Am 11. Juni 1989 rollten drei Sauber-Mercedes C9 im Formationsflug in Le Mans über die Ziellinie. Jochen Mass, Manuel Reuter und Stanley Dickens gewannen in ihren Silberpfeilen das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Es war die Rückkehr der Silberpfeile auf die Motorsportbühne – und gleichzeitig die Rehabilitation eines großen Automobilnamens, der im Rennsport in den Jahren zuvor etwas bieder und spießig geworden war. Heute steht Mercedes zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft AMG für Performance und Innovation. Dahinter steht eine Person, die Mercedes zu diesem Sieg und zwei Titeln in der Sportwagen-Weltmeisterschaften verholfen hatte: Peter Sauber.
Sauber-Mercedes – Die Rückkehr der Silberpfeile!
Am 11. Juni 1989 rollten drei Sauber-Mercedes C9 im Formationsflug in Le Mans über die Ziellinie. Jochen Mass, Manuel Reuter und Stanley Dickens gewannen in ihren Silberpfeilen das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Es war die Rückkehr der Silberpfeile auf die Motorsportbühne – und gleichzeitig die Rehabilitation eines großen Automobilnamens, der im Rennsport in den Jahren zuvor etwas bieder und spießig geworden war. Heute steht Mercedes zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft AMG für Performance und Innovation. Dahinter steht eine Person, die Mercedes zu diesem Sieg und zwei Titeln in der Sportwagen-Weltmeisterschaften verholfen hatte: Peter Sauber.
Von der Schweiz auf die Internationale Bühne
Wie so oft bei großen Motorsportteams und ihren Gründern, fing auch Peter Sauber mit kleinen Schritten im Rennsport an. Für ihn begann alles in Hinwil. Nach einem abgebrochenen Elektroingenieursstudium entschloss sich Peter Sauber, eigene Renn-wagen zu konstruieren, obwohl Autos bis zu dieser Zeit in der Familie Sauber eher den Ruf eines Gebrauchsgegenstandes hatten. Trotzdem war seine Familie für Peter Sauber stets dabei: Traditionell beginnen so Rennwagen von Sauber Motorsport mit dem Buchstaben „C“, der von Christine, dem Vornamen seiner Frau, herrührt. Jeder Rennwagen aus Hinwil war ein Fortschritt, der schließlich zum Sieg in Le Mans führte, außerdem zum Titel in der Sportwagen-Weltmeisterschaft, dem Einstieg in die Formel 1-Weltmeisterschaft und dem ersten Grand-Prix-Sieg in der Funktion als BMW-Werksteam.
Seine ersten Rennwagen fuhren in kleineren, nationalen Rennen, in denen Peter Sauber viel Erfahrungen sammelte. Der erste Schritt auf die internationale Motorsportbühne gelang ihm dann mit dem Sauber C5. Dieser Prototyp war nach den Regularien der Gruppe-6 aufgebaut worden. Herbert Müller gewann damit 1976 im Francy Racing-Team die Interserie. Mit dem Sauber C5 stand auch zum ersten Mal ein Rennwagen aus Hinwil in der Startaufstellung in Le Mans. Obwohl der erste Einsatz ohne Erfolg blieb und anschließend einige wenige Jahre keine Sauber-Rennwagen in Le Mans starteten, blieb Peter Sauber den Sportwagen treu und das Ziel, das war klar, war und blieb stets Le Mans. Weite Beachtung fand abseits von Le Mans ein von Peter Sauber entwickelter Gruppe-5 Breitbau eines BMW M1 auf Basis eines Gitterrohrrahmens. Durch diese Bauart war er insgesamt beachtliche 155 kg leichter als die Procar-Version. Nelson Piquet und Hans-Joachim Stuck gewannen auf ihm 1981 das 1000-km-Rennen am Nürburgring; wenn man auch sagen muss, dass ihnen hier ein früh-zeitiger Rennabbruch zugutegekommen war. Herbert Müller war in der Mitte des Rennens im Bereich Kesselchen auf einen abgestellten Porsche 935 auf-geprallt, dessen Tank noch gefüllt war. Herbert Müller hatte keine Chance gehabt, den Flammen zu entkommen.
