Die Anzahl deutscher Motorsportteams, die in der Gruppe C an den Start gingen, ist beträchtlich. Namen wie Joest-Racing und Kremer fallen da oft als erste, weil jene von Beginn an den Gruppe-C-Prototypen treu waren. Bei dieser Betrachtung darf das Team Gebhardt-Motorsport aus dem Kraichgau nicht fehlen. Denn gerade Gebhardt hob sich aus dieser Masse an Teams heraus, denn man scheute sich nicht davor, eigene Prototypen zu entwickeln. 2022 feierte das Familienunternehmen Gebhardt Intralogistics Group sein 70. Firmenjubiläum. Beim Blick in die Firmenhistorie fällt eines auf: Technischer Fortschritt steht in der Familie Gebhardt auf der Tagesordnung. Eigene Sportprototypen zu entwickeln war für Fritz und Günter Gebhardt keine Selbstverständlichkeit, sondern vielmehr eine Selbstverpflichtung.
Gebhardt-Motorsport: Feuer und Flamme
Das Familienunternehmen Gebhardt-Fördertechnik wuchs seit 1952 schnell heran. Mit vielen Patenten wurde das Unternehmen bald zum Marktführer. Richard und Elfriede Gebhardt konnten ihrem Sohn Günter den Einstieg in den Motorsport finanzieren. Sein Bruder Fritz organisierte von Beginn an die Renneinsätze. Der Weg des hauseigenen Rennteams ging den klassischen Weg über den Kartsport, die Formel Vau und Super-V. Der Erfolg kam schnell: Günter gewann 1979 die deutsche Formel Vau-Meisterschaft und wurde Vizemeister in der Formel Super Vau-Europameisterschaft. Die Jahre in der Formel 3 und Formel 2 am Anfang der 1980er Jahre waren zwar enttäuschend, aber zur selben Zeit wurde die Gruppe C ins Leben gerufen und die Gebhardt-Brüder waren sofort „Feuer und Flamme“. Die neu erfundene Gruppe C-Junior (ab 1985 Gruppe-C2) sollte den kleinen Sportwagen- und Rennwagenherstellern sowie Privatteams die Möglichkeit geben, mit geringem Kostenaufwand eigene Prototypen zu entwickeln und einzusetzen.
Der Gebhardt JC02, genannt das UFO
Der erste Sportwagen von Gebhardt-Motorsport trug die Bezeichnung JC02. Seine Geschichte begann bereits 1980 auf der Essen-Motorshow. Der Schweizer Rennfahrer und Konstrukteur Chuck Graemiger plante, auch einen Gruppe C-Junior zu entwickeln. Im Gespräch kam er mit dem Ingenieur Michael Neumann überein, das Design für einen neuen Sportprototypen zu entwickeln. Neumann hatte bereits für das TOJ-Team von Jörg Obermoser Gruppe-6-Prototypen entwickelt. Das neue Fahrzeug bekam die Bezeichnung Cheetah G602. Bis zum Renneinsatz kam es jedoch nicht. Während der Windkanaltests kam es jedoch zum Zerwürfnis zwischen beiden, so dass Neumann sein Projekt in Eigenregie weiterführte. Für kurze Zeit sah es so aus, als würde sein De-sign über ein 1/5-Modell nicht hinauskommen.
Zur selben Zeit begannen die Planungen von Fritz und Günter Gebhardt und ihrem Techniker William Harris, der bereits für TOJ gearbeitet hatte. Die guten Verbindungen zu Obermoser ermöglichten es, Komponenten von dessen erfolgreichen Sport-wagen und auch das Design von Michael Neumann zu verwenden. Fritz und Günter Gebhardt überzeugte die Konzeption von möglichst geringem Luftwiderstand für hohe Geschwindigkeit, vom Verzicht auf großes Flügelwerk und von dem Gedanken, den Anpressdruck lediglich durch einen sehr großen Diffusor zu generieren. Eine Test-reihe vom 2. August 1983 im BMW-Wind-kanal zeigte, dass der gemessene cw-Wert 0,261 weltrekordverdächtig gering war. Das Monocoque entwickelten Günter Gebhardt und Bill Harris. Es war sehr schmal gehalten, bestand aus lediglich 32 Aluminiumplatten und war dementsprechend sehr leicht. Eine kleine Anekdote: Während des Aufbaus ließ sich Michael Neumann auf die Wette ein, das Gewicht des Monocoques zu schätzen. Die Differenz zum tatsächlichen Gewicht musste er pro Kilogramm mit einem Kasten Bier bezahlen. Er tippte auf 67 Kilogramm. Tatsächlich waren es 43 Kilogramm. 24 Kästen musste er blechen.
