nicholas Topliss, ERA R4A, in der achten Runde passen musste. Die Maserati-Ehre rettete der Schweizer Anthony Sinopoli in einem 6CM/4CM. Bester Bugatti – von der Molsheimer Marke waren 1931 immerhin 16 Wagen am Start – im Ziel: der Typ 35B von 1927, pilotiert vom Österreicher Martin Halusa. Die Gräfin Nicola von Dönhoff brachte ihren Typ 51 immerhin in die Top-Ten. Juan Manuel Fangio, 1957 auf einem Maserati 250F hier erfolgreich, als künstlerisch gestaltete Trophäe zu gewinnen, reizte natürlich Claudia Hürtgen ebenso wie die TAG-Heuer-Siegeruhr und der große „Pott“. Bereits in der Qualifikation nahm sie mit ihrem von Methusalem Racing zur Verfügung gestellten Ferrari 246 dem Tec-Mec F415 von Tony Wood 0,25 Sekunden ab und verwies den Spanier Joaquin Folch-Rusinol auf einem Lotus 16 von Clive Chapmans Classic Team Lotus Ltd. klar auf den dritten Rang. Apropos Lotus: Zu Ehren des 1982 verstorbenen Firmengründers Colin Chapman fand ein Corso der an diesem Wochenende im Einsatz befindlichen Lotus statt – da versammelten sich 34 Monoposti mit großer Historie. Mit Stirling Moss 1960/61 bis hin zu Ayrton Senna, 1987, hatte Lotus sieben Monaco-Siege eingefahren.
Claudias Ferrari-Masterpiece beim GP MONACO HISTORIQUE 2022
Einen versuchten Frühstart korrigierte Max Smith-Hilliard – der Mann mit dem Graham-Hill-Helm – schnell selbst und ließ sich wieder hinter ein von Claudia Hürtgen angeführtes Quartett mit den Herren Tony Wood, Joaquin Folch-Rusinol und dessen Landsmann Guillermo Fiero-Eleta zurück-fallen. Während Claudias Dino etwas Ab-stand gewann und der Brite Andrew Haddon mit dem einzigen Scarab F1 des Feldes seine Vordermänner ins Visier nahm, musste sich Marino Franchitti mit seinem Ma-serati 250F bereits verabschieden. Damit waren nur noch vier Exemplare dieses Wagens, mit dem Fangio seinen fünften WM-Titel geholt hatte, im Rennen. Eine leichte Ölspur in der „Mirabeau“-Kurve sorgte für einen Dreher des Schotten Ewen Sergison – noch einer mit Hill-Helm – just an der Stelle, an der Graham Hill immer vor einem Monaco-GP auf einem Tisch stehend Witze erzählte. Klaus Lehrs Talbot-Lago T26C erwischte es hier ebenfalls. Rückwärts ließ er sich aus der Gefahrenzone rollen. Ein Massencrash verstopfte in der siebenten Runde die „Antony Noghes“, die auf die Zielgerade führende Kurve, benannt nach dem geistigen Vater des GP de Monaco. In einen Dreher des Connaught des Briten Michael Birch wurden die Lotus 16 von Marshall Bailey und Joaquin Folch-Rusinol verwickelt. Irgendwie schaffte es Max Smith-Hilliard, sich zu „entwühlen“ und links durch eine Lücke zu schlüpfen. Rot wegen Staugefahr! Caudias Sieg mit einer Sekunde Vorsprung auf Tony Wood war damit perfekt. Stürmisch umarmt von den Methusalem-Herren, schritt sie zur Siegerehrung. Vergessen war das Trainings-Missgeschick mit dem Ferrari 312B am Vortag, als sie diesen in der „Sainte Devote“ – so heißt die dort 1870 erbaute Kirche – frontal gegen die Leitplanke gesetzt hatte.