Auftragsarbeit von Sauber-Mercedes
Für den BMW M1 hatte die Firma Seger & Hoffmann aus Steckborn am Bodensee bereits einzelne Kunststoffteile angefertigt. Peter Sauber bekam den Auftrag, für die Firma einen Sportwagen zu konstruieren, um sich als Hersteller von Rennwagen für die neu geschaffene Gruppe C-Weltmeisterschaft zu etablieren. Es entstand der SHS C6. Ein Modell wurde an GS-Tuning verkauft, ein weiteres Modell an Walter Brun, welches dann auch von Peter Sau-ber eingesetzt wurde. Sportlich war der SHS C6 ein Flop. Der Cosworth DFL-V8-Motor erzeugte starke Vibrationen und schüttelte Anbauteile und sich selbst vom Chassis ab. So brach beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1982 eine Motorhalterung. Der eigentliche Erfolg dieser Saison war mehr auf personeller Ebene zu sehen.
Bei Seger & Hoffmann entstand nämlich der Kontakt zu den Mercedes-Ingenieuren Leo Ress, Rüdiger Faul und Hans-Helmut Jülicher. Durch Rüdiger Faul eröffnete sich die Möglichkeit, abends in den großen Windkanal von Mercedes-Benz gehen zu können. Das Nachfolgemodell C7 wurde maßgeblich von Leo Ress entwickelt, ob-wohl dieser zu gleichen Zeit von Mercedes zu BMW gewechselt war. Kurze Zeit später war er der Chefingenieur bei Peter Sauber.
Mercedes-Motoren im Sauber-Mercedes
Mit dem Modell C7 durchbrachen 1983 nur Toni Garcia, Diego Montoya und Pablo Montoya die Porsche-Phalanx beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans und verhinderten, dass auf den ersten zehn Plätzen ausschließlich Porsche 956 ins Ziel kamen. Um überhaupt eine Chance auf den Gesamtsieg zu haben, musste man einen neuen Motor finden. Der 3,5-Liter Saugmotor aus dem BMW M1 hatte schlichtweg zu wenig Leistung. Da Leo Ress, Rüdiger Faul und Hans-Helmut Jülicher auch bei den Rekordfahrten in Nardo beteiligt waren, entstand die Idee, einen zweifach aufgeladenen V8-Motor aus eben jenem Nardo-Rekordwagen zu verwenden. Zunächst stieß die Idee bei Mercedes auf wenig Gegenliebe. In Privatteam waren Mercedes-Motoren allerdings geduldet. Nach Gesprächen mit einer Delegation von Mercedes-Ingenieuren in Hinwil bahnte sich auch eine Unterstützung durch Mercedes an.
Parallel zu den Einsätzen mit dem C7 entwickelte Leo Ress für die Saison 1986 den C8. Viele Verbesserungen am Alu-Monocoque, dem Fahrwerk, der Aerodynamik und eben der Mercedes-Motor, der auf dem Block M119 basierte, machten den Gruppe-C Prototypen zu einem Favoritenschreck mit Potenzial zu empfindlichen Paukenschlägen. Für die Saison 1986 konnte man Yves Saint Laurent mit dessen Hausmarke Kouros als Sponsor gewinnen. Die in dunkelblau lackierten Sauber-Mercedes C8 kamen nun regelmäßig in den Top10 ins Ziel. Und dann sollte noch jener Paukenschlag erfolgen, den schon manch einer in der Sportwagen-Weltmeisterschaft mittelfristig erwartet hatte, weil die Kouros-Mercedes einfach schnell waren: Mike Thackwell und Henri Pescarolo gewannen das verregnete 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring, nachdem alle Rothmans-Porsche und Silk Cut Jaguar XJR-6 ausgefallen waren. Es war der erste Sieg eines Rennwagens mit Mercedes-Motor seit 30 Jahren und das unter den Augen des Mercedes-Vorstandes, der dem Rennen beiwohnte. Sämtlichen Entscheidungsträgern wurde vor Augen geführt, welche Bedeutung Peter Saubers Engagement für das Image der immer noch bieder anmutenden Marke Mercedes haben konnte.