Der erste Funktionstest auf dem Hockenheimring brachte keine nennenswerten Probleme und bewies, dass die Aerodynamik und der Unterboden hervorragend arbeiteten. Lediglich die Kühlung und die Türen mussten überarbeitet werden. Den ersten Renneinsatz erlebte der JC02 am 3. Juli 1983 beim 200 Meilen-Rennen auf dem Noris-ring. Kenneth Persson beendete das Rennen mit einem respektablen neunten Platz. Anschließend kam es jedoch zum Bruch mit Michael Neumann, weil dessen Gestaltung der Karosserie zwar sehr windschlüpfrig, aber nicht praktikabel für den Renneinsatz war.
Gebhardt-Motorsport in der JC-Serie
Zwischen der Saison 1983 und 1984 wurde in Bicester bei Rolston Autotechnic und in Berwangen bei Sinsheim der Wagen gründlich überarbeitet und ein zweites Fahrzeug aufgebaut. Die Formgebung der Karosserie wurde nach den ersten Einsätzen noch einmal effizienter gestaltet, was dem Einsatz bei Langstreckenrennen zugutekam. Dabei half auch Formel-1 – Designer Gustav Brunner, durch die Hintertür, der zu dieser Zeit für ATS arbeitete. Im Winter baute man bei Gebhardt zwei Versionen auf.
Der Prototyp mit der Bezeichnung JC 842 hatte einen von Erich Baier entwickelten 2-Liter-BMW-Reihenvierzylindermotor. Der Motor war damals bereits in der Formel 2 erfolgreich zum Einsatz gekommen und leistete etwa 315 PS. In den Ergebnislisten dieser Jahre tauchte auch das das Kürzel JC 843 auf. Hierbei handelt sich um den bau-gleichen Sportprototypen. Allerdings hatte die zweite Version einen 3-Liter-Ford-Cos-worth DFV V8-Motor mit etwa 420 PS, mit dem Mario Andretti den F 1-Lauf in Watkins Glen gewonnen hatte. Dieser wurde direkt bei Bernie Ecclestone gekauft.
Beim ersten Einsatz in der Saison 1984 belegten Frank Jelinski und Cliff Hansen in Monza den 12. Platz im Gesamtklassement und den vierten Platz in der Klasse-C2. Nach einem ermutigenden Auftakt trübten allerdings immer wieder Motorschäden die Stimmung. Lange Zeit bekamen die englischen Motorentuner die Probleme mit dem Zylinderkopf nicht in den Griff. Erst ein Wechsel zu dem Schweizer Motorenbauer Heini Ma-der löste die Motorenprobleme, von nun an wurden 3.3-Liter-Cossie’s verwendet, was auch dem Verbrauch bei den Langstrecken-renne entgegenkam. Bald rannten der JC 842, der JC 843 sowie die Evolutionsstufe JC 853 und JC 873 in allen Rennserien wie Uhrwerke.
Von 1984 bis 1988 fuhr Gebhardt mit diesen beiden Modellen jährlich eine Kombination von Läufen aus der Gruppe-C-Weltmeisterschaft, Deutsche Rennsport-Meisterschaft, Interserie, IMSA und später dem Supercup. Ein weiteres Chassis wurde an das Londoner ADA-Engineering Team verkauft. Das Team setzte in Eigenregie einen JC 843 in der Sportwagen-Weltmeisterschaft und in Le Mans ein. Insgesamt 96mal starteten die flachen Flundern aus Berwangen in ein Rennen. Beim Blick in die Ergebnislisten tauchen zwei Namen immer wieder auf: Frank Jelinski und Stanley Dickens – beides Schützlinge von Fritz Gebhardt – fuhren regelmäßiger und erfolgreich.
