Ob mit Slicks, Regenreifen oder Semi-Slicks: Die Wetterunbilden sorgten bei der 30. Auflage der Nürburgring 24h Classic 2022 für historische FHR-Rennfahrzeuge und Youngtimer sorgten für Hochbetrieb in der Boxengasse und ein wildes Treiben auf der Nordschleife.
Begünstigt von Sonnenschein, hatten in den drei Startgruppen für die insgesamt 179 Teilnehmer die Busch-Brüder aus Bens-heim mit ihrem gelb-blauen Porsche 911 RSR die Messlatte der ersten Gruppe hoch gelegt. Neben ihnen rangierte der 911 Carrera RSR des Einzelkämpfers Michael Küke, und in der zweiten Reihe – direkt hinter ihm – stand mit Ralf Schall in sei-nem Mercedes-Benz 190e 2.5 16 ein weiterer Solist für die dreistündige Hatz durch die „grüne Hölle“. In der zweiten Gruppe belegte Opel mit vier „Kadetten“ die Spitze. Auch hier zog ein es Fahrer vor, die Distanz allein zu meistern: Adrian Remmele, der dem Ersten der FHR-Gruppe, Mike Stursberg im Ford Escort Mk1 RS 1600, 1,8 Sekunden abgenommen hatte.
Nürburgring 24h Classic 2022 – Tohuwabohu und Glickenhaus-Handkuss
Während die Porsche von Busch/Busch und Dünkelmann/Breuer/Gülden davon eilten, hatte sich Ralf Schall bereits Michael Küke geschnappt. Kersten Jodexnis, in der Qualifikation bereits mit klemmender Gasschieber-Anlage im montierten Ersatzmotor kraftlos an der Box ausgerollt, widerfuhr das gleiche Schiksal nach wenigen Renn-Minuten. Da muss wohl noch ein wenig hin- und hergeschoben werden! Bereits nach 20 Minuten hatte der einsetzende Regen für den ersten Boxenbetrieb gesorgt. Auf der Strecke ging es teilweise ziemlich rund. Da drehte sich der 964er Cup-Porsche von Markus Schmidt, durch-pfl ügte der Opel Ascona 400 von Robert Keil , gejagt vom 850er Turbo-Kombi von Volvo Classic, den Randstreifen und war der Porsche 914/6 von Vater und Sohn Il-gner bereits in der Leitplanke eingeschlagen. Um nur drei von vielen Beispielen zu nennen. Kranwagen auf der Döttinger Höhe und die erste von einigen Code-60-Phasen! Als der Busch-Porsche Räder wechseln wollte, war die Boxengasse bereits nur noch mit der zweiten Reihe verfügbar. In der ersten wurde fiberhaft das völlig eingedrückte Kadett-Coupé-Heck von Adrian Remmele mit viel Tape notdürftig geflickt. Dort stand aber auch der bulli-ge Mercury Cougar 302. Lutz Schirner, der zusammen mit Frank Kunze den „Ami“ mit Dan Gurney-Schriftzug auf dem Dach pilotiert: „Zwei Dreher auf Slicks sind genug, passende Regenreifen für den Mercury haben wir nicht.“ So parkte der Wagen vor sich hin und wurde im Vorbeischreiten von James Glickenhaus mit einem Handkuss bedacht. Anschließend tätschelte der Multi-Millionär die Gurney-Lettern.
Eine Plattfuß-Runde um den Ring während der Nürburgring 24h Classic 2022
Während der schnelle Ford Escort RS2000 von Patrick Peeters in der Mercedeas-Arena geradeaus rutscht, aber wieder eingefangen werden kann, bleibt der Benra-NSU nach seinem Ausritt mit den Hinterrädern im Kiesbett hängen. Wie beim Twin-Busch-Porsche verbindet sich der Wechsel auf „Wets“ auch bei Michael Wittke mit einem Nachtanken. Er, der den Porsche 924 für den zweiten von drei „Stints“ an Markus Diederich übergibt, kalkuliert zwei Tankstopps ein: „ In den serienmäßigen Tank geht nicht so viel rein“ Im Nachhinein eine Fehlkalkulation, denn insgesamt drei Reifenwechsel mit den entsprechenden Standzeiten sowie die vielen Code-60-Zeiten fraßen weniger Sprit als gedacht. Hinzu kam das Pech, später in der Hatzenbach – jetzt wieder auf Slicks – sich hinten links einen Plattfuß einzuhandeln. ! „Mit dem schlappen Gummi eine ganze Runde drehen zu müssen, dauert ja ewig. Im Brünnchen habe ich dann zur Freude der Zuschauer einen wilden Schlenker produziert.“ Seine Handy-Message an die Box, sich für den Radwechsel vorzubereiten bedeutete auch einen Blick aufs Wetter-Radar. Markus Diederich: „Nimm die Regenreifen!“ Doch Michael setzt auf Semi-Slicks. Dann regnet es wieder! Während Alexander Kolb – „die Bubis sollen sich ganz auf ihre 24 Stunden konzentrieren“ – den Austin-Healey gekonnt allein bewegte, natürlich ohne Slick-Problematik, verzichtete Gaby von Oppenheim auf ihren Renn-Einsatz im BMW 2002. „So sehr ich die Qualifikation genossen habe, möchte ich, dass bei diesen Wetterbedingungen mein BMW heil bleibt für das nächste Ren-nen, das in Dijon – eine meiner Lieblings-Strecken – stattfindet.“ Norbert Engels, der den Start gefahren war und für den Wechsel zu Gaby den Schalensitz bereits mit Unterlegkissen versehen hatte, akzeptierte diese Entscheidung. Sie endete mit einer Umarmung! Mit großem Vorsprung bei den FHR hatte Mike Stursberg relativ früh an Heinz Schmersal übergeben. „Du musst das jetzt allein nach Hause bringen!“ Stursberg:“ War ja ganz schön rutschig, und dann gab es auch noch Situationen, wo plötzlich drei langsamere Autos plötzlich so vom Gas gehen, dass ich einen noch leicht berührt habe. Heinz muss jetzt so lange wie noch nie fahren. Ich drücke ihm die Daumen.“ Das half leider nicht, denn der Escort blieb in der 14. Runde an der Antonius-Buche mit einem kapitalen Motorschaden stehen.