Missgeschick beim GP MONACO HISTORIQUE 2022 : Charles Leclere demo-liert Ferrari
Den wohl ungewöhnlichsten Crash produzierte der monegassische Ferrari-Star Charles Leclere, der in Begleitung seiner Freundin Charlotte Sine 11.30 Uhr in der Boxengasse auftauchte und danach im Ferrari 312T, den Niki Lauda 1975 zum Sieg gefahren hatte, für Demo-Runden Platz nahm. Diese endeten rückwärts in der „Rascasse“-Leitplanke. Charles: „ Offenbar habe ich hier zu Hause kein Glück, und bin froh, dass mir das nicht in einer schnelleren Passage passiert ist. Irgendwie hat die Bremse gestreikt.“ Kein Wunder, denn Methusalem fand heraus, dass sich ein relativ frischer BremboBremsbelag mit vielleicht 50 Kilometer Laufstrecke selbständig gemacht hatte. Dennoch gefiel Charles sein Trip in die Ferrari-Vergangenheit so gut, dass er beim Aussteigen das Lenkrad küsste. Jacky Ickx, im Ferrari 312B/2, mit dem er 1971 und 72 zwei Podiumsplätze in Monaco geholt hatte und auch auf dem Nürburgring brillierte, tröstete den jungen Mann. Jacky fühlte sich in seinem von Uwe Meissner, dem Modena Motors-Chef, zur Verfügung gestellten Wagen richtig wohl, halt wie zu Hause. Schließlich kennt man sich ja auch privat.
Glücklich: US-Amerikaner gewinnt mit Ferrari
Mit 26 Teilnehmern voll besetzt, präsentierte sich das Rennen der Serie B, eine Reminiszenz an den fünffachen Monaco-Sieger Graham Hill. Hier tummelten sich 14 Lotus und sechs Cooper, doch die Meriten gingen an den einzigen Ferrari im Feld, gefahren vom US-Amerikaner Joseph Colasacco. Der hatte freilich seine liebe Mühe mit dem Lotus-Climax 21 des Engländers Mark Shaw, der zweimal nach eindrucksvoller Verfolgungsjagd aus dem Windschatten heraus überholte und danach jeweils einen Konter kassierte. Hart bedrängt von Colasacco, schurrte der Lotus an der Leitplanke entlang, strandete in der vorletzten Runde und machte den Weg frei für den Cooper-Ford T71/T73 seines Landsmannes Christopher Drake. Dahinter lieferten sich Andrew Beaumont, Lotus-Climax 24, und Dan Collins, Lotus-Climax 21 vom Classic Team Lotus einen erbitterten Zweikampf um den dritten Podestplatz, in den dann auch noch Nick Taylor mit seinem Lotus-Climax 18 (mit Scuderia-Colonia-Wappen) einstieg. Beaumont behielt die Oberhand im Lotus-Fight. Albert Streminski, der einzige Deutsche, landete mit seinem seltenen Emeryson-Climax von 1960 auf einem hinteren Rang.
Auf Marzottos Spuren beim GP MONACO HISTORIQUE 2022
Er war der Beste von vier im Motorsport verankerten Brüdern: Vittorio Emanuele Conte Marzotto, seit 1950 Ferrari-Stammpilot und als solcher 1952 Sieger des für Sportwagen ausgeschriebenen GP von Monaco. Er gab hier der Serie C seinen Namen. Da diese mit 29 Wagen antrat, war sicherheitshalber ein rollender Start anberaumt. Maserati war mit acht „Recken“ und einer „Reiterin“ – Claudia Hürtgen in einem 300S von Methusalem Racing – vertreten. Zur rennfahrenden Weiblichkeit gehörte wie im Vorjahr Katarina Kyvalova mit ihrem Cooper-Jaguar T33 (Mk1). Weitere Deutsche beim Sportwagen-Roulette rund um das Casino von Monte Carlo: Dominik Roschmann und Ulrich Schumacher – beide auf Maserati A6GCS – Wolfgang Friedrich in seinem bewährten Aston-Martin DB3S und als Lenker des ältesten Fahrzeugs Lutz Rathenow in einem Veritas RS2000 von 1948. Während der Brite Frederic Wakeman munter davon stürmte, bedrängte der Spanier Guillermo Fierro-Eleta permanent den Österreicher Lukas Halusa – beide auf Maserati 300S – und unternahm einen vergeblichen Ausbremsversuch vor der Schikane. In der sechsten Runde küsste der Kieft Sport von Albert Otten – eigentlich als Monoposto gedacht, und so musste der Fahrer über dem Getriebetunnel sitzen – die Leitplanken zwischen „Sainte Devote“ und der ehemaligen Nobelabsteige „Beau Rivage“ nachhaltig. Er musste von fünf Streckenposten mit dem Rollbrett in Sicherheit gebracht werden, Kräne sind ja in Monaco aus der „Mode“ gekommen! Der Kampf um den Sieg des Trios Wakeman, Halusa, Fierro-Eleta wogte bis zur vorletzten Runde. Doch weil der Spanier bei der Überrundung des Lotus Mk 10 von Paul Malcom die Leitplanken streifte, was ihm rund sechs Sekunden kostete, blieb nur noch das Duell, das der Brite mit einer Wagenlänge gewann. Niklas Halusa, Jaguar D-Type, wurde Vierter vor Claudia Hürtgen, die sich gerade noch vor dem Maserati 250S von Richard Wilson ins Ziel retten konnte.