Dass der neue C9 auch Sprintqualitäten hatte, bewies Jean-Louis Schlesser schließlich beim letzten Lauf zum ADAC-Supercup 1987 auf dem Nürburgring. Die Konkurrenz war stark. Routinierte Gruppe-C-Piloten von anerkannten Teams und Hans-Joachim Stuck im Porsche 962 PDK standen den zwei Sauber-Mercedes C8 gegenüber. Doch Schlesser ließ sich nicht beirren und schaffte es als Erster ins Ziel. Der Franzose bewies abermals, dass das Schweizer Team zukünftig in der Sportwagen-Weltmeisterschaft eine größere Rolle spielen würde.
1988 – Offizielle Unterstützung für Sauber-Mercedes
Der doppelt aufgeladene V8-Motor lief mittlerweile mit der neuen Bosch Motronic 2.7, war leistungsstärker geworden und auch effizienter. Mit Michelin hatte man einen neuen Reifenhersteller gefunden, der Pneus allererster Güte lieferte. Bereits Ende 1987 kündigte der stell-vertretende Vorstandsvorsitzende an, Mercedes-Benz wieder in den Motorsport zurückbringen zu wollen. Bei den Gruppe-A-Tourenwagen wurde das Team AMG für die Deutsche-Tourenwagen-Meisterschaft unterstützt und in der Sportwagen-Weltmeisterschaft konnte Peter Sauber nun endlich offiziell auf finanzielle und technische Unterstützung von Mercedes-Benz bauen. 1988 kamen die Sauber-Mercedes nun ganz in Schwarz gehalten daher, mit einem Streifendesign, das an eine Platine erinnern sollte. AEG Olympia, ein Tochterunternehmen von Mercedes-Benz, prangte als Sponsor darüber. Der C9 hatte damit eines der schönsten Designs in der Gruppe-Zeit.
Die Porsche 962 waren nicht mehr die Dominatoren in der Gruppe-C. 1988 galt es, die TWR-Jaguar zu schlagen. Durch die Unterstützung des Werkes wurden nun die Sauber-Mercedes zum Hauptgegner für Jaguar. Die Saison begann sofort einem sensationellen Akt, der nicht unerwartet kam. Jean-Louis Schlesser und Jochen Mass gewannen das Auftaktrennen der Saison 1988 im spanischen Jerez. Bereits im Training hatte sich Stärke der Sauber-Mercedes angedeutet. Schlesser/Mass waren zwei Sekunden schneller als Martin Brundle im Jaguar XJR-9. Doch trotz des starken Auftakts stellte sich bis Mitte der Saison 1988 eine Durststrecke ein, bei der die Jaguar XJR nicht zu schlagen waren. Das änderte sich aber ab Juli 1988. Das Eröffnungsrennen auf der neuen Strecke im tschechischen Brünn gewannen wieder Schlesser/ Mass. Diesen Gesamtsieg wiederholten sie am Nürburgring und im australischen Sandown Park. Die zweite Fahrerpaarung mit Mauro Baldi und Stefan Johannson gewann das 1000km-Rennen in Spa-Franchorchamps. Obwohl das Team und ihre Fahrer eine starke Saison gefahren waren, mussten sie sich in der Endabrechnung den Silk Cut Jaguar von Tom Walkinshaw-Racing geschlagen geben. Martin Brundle sicherte sich die Fahrerwertung.
Trauma Le Mans
1955 hatte sich in Le Mans einer der schlimmsten Unfälle der Motorsportgeschichte ereignet. Seit dieser Zeit bedeutet dieses Rennen für Mercedes vor allem eines: ein Trauma.