34 Ausfälle beim 30. Nürburgring 24h Classic 2022
Neben dem Rüddel-Escort erwischte es auch den Porsche 911S von Claudia Hürtgen und „Angelo di Casa“: gerissener Gaszug. Auch den Sanchez-Porsche 911 ST der Scuderia Colonia traf es. Ingo Pütz, Chef und gleichzeitig Fahrer: „Da ist eine Halterungsgabel der Kupplung gebrochen. Immerhin war der Porsche 934/5 RSR von Markus Dünkelmann; Christoph Breuer und Andreas Gülden auf dem fünften Platz des Gesamtklassements gelandet. Markus: „ Ich hatte mich gleich in der ersten Kur-ve gedreht, dann drei Reifenwechsel und ständig Code 60: Das macht keinen Spaß.“ Hinzuzufügen ist, dass Öl im Pflanzgarten und auch andere rutschige Passagen, den „Ritt über den Ring“ erschwerten. So schlug der Ford Capri von Olaf Tergieten auf der Döttinger Höhe ziemlich heftig in den Leitplanken ein. Appropos Döttinger Höhe – dazu Daniel Schrey, der zusammen mit Wolfgang Pohl den Kremer-Porsche 935 K1 auf den zweiten Rang des Gesamt-klassements pilotiert hatte: „Als es in der ersten Stunde regnete, bin ich komplett auf Slicks durchgefahren. Auf der Döttin-ger Höhe drehten selbst im fünften Gang noch die Räder durch – da hieß es, Arsch-backen zusammenkneifen!“ Schreys Leis-tung verdient Respekt, zumal er nach eige-ner Aussage vor sieben Jahren zum letzten Mal über die Nordschleife gefahren ist. In der 13. Runde hatte sich der Porsche 911 ST der Schweden Olle Victorin und Patrick Ljunggren völlig quer gestellt, so dass er von einem Opel regelrecht torpediert wurde. Es mangelte also nicht an Zwischenfällen.
FHR: Furiani vor Fatemi
Mit viel Routine holte sich bei der FHR Alexander Furiani mit seinem Alfa Romeo GTA den Gesamtsieg vor dem Porsche 904 des Mainzers Afschim Fatemi, dem Duo Markus Niestrath/Klaus Hormes und Professor Alexander Kolb, der nach der ersten Stunde statt tanken zu müssen eine „Pinkelpause“ einlegte. Schließlich führt er in der Fahrertür drei spezielle Bordgetränke mit. Zu diesen, auch in ihren Klassen erfolgreichen, Herren gesellten sich noch Gustav Edelhoff und Detlev Bethke mit einem Klassensieg. Als einzige Dame im Ziel: Eve Scheer, zusammen mit ihrem Schwiegervater Hermann Stippler Neunte. Die charmante Eve, die zwei Tage zuvor ih-ren 45. Geburtstag gefeiert hatte, war an diesem Wochenende als Moderatorin bei den 24 Stunden länger stark beschäftigt.
Nur Schall und Schrey in einer Runde
Alle Hände voll zu tun hatte freilich Ralf Schall. Der Youngtimer-Mercedes-Pilot hatte früh vor Daniel Schrey die Führung des Gesamtklassements übernommen, musste aber beim Überrunden so mancher Herren höllisch aufpassen, selbst eingangs des Schwalbenschwanzes, wo ihm beinahe ein BMW in die Quere kam. Ihm und Olaf Manthey, der den Schumann-BMW 635 CSI, auf den sechsten Platz gesamt bugsiert hatte, galt der besondere Beifall von drei Herren, die sich auf einem großen Plüschsofa am Brünnchen-Streckenrand bequem gemacht hatten. Die „Busch-Männer“ wurden Dritte vor Michael Küke, doch beide Porsche lagen schon eine Runde zurück. Schrey und sein Co „Wolle“ hatten allen Grund zur Freude. Dazu schien sogar die Sonne, leider erst nach dem Rennen.
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