„Geplänkel“ – GP MONACO HISTORIQUE 2022
Mit einem Einschlag in die Leitplanken ausgangs der „Piscine“, also dem Schwimmbad, hatte der Japaner Katsuaki Kubota seinen Ex-Peterson-Lotus 72 nach-haltig verformt. Trainings-Crash auch bei Claudia Hürtgen, die ihren Methusalem-Ferrari 312 in der „ Sainte Devote“ etwas verbog. Da auch Harald Beckers March 701 hoch zum Casino an der „Massenet“ – Namensgeber ist ein französischer Komponist mit einem engen Verhältnis zum Fürstentum – an der Leitplanke scheiterte, schrumpfte das Starterfeld der Serie D „Jackie Stewart“ auf 15 Monoposti. Diese wurden nach Frühstart des Matra MS120C von Jordan Grogor ab der „Piscine“ von Stuart Hall im McLaren M19A angeführt. Beide Wagen laufen unter der Bewerbung des Monegassen Roald Goethe, der selbst in einem McLaren M14A unterwegs war und immerhin Siebenter hinter seinem Mit-Monegassen Franco Meiners im Ferrari 312B3 wurde. Grogors Start-Übereifer wurde später mit zehn schmerzlichen Strafminuten belegt. Der andere Matra MS120C, in den Händen eine „Mister John of B“ fehlte bereits in der dritten Runde. Gelb-Phase im sechsten Umlauf, weil der Ex-Pedro-Rodriguez-BRM P153 des Mexikaners Esteban Gutierrez mitten in der „Nouvelle Chicane“ – so die genaue Bezeichnung – stehen blieb. Sogar quer zur Fahrtrichtung hielt der Ex-Reutemann-Brabham BT37 von Jamie Constable nach einem „Rascasse“-Dreher. Doch damit noch nicht genug der Leitplanken-Bekanntschaften! In der „Tabac“, so ein lange dort stehender Kiosk, riss sich David Shaws Ex-Mike-Beuttler-March 721 in der vorletzten Runde ein Rad ab. Stuart Halls Sieg im Ex-Hulme-McLaren M19A war nie gefährdet, doch Jordan Grogor fehlten exakt die zehn Strafsekunden zum zweiten Platz, der damit an Michael Lyons im Surtees TS9 seiner Mutter Judith ging.
Doppelerfolg mit einem Wagen von Goethe
Den Yardley-McLaren M23 – natürlich ebenfalls von Roald Goethe – hatte Stuart Hall auf die Pole-Position der Serie E „Niki Lauda“ gestellt. Hinter ihm ran-gierte Nelson Piquets Jugendfreund, der heute 63-jährige Roberto „Pupo“ More-no in einem Lola T370. Dahinter lauerten Marco Werner, im seinerzeit erfolglosen Lotus 76, Michael Lyons, McLaren M26, und Nick Padmore, Lotus 77. Ebenfalls in einem Typ 77, aber in der Qualifikation ge-scheitert: der US-Pilot Christopher Locke. Nach einer zusätzlichen Formationsrunde musste der Lotus 72E des Griechen John Inglessis angeschoben werden, und den eigentlichen Start „versemmelte“ Moreno. Hall und Werner setzten sich bereits in der zweiten Runde etwas ab und lieferten sich über die gesamte Distanz von 17 Runden einen mitreißenden Zweikampf, den Hall mit anderthalb Sekunden Vorsprung für sich entschied. Fast auf eine Zehntelsekunde genau endete dann der Fight zwischen Lyons und Padmore, der Moreno auf ein paar Wagenlängen Abstand halten konnte. „Pupo“ hatte sich etwas mehr erwartet, ganz zu schweigen von Emanuele Pirro. Der ehemalige F1-Pilot und fünffache Le Mans-Sieger – zwei davon zusammen mit Marco Werner – musste seinen Shadow DN1 in der dritten Runde abstellen.