Als Mercedes 1955 drei silberfarbene 300 SLR für das 24-Stunden-Rennen gemeldet hatte, galten die Deutschen sofort als Favoriten. Die als „Silberpfeil“ titulier-ten Rennwagen genos-sen schon damals Kultstatus. Juan-Manuel Fangio und Stirling Moss teilten sich den Wagen mit der Startnummer 19, Karl Kling und André Simon den mit der Nummer 21. Der dritte 300 SLR wurde von Pierre Levegh und John Fitch pilotiert. Das Rennen lief gut. Um 6.30 Uhr steuerte Mike Hawthorn im Jaguar die Boxen an. Er war gerade an Lance Macklin im Austin Healey vorbeigegangen. Macklin fuhr mit ca. 200 km/h die Start- und Zielgerade entlang. Als Hawthorn auf die Bremse stieg und seine Bremslichter aufleuchteten, versuchte Macklin auszuweichen und kollidierte mit Levegh, der ihn zum selben Zeitpunkt links mit etwa 240 km/h überholen wollte. Der Mercedes-Benz überschlug sich, wurde in mehrere Teile zerrissen, der Tank explodierte und die Wrackteile flogen wie eine Sense über die Köpfe der Zuschauer. Die schreckliche Bilanz war 83 Tote und 100 zum Teil schwer verletzte Zuschauer. Nach der Saison 1955 zog sich Mercedes aus dem Rennsport zurück. Dieser Beschluss war bereits Monate vor dem Rennen in Le Mans gefällt worden, der schreckliche Unfall in Le Mans war aber einer der finalen Gründe, warum der damalige Vorstand beschloss, nicht mehr werkseitig mit Silberpfeilen im Motorsport anzutreten. Private Initiativen im Tourenwagensport wurden zähneknirschend geduldet. Die Motorsportfans in Deutschland fragten sich derweil immer wieder, wann Mercedes seine Silberpfeile wieder in die Schlacht schicken würde. Doch in Le Mans erneut mit einem verheerenden Unfall in Verbindung gebracht zu werden, wäre das „Worstcase-Szenario“ gewesen, das Mercedes unbedingt vermeiden wollte.
Das 24-Stunden-Rennen in Le Mans war für Peter Sauber derweil zu einem sensiblen Thema geworden, denn seine Prototypen, so hatte es den Anschein, mochten dieses Rennen nicht. 1985 überschlug sich John Nielsen im C8 am Ende der Mulsanne-Geraden und landete glücklicherweise wieder auf allen vier Rädern. Später fand man he-raus, dass sich der Unter-boden gelöst und der Wagen Unterluft bekommen hatte. Das Team konnte den C8 nicht mehr reparieren. Zwei Jahre später platze Klaus Niedzwiedz auf der Mulsanne-Geraden bei über 350 km/h ein Reifen. Da dies bereits der vierte Reifenplatzer in der Saison war, zog Peter Sauber seine beiden C9 zurück. Bei beiden Unfällen kamen Gottlob keine Zuschauer zu schaden. Die Erinnerung an den Unfall von 1955 kochte aber immer wieder hoch. Für den Mercedes-Vorstand war es unabding-bar, dass solch ein Unfall nicht mehr gesche-hen dürfte. Damit vergingen über 30 Jahre Le Mans – ohne Beteiligung von Mercedes.
Sauber-Mercedes: Silberpfeile
Beim Saisonauftakt 1989 in Suzuka staunte die Motorsportwelt dann nicht schlecht. Denn zum Einen war zum ersten Mal seit 1955 ein Mercedes-Werksteam am Start und zum Andern – und das war die Überraschung schlechthin – waren die bei-den Sauber-Mercedes C9 in Silber lackiert worden. Fast ohne Sponsor erinnerten sie an glorreiche Siege aus den 1930er und 1950er Jahren. Der Mercedes-Benz Vor-stand ging damit eine Selbstverpfl ichtung ein. Denn ein Silberpfeil war zum Siegen da.
Der Entschluss zur Wiederauferstehung der Silberpfeile war allerdings kein einhelliger Entschluss gewesen. Der Mercedes-Vorstandsvorsitzende Professor Dr. Niefer hatte Peter Sauber ein in Silber lackiertes Modell zu einer Sitzung nach Stuttgart mit-bringen lassen müssen, um den erweiterten Vorstand vom neuen traditionellen Design zu überzeugen. Dies wurde von meisten Mitgliedern abgelehnt, weil man sich dem politischen Druck nicht aussetzen wollte. Ein wenig später setzte Dr. Niefer im Ge-spräch mit Peter Sauber seinen Wunsch, die Autos in Silber zu lackieren, über die Köpfe des Vorstands hinweg einfach durch. Peter Sauber hatte eine klare Anweisung.
Traum Le Mans
1989 waren die C9 dank Werksunterstützung noch weiter ausgereift. Der Fünfliter V8 Mercedes-Motor besaß elektro-nisch gesteuerte Abgasventile, was seinen Verbrauch deutlich verbesserte. Das Dreh-moment war gewaltig, 810 Nm bei 3500 U/Min und die Leistung konnte im Qualifying bei entsprechendem Ladedruck und 7000 U/Min bis zu 930 PS betragen. Eine der größten Veränderungen für die Saison 1989 war der Wechsel auf einen Zylinderkopf mit 16 Ventilen.
Die Fahrerpaarungen bildeten 1989 wieder Jean-Louis Schlesser und Jochen Mass sowie Kenny Acheson und Mauro Baldi. Die Sauber-Piloten gewannen fast alle Rennen der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1989. Suzuka, Jarama, Brands Hatch, Nürburgring, Donington, Spa-Franchorchamps und Mexiko, immer fuhr ein Sauber-Merce-des C9 als Erster über die Ziellinie. Damit gewannen sie mit Leichtigkeit die Sport-wagen-Weltmeisterschaft und Jean-Louis Schlesser den Fahrertitel. Auf den Plätzen zwei bis vier beendeten Jochen Mass, Mau-ro Baldi und Kenny Acheson die Saison. Auf dem fünften Platz im Gesamtklassement folgte der Porsche-Fahrer Frank Jelinski. Für Jaguar war die Saison 1989 ein Desaster.
Le Mans war in der Saison 1989 kein Bestandteil der Sportwagen-Weltmeisteschaft. Das schmälerte aber nicht seine Be-deutung. 1989 schaute alles nach Le Mans. Die Rückkehr der Silberpfeile erzeugte ein gewaltiges Medienecho. Um nicht wie-der ein Reifenplatzer wie 1988 zu erleben, wurde im Vorfeld ausgiebig getestet. Die Michelin-Reifen behielt man bei. Man hatte aber gelernt, wo die Grenzen dieses Reifentyps lagen. Die Michelin-Ingenieure empfahlen, im Rennen mit noch weniger Abtrieb als geplant zu fahren. Dadurch fuhr Jean-Louis Schlesser im Qualifying mit knapp 400 km/h die lange, noch nicht durch Schikanen geteilte Hunaudières-Ge-rade entlang und erzielte die zweithöchste Geschwindigkeit in Le Mans, die jemals gemessen wurde. Die Fahrerpaarung Jean-Louis Schlesser/Alain Cudini/Jean-Pierre Ja-bouille war im Training sage und schreibe vier Sekunden schneller als der beste Jaguar XJR-9. Die beiden anderen C9 wurden gefahren von Jochen Mass/ Manuel Reu-ter/Stanley Dickens und Mauro Baldi/Kenny Acheson/Gianfranco Brancatelli.
Sofort nach dem Start gingen zwei von drei Sauber-Mercedes an die Spitze. In der ersten Runde griffen schon die Jaguar XJR-9 an. Dazwischen lag der Joest-Racing Porsche 962, gefahren von Hans-Joachim Stuck und Bob Wollek. Zwischen diesen Protagonisten entwickelte sich ein aufregendes Duell, in dem aber keiner unge-schoren davonkam. Manuel Reuter fuhr zu Beginn des Rennens über einen verlorenen Auspuff und beschädigte den Unterboden, der bei einem längeren Boxenstopp repariert werden konnte. Alain Cudini hatte sich im Rennen gedreht und den Heckflügel beschädigt. Jean-Louis Schlesser musste mit einem platten Reifen die Box ansteuern und verlor dabei viel Zeit. Zur Nacht waren die Sauber-Mercedes zurückgefallen. Auch die Jaguar-XJR fi elen nacheinander aus. In der Nacht führte der Joest-Porsche 962 von Stuck und Wollek. Ein Leck am Wasserschlauch zwang den Porsche dann aber an die Box. Nun übernahm der Jaguar XJR-9 von Gilbert-Scott/Jan Lammers/Patrick Tambay bis in die Morgenstunden die Führung, bis er durch einen Getriebeschaden zurückfiel. In Lauerstellung waren die Sauber-Mer-cedes, die nun die Führung übernahmen und mit einem komfortablen Vorsprung von mehreren Runden das Rennen zu Ende fahren konnten. Jochen Mass, Manuel Reu-ter und Stanley Dickens bescherten Mer-cedes-Benz eine glanzvolle Rückkehr der Silberpfeile an die Spitze des Motorsports. Damit war das biedere Image von Mercedes passé und für Peter Sauber hatte sich ein langgehegter Traum erfüllt: Le Mans mit dem Siegerauto verlassen zu können.