Die Stunde der Wahrheit schlug für Gebhardt in Le Mans. Designer Michael Neumann wollte mit dem flachen Design auf der Hunaudíeres- und Mulsanne-Geraden eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h erreichen. Sein Plan ging auf und die Gebhardt JC waren hier konzeptionell gegenüber der restlichen C2 in klarem Vorteil. Der JC 843 von ADA-Engineering, gefahren von Steve Earle, John Sheldon und Ian Har-rower, kam auf dem 16. Platz ins Ziel und belegte den zweiten Platz in der Klasse C2. Die Briten schrammten nur ganz knapp am großen Erfolg vorbei. Ein Jahr später konn-te ADA-Engineering mit einem Gebhardt JC 843 mit Cosworth DFV-Motor schluss-endlich die Klasse C2 gewinnen. Besonders süß schmeckte der achte Platz im Gesamtklassement, weil die Top10 fast komplett in Porsche-Hand war. Die einzige Ausnahme war der Gebhardt JC 843 von ADA.
Andere Zeiten brachen für Gebhardt-Motorsport an
In der Saison 1987 zeigte sich immer mehr, dass die JC-Modelle von Gebhardt dem Ende ihrer Zeit entgegenfuhren. Günter Gebhardt und Bill Harris entschlossen sich für das nächste C2-Modell vom bishe-rigen Konzept abzuwenden. Das Fahrzeug sollte einen kürzeren Radstand haben und durch einen großen Heckflügel nun mehr Abtrieb generieren. Für diese Neukonstruktion mit der Bezeichnung Gebhardt C88 wurde das Chassis 872/1 verwendet. Im Heck saß ein wahres Minikraftpaket – ein Fünfzylinderturbomotor aus dem Audi quattro. Seinmarkantes zischendes Geräusch ist den Motorsportfans in Europa bestens bekannt. Aus 2,1-Litern Hubraum konnte er je nach Ladedruck bis zu 500 PS erzeugen. Günter Gebhardt und Hellmut Mundas hatten ihre Kontakte zu Audi spielen lassen und diese „verwaisten“ Motoren ergattern können. Zwischen 1989 und 1991 fuhr Rudi Seher mit dem C88 hauptsächlich im ADAC Supercup, Hellmut Mundas und Günter Gebhardt starteten in der Interserie. 1990 startete Gebhardt-Motorsport mit dem C88 auch beim 24-Stunden-Rennen von Daytona und sorgte für einige überraschte Gesichter. Während in der Sportwagen-Weltmeisterschaft die Autos in die Klasse C1 und C2 eingeteilt wurden, hieß in der IMSA-Serie die Unterteilung GTP und GTP-Light. Für die US-Amerikaner war es jedoch unerheblich, dass der Gebhardt C88 für Klasse C2 konstruiert worden war. In Daytona musste er in der GTP-Klasse zwischen den Porsche 962, Nissan GTP-ZX-T, den Jaguar XJR-12 starten. Im Training fuhren Günter Gebhardt, Costas Los und Hellmut Mundas munter zwischen den großen Prototypen mit. Die Fahrer der GTP-Lights waren deutlich langsamer und hatten das Nachsehen bei dem kleinen un-scheinbaren Prototyp aus dem Kraichgau. Man wäre von Startplatz 18 in das Rennen gestartet, wenn technische Probleme den Start nicht verhindert hätten. Heute wird der Gebhardt C88 in jenem Momo-Design aus Daytona 1990 von Marco Werner im historischen Motorsport erfolgreich gefahren.
Gianpiero Moretti bei Gebhardt-Motorsport!
Seit einigen Jahren betrieb Fritz Gebhardt einen Handel für sportliche Autozubehör-Teile . Unter anderem importierte er auch Lenkräder der Marke Momo. Diese kleine unternehmerische Entscheidung ebnete 1988 für Fritz Gebhardt den Weg in seine schönste Zeit im Motorsport.
Gianpiero Moretti, ein Gentlemen-Driver wie er im Buche steht, war seit Jahren weltweit auf Sportwagen unterwegs. 1988 war er in der IMSA-Serie unzufrieden mit den Einsätzen auf einem March-Buick und wollte nun auch auf den erfolgreichen Porsche 962 umsteigen. Der Kontakt zu Moretti kam auf Vermittlung von Ex Joest-Manager Hans-Dieter Dechent zustande, eben auch, weil Fritz Gebhardt Momo-Importeur war. Die Chemie zwischen ihm und Gianpiero Moretti stimmte sofort. Zudem forderte der Italiener, dass die Einsätze in der IMSA-GTP nicht nur vor Ort organisiert, sondern auch von allen Gebhardt-Mechanikern durchgeführt werden müssten.