Siegerkombination Lyons-Hesketh beim GP MONACO HISTORIQUE 2022
In der „Qualy“ der Serie F „Gilles Villeneuve“ kam es zu einer sehr engen Be-gegnung zwischen dem Shadow DN8 von Jamie Constable und dem Arrows A1B des Monegassen Frederic Lajoux, der dadurch kaum trainieren konnte. So erging es auch Steven Brooks, der seinen Lotus 81 mit gebrochenem Radaufhängungs-Bolzen ab-stellen, freilich ein BagatellSchaden, der leicht zu reparieren war. Monaco-F1-Debütant Miles Griffi th, in einem Fittipaldi F5A von Max Smith-Hilliard, hatte sensationell die Pole-Position erobert. Er scheiter-te an einem Schaltproblem in der Einfüh-rungsrunde. Auf das Ritual, sich in Monaco vor dem Start einen kühlenden, kräftigen Schluck Sprudelwasser in den OverallKragen gießen zu lassen, folgte ein vehe-menter Antritt von Michael Lyons in seinem Penthouse-Rizzla-Hesketh 308E. Mit ein paar Wagenlängen Abstand folgte der Tyrrell 10 von Michael Cantillon. Eine mentale Ermunterung vor dem Rennen hatte der Holländer Frits van Eerd in seiner Box durch Weltmeister Max Verstappen erfahren. Max verfolgte auch einige Rennen mit großem Interesse. Bis zu Jamie Constables Ausfall in der 13. Runde hatte sich der Holländer im Ex-Rosberg-Fittipaldi F7 einen munteren Fight mit dem Briten geliefert und landete letztlich auf einem beachtlichen sechsten Rang hinter Steven Brooks. Skol! Zuvor hat-te es eine Gelb-Phase gegeben, weil der Williams FW07B von Mark Hazel bergauf bei „Beau Rivage“ rechts in die Leitplanken gedonnert war und per Rollbrett geborgen werden musste. Begünstigt durch Gelb konnte Michael Cantillon natürlich wieder zum Hesketh aufschließen. Doch Lyons, bereits im ChromeCars-Outfit für das letzte Rennen, ließ nichts anbrennen. Dritter mit fast einer Minute Rückstand, wurde Lee Mowle im Lotus 78 des Classic-Teams. Nur um eine Sekunde verpasste der Monegasse Lajoux im Arrows A1B das Siegerpodest. Harald Becker, Arrows A3, wurde Neunter.
ChromeCars-Triple beim GP MONACO HISTORIQUE 2022
Rennen, Serie G „Ayrton Senna“, hatte sich die Dominanz der Lotus von ChromeCars aus Thüringen angedeutet. Marco Werner im Typ 87B hatte mit 1.30,932 eine „Bombenzeit“ hingelegt und Michael Lyons im Typ 92 eine ganze Sekunde abgenommen. Nick Padmore im 88B musste freilich David Shaw im Arrows A4 den Vortritt lassen. Doch – um es vorweg zu nehmen – Shaw knallte in der 13. Rennrunde nach Überfahren eines dort liegenden Teiles in Höhe des Schwimmbades derart vehement rechts in die Leitplanken, dass die gesamte rechte Seite des Ragno-Arrows abrasiert wurde. Mit Christophe d`Ansembourg war ein weiterer Kandidat auf vordere Plätze in der Runde zuvor im Tunnel angeeckt. Sein Williams FW07C humpelte mit gebrochener Radaufhängung hinten links noch bis in die Boxengasse. Aufräumarbeiten sorgten für zeitliche Verzögerungen. In der letzten Rennphase hatte sich Frank Stippler in dem Alfa Romeo 182 von Thomas Steinke bis auf 20 Sekunden an einen Podestplatz heran gearbeitet. Acht Sekunden hinter ihm auf Rang Fünf landete Katsuaki Kubota im Lotus 91, mit dem Tyrrell 11 von Ken Tyrrell aus Florida im Genick. Werner, Lyons, Padmore: Es war eine einmalige Triumphfahrt, die einen Colin Chapman mit Stolz erfüllte hätte und seinen Sohn Clive vor Ort sichtlich erfreute, freilich mit einem Wermutstropfen, denn der Lotus 91 seines Classic-Teams mit Dan Collins hatte sich nie in Szene setzen können und fiel in der 14. Runde aus.
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Fotos: Tom/Slickpix, Peter Heil, Michael Summerer