Der Siegeszug geht für Sauber-Mercedes weiter
Bereits im Laufe der Saison 1989 machte man sich bei Sauber und Mercedes daran, einen Nachfolger für den C9 zu entwickeln. Insbesondere japanische Hersteller drängten nun mit Fahrzeugen nach neuster Bauart in die Sportwagen-Weltmeisterschaft. Der neue Sauber-Mercedes bekam die Be-zeichnung C11 und wurde wieder von Leo Ress entwickelt. Das Chassis bestand aus Kohlefaser und wurde in Großbritannien bei David Price Composites gefertigt. Der Motor wurde nur geringfügig überarbeitet. Die neue Bosch Motronic 1.8 optimierte die Steuerung von Zündung und Einspritzung, was erneut die Leistung und den Verbrauch verbesserte. Das anfällige Hewland-Getrie-be wurde nun durch eine Eigenentwicklung von Mercedes ersetzt. Eine weitere Ände-rung, die sich bezahlte machte, war der Wechsel von Michelin zu Goodyear, da die Goodyear-Reifen besser zur Charakteristik des C11 passten und man auch von jahre-langer Erfahrung in der Formel-1 profitieren konnte.
Die Siegesserie aus dem Vorjahr wiederholte sich 1990. Das einzige Rennen, das nicht von einem Sauber-Mercedes gewon-nen wurde, war der Lauf in Silverstone. Dies kam aber auch nur zustande, weil der C11 von Mass/Schumacher wegen angeblich Inanspruchnahme fremder Hilfe disqualifiziert wurde und der zweite C11 von Jean-Louis Schlesser wegen eines Schadens an der Nockenwelle ausgefallen war. Die Fahrer-wertung gewannen in diesem Jahr punktgleich Jean-Louis Schles-ser und Mauro Baldi.
Junioren bei Sauber-Mercedes
Personell gab es im Team Sauber-Mercedes auch große Veränderungen. Jochen Neerpasch hatte, wie einst bei BMW, ein Juniorteam ins Leben gerufen. Ziel war es, die drei besten deutschen Formel-3-Fahrer mit Einsätzen in der Gruppe C auf die Formel-1 vorzubereiten. Karl Wendliger, Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher wurden in das Team berufen. Bei Testfahrten in Paul Ricard wurden die drei 20jährigen Rennfah-rer sukzessive an den leistungsstarken C9 und später den C11 herangeführt. Zu den Aufgaben der Junioren gehörte es auch, sich in einem professionellen Team zurecht zu fi nden. Jochen Mass fungierte mit seiner langjährigen Erfahrung als Sportwagen-fahrer als Mentor der drei. Bei den Rennen der Saison 1990 fuhr Mass wechselseitig mit Karl Wendlinger, Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher. Alle drei Junioren hatten ihre Stärken und Schwächen. Karl Wendlinger gewann mit Jochen Mass das Rennen in Spa-Franchorchamps, Michael Schumacher das Saisonfinale in Mexiko. Dass das Junioren-Programm von Mercedes allen den Weg in die Formel-1 ebnete, ist bekannt. Die herausgehobene Bedeutung dieses Programms kommt nicht zuletzt deshalb zustande, weil es Michael Schumacher den Weg zu seinen sieben Titeln in der Formel-1-Weltmeisterschaft ebnete.
Sorgenkind für Sauber-Mercedes: Der C291
Das neue Reglement der FIA schrieb ab 1991 3,5-Liter-Saugmotoren vor. Den alten Gruppe-C Autos gewährte man für diese Saison noch die Teilnahme, auch um die Starterfelder zu füllen. Im Reglement wurde auch das Verbrauchslimit fallengelassen. Die vorgeschriebenen Motoren glichen sich in ihren Anforderungen der der Formel-1. Für den Mercedes-Vorstand war der Ver-bleib in der Gruppe C dahingehend attraktiv, weil man nun darstellen konnte, wie man in der Lage war, auch einen reinras-sigen Rennmotor zu entwickeln. Die Wahl fi el auf einen 12-Zylinder-Flachmotor, der besonders hohe Drehzahlen ermöglichte. Am Ende der Saison standen ca. 640 PS zur Verfügung.
Bei Prüfstandfahrten mit dem neuen Motor offenbarten sich viele Probleme, ebenso bei den Testfahrten in Paul Ricard und auf anderen Rennstrecken. Ein Kern-problem war die Versorgung des Motors mit ausreichend Schmiermittel. Auf Grund der langen Liste an Problemen entschied Peter Sauber, zum Saisonauftakt in Suzuka einen C11 mitzunehmen. Dieser war auch tatsächlich schneller als der neue C291, mit dem Michael Schumacher und Karl Wend-linger an den Start gingen. Erst zur Mitte des Rennens kam der Sauber-Mercedes C291 in den Tritt, nachdem man den Ölkreislauf komplett überarbeitet hatte. In Silverstone belegten Michael Schumacher und Karl Wendlinger den zweiten Platz hinter dem Jaguar XJR-14 von Teo Fabi und Derek Warwick. Es war ein erster Lichtblick. Obwohl der C291 mit der Vorgabe entwickelt worden war, auch in Le Mans sie-gen zu können, vertraute man lieber dem bewährten C11 aus dem Vorjahr. Mercedes schickte drei Fahrzeuge ins Rennen. Auf dem C11 mit der Startnummer 1 gingen Jean-Louis Schlesser, Jochen Mass und Alain Ferté ins Rennen. Auf dem Fahrzeug mit der Startnummer 31 gingen die Junio-ren Fritz Kreuzpointner/Karl Wendlinger/Michael Schumacher ins Rennen. Den dritten C11 mit der Startnummer 32 pilotierten Kurt Thiim/Jonathan Palmer/Stanley Di-ckens. Zeitweise lagen alle drei Sauber-Mer-cedes C11 an der Spitze, fielen aber durch technische Defekte aus bzw. zurück. Der C11 mit den Junioren beendete als einziger Mercedes das Rennen auf Platz fünf.
Der Rest der Saison 1991 war erschüt-ternd. Am Nürburgring, in Magny-Cours und in Mexiko-City kam kein C291 ins Ziel. Die Ursachen waren technische Defekte unterschiedlicher Art und diese offenbarten immer wieder, wie unausgereift die Technik noch war. Die Weiterentwicklung lief noch während der Saison 1991 unter Hochdruck weiter. Ein versöhnliches Ende fand die Sai-son im japanischen Autopolis dann doch noch. Michael Schumacher und Karl Wend-linger gewannen das Saisonfi nale vor den zwei favorisierten Jaguar XJR-14, und zwar nicht durch Glück, wie ihnen später nach-gesagt werden sollte, sondern weil der C21 nach unendlich vielen Nachbesserungen endlich in den Tritt kam. Er zeigte nun die Richtung auf, in die es hätte gehen können. In Hinwil wurde bereits intensiv am Sauber-Mercedes C292 gearbeitet, mit dem man die Saison 1992 hätte bestreiten wollen.
Der Mercedes-Vorstand beschloss jedoch, die Einsätze in der Sportwagen-Weltmeisterschaft nicht fortzuführen und sich zukünftig der Formel-1 und der Indycar zu widmen. 1998 gewann Mika Häkkinen im silbernen McLaren-Mercedes die Formel-1-Weltmeisterschaft. Peter Sauber ent-schied sich ebenfalls, 1993 in die Formel-1 einzusteigen und bekam 1993 und 1994 Motoren von Mercedes gestellt.
Michael Schumacher hatte die Motorsportwelt bei seinem Debüt in Spa-Fran-chorchamps beeindruckt und zum Ende der Saison einen mehrjährigen Vertrag mit Be-netton in der Tasche. Auch Karl Wendlinger hatte 1991 im Leyton-House March seine ersten beiden Formel-1-Rennen bestritten. Heinz-Harald Frentzen folgte seinen ehemaligen Kollegen im Juniorenteam in die Formel-1 und startete 1994 wieder für Peter Sauber.