Rendezvous im königlichen Park: Track-Day Ferrari 512 BBLM

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Ob erfolgreich im Motorsport oder nicht, ein Ferrari hat bei den Auto-Fans immer einen besonderen Stellenwert. Gerade hier, im italienischen Monza, dem königlichen Park, merkt man das besonders, als an diesem noch leicht feuchten Mai Morgen, die Köpfe nach oben gehen und sich um den Auflieger versammeln.


Über die uralten Bäume des königlichen Parks geht die Sonne auf, die Leute im Fahrerlager schauen nach oben, als ein Auto aus dem Auflieger geschoben wird, obwohl erst nur sein Heck zu sehen ist. Der Ferrari 512 BBLM erblickt langsam das Morgenlicht in Monza und seine verchromten BBS Felgen funkeln beim herausschieben in der Sonne. Ich habe das Vergnügen, den Ferrari 512 BBLM auf der traditionsreichen Monza Rennstrecke zu fahren. Besser könnte die Kombination gar nicht sein. Doch die Strecke ist noch feucht vom Regen in der Nacht und Fredy Lienhard bittet mich noch um ein bisschen Geduld. Man möchte mit so einem wertvollen Auto logischerweise kein Risiko eingehen und habe nur neue Slicks dabei. . Am Mittag ist es dann soweit, und ich darf ins Cockpit des Ferrari klettern. Ich soll zuerst nur zwei Runden drehen und dann für einen kurzen Check reinkommen, denn das Auto ist frisch revidiert, da es meist in der «autobau Erlebniswelt» in Romanshorn zu bestaunen ist. Und Fredy Lienhard ist kein Mann halber Sachen, deswegen wur-de der 512er vor der Ausfahrt in Monza erst einmal gründlich durchgecheckt. Und neue Reifen haben seine Autos auch jedes-mal drauf, wenn es auf eine Rennstrecke geht. Seine Erfolge im Motorsport und im Business kamen nicht von ungefähr.

Nackte Technik im 512 BBLM

Jetzt lasse ich mich in den Ferrari schnallen. Nackte Technik im Innenraum mit sichtbar vielen Metern Stahlrohr des Chassis, bilden den ersten Eindruck im Cockpit. Schalter und reichlich Kabel run-den das Gesamtbild im Inneren ab, ein bisschen «Grande Casino». Dann heisst es Benzinpumpen und Zündung einschalten, und starten. Hinter mir startet der Zwölfzylinder erstmal mit ruhiger Drehzahl seinen Dienst. Langsam gehe ich in die zwei vorgeschriebenen Runden, fahre die neuen Reifen an, beobachte die Temperaturen und Drücke des Motors, der weich und rund läuft. Leider fällt mir auf, dass der Drehzahlmesser ein Eigenleben hat. Kurz vor Höchstdrehzahl fällt die Anzeige der Drehzahl ab, obwohl der Motor weiter hochdreht. Einfach unangenehm, wenn man sich nicht sicher, ist wieviel Umdre-hungen der Motor jetzt wirklich macht. In der Box kurzer Rapport