Nun in den USA operieren zu müssen, das setzte man pragmatisch und kostengünstig durch. Fritz Gebhardt erzählte im Interview mit einem Lachen: „Wir waren quasi Vagabunden. Wir haben in den USA keine Halle angemietet, sondern alles vom LKW aus gemacht. Wir waren immer die Ersten an der Rennstrecke und sind als Letzte wieder gefahren. Bis Dienstag oder Mittwoch haben wir im Fahrerlager den Porsche 962 revidiert und dann alles wieder eingepackt. Wir sind wieder zurückgeflogen, und der Truck-Driver ist zur nächsten Strecke gefahren. Da haben wir uns wieder getroffen. Alle sechs bis acht Wochen kam der Porsche aber zur Gesamtrevision nach Deutschland.“ Obwohl Gianpiero Moretti zusammen mit Stanley Dickens im Momo-Porsche 962 nur zweimal auf dem Podium stand, waren die Einsätze in der IMSA-Serie durchweg erfolgreich. Maßgebend sind hier aber nicht Gesamtsiege, sondern die ständigen Top 10-Platzierungen hinter den Werksteams von Nissan, Jaguar und den erfahrenen IM-SA-Teams. Stolz ist man bei Gebhardt auch auf die Kodak-Trophy, die damals für die meisten gefahrenen Kilometer ohne Aus-fall in einer Saison war. Zudem hatte sich Gianpiero Moretti als Fahrer im Laufe der Einsätze durch Gebhardt-Motorsport immer weiter verbessert. Bill Harris, langjähriger Techniker bei Gebhardt, erinnert sich: „Unser Porsche stand vor dem Training immer als Erster am Ausgang der Boxengasse. Bis er zu uns kam, kannte er das nicht, so früh da zu sein. Oder auch mal einen Stint durch-zufahren, wie Fritz das gesagt hat. Mit uns hat er viel gelernt.“
Es sind aber nicht nur die Ergebnisse in der IMSA, an die man sich in Berwangen bei Sinsheim gerne erinnert. Noch mehr war es die entspannte Atmosphäre und die Geschichten drum herum: das traditionelle Abendessen am Donnerstagabend mit dem ganzen Team, wie Gianpiero Moretti für das Fahrerlager seine allseits beliebten Spaghetti kochte, dass nach ge-taner Arbeit wohl verdiente Freibier im Ho-liday-Inn und selbstverständlich die enthu-siastischen Fans an den Naturrennstrecken.
Große Schritte
Blick man in die Starterlisten, dann taucht ab dem 3-Stunden-Rennen vom Miami die Chassis-Nummer 962C 001 GS auf – GS = Gebhardt-Motorsport. Für die Saison 1989 wurde der Porsche 962 nach eigenen Vorstellungen verbessert, indem man den Rahmen, die Verstrebung zum Motor und zum Getriebe verstärkte. Derek Bell sagte damals, es sei in punkto Chassis, der beste Porsche 962, den er je gefahren ist.
Ende der 1980er-Jahre war, trotz eigener Weiterentwicklungen, die Zeit des 962 ab-gelaufen. Gianpiero Moretti liebäugelte damit, einen Spice SE 90 zu kaufen. Fritz Gebhardt riet ihm davon ab, weil die britische Rennwagenschmiede damals in finanziellen Schwierigkeiten war und man befürchtete, die Ersatzteilversorgung könnte zusammen-brechen. Für die Finanzen, die er dafür hätte aufwenden müssen, hätte er auch ein eigens konstruiertes Gruppe-C-Fahrzeug kaufen können, das auf der Höhe der Zeit sei.Sein Bruder Günter pflegte gute Beziehungen zu Wolfgang Weigel und Johann Knapp von WRT-Renntechnik und wusste, dass es dort ein recht weit gediehenes Konzept für einen modernen Gruppe-C-Renn-wagen gab. Gemeinsam kam man zu dem Schluss, dass man für das Geld, welches Moretti aufwenden wollte, auch selbst ein Auto bauen könnte. Nach der Präsentation des Konzepts wurde man sich schnell einig und im Juni 1990 begann das Projekt Gebhardt C901.
Das Kohlefaserchassis wurde als eine Einheit mit integriertem Überrollbügel gebacken und hatte ein Gewicht von nur 40 kg. Als Motor sollte ein 2,2 Liter-Reihenfünfzylinder von Audi mit einem wassergekühlten KKK-Turbolader mit Wastegate-Regelung und sehr hohem Ladedruck fungieren. Der Motorblock und der 4-Ventilzylinderkopf mit zwei gegenläufigen Nockenwellen bestanden aus Aluminium. Die Steuerung der Einspritzdüsen und des Motors übernahm eine Bosch 1.7 Motronic. Die Leistung des kleinen Motors, der 1989 im Audi IMSA GTO zum Einsatz kam, lag bei mehr als 800 PS bei ca. 8000 U/Min. Satte 634 Nm Drehmoment konnte er erzeugen. An den Motor angesetzt war das Hewland-5-Gang-Getriebe, dessen Gehäuse aus Magnesium bestand. Der kleine Motor wurde durch einen stählernen Hilfsrahmen und einem weiteren A-förmigen Rahmen über dem Motor gehalten. Kurios: Auch die Ölwanne war als tragendes Bauteil konstruiert. Bei den Vorderrädern kam ein Monoshock-Dämpfer von Sachs mit Eibach-Federn zum Einsatz. Hinten waren zwei in Fahrtrich-tung liegende Dämpfereinheiten verbaut.
Kopfschmerzen bei Gebhardt-Motorsport
Der Aufbau erfolgte in einer Rekordzeit. Innerhalb von acht Monaten bauten die 15 Techniker von WRT und Gebhardt unter der Leitung von Bill Harris den C901 auf. Zu Beginn schien alles einen guten Weg zu gehen, bis jedoch wenige Wochen vor dem Rollout Dr. Werner Laurenz von Audi seine münd-liche Zusage für den bärenstarken IMSA GTO-Motor zurücknahm. Gebhardt musste auf den alten Audi-Motor zurückgreifen, der im C88 verwendet wurde. Der C901 hatte jetzt 200 PS weniger. Nach der Fertigstellung wurde der neue C901 in die USA übersandt, wo er in Road Atlanta der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die ersten Testfahrten legten dann große Baustellen offen: Thermische Probleme am Motor, defekte Turbolader, große Abstimmungsschwierigkeiten an der Vorderachse waren nur einige Punkte. Durch die Vorderachskonstruktion von Johann Knapp hatte der C901 nur 25mm Bodenfreiheit und damit nahezu keinen Feder-weg. Auf den amerikanischen Rennstrecken mit ihren welligen Belägen erwies sich der neue Prototyp als nahezu unfahrbar. Johann Knapp weigerte sich, Änderungen an der Dämpfereinheit vorzunehmen, was letzt-endlich zum Bruch mit ihm führte. Windkanaltests bei Pininfarina deckten Bereiche mit Luftstau, schlechtem Abtrieb und einer star-ken Frontlastigkeit auf. Mittlerweile war der wunderschöne C901 in puncto Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen. Angesichts dieser Tatsache, der großen technischen Probleme, der fehlenden Testfahrten und der schlechten Perspektive zog sich Gianpiero Moretti schlagartig aus dem Projekt zurück, verweigerte sich weitere Zahlungen zu leisten und überlies dem Team den Rennwagen.
Bill Harris rüstete die vordere Dämpfereinheit auf ein konventionelles Layout um. Der schwache Audi-Motor wurde durch einen 3,5-Liter V8-Ford Cosworth-Motor ersetzt und die Aerodynamik stark überarbeitet. Bei zwei Einsätzen in der Sportwagen-Weltmeisterschaft und in der Interserie konnte der nun als C91 bezeichnete Sportwagen sein Potential durchscheinen lassen. Die Zeit hatte aber gegen Gebhardt gearbeitet. Die Gruppe-C- Sportwagen-Weltmeisterschaft wurde 1992 zu Grabe getragen, weshalb das Haupteinsatzfeld und das Kundeninteresse fehlten. Die hohen Kosten des Projekts und das finanzielle Loch, das Gianpiero Moretti hinterlassen hatte, führten damals zum vorzeitigen Ende des Projektes. Zwar versuchte man 1999, mit einem Umbau als offener Sportprototyp, nun unter der Bezeichnung G4, in der ISRS-Rennserie von John Mangoletsi an alte Erfolge anzuknüpfen, doch hinter den verkappten Werksteams von BMW, Ferrari und Lola hatte man keine Chance. Wie so oft fehlte es am Geld. 2013 übernahm Frank Lyons den G4 samt gro-ßem Ersatzteilpaket und baute ihn sukzessive wieder zurück auf einen C901. Sein Sohn Michael gewann 2018 gegen eine ganze Armada von Gruppe-C-Prototypen die Le Mans Classic und demonstrierte endlich, was dieses Fahrzeug zu leisten im Stande ist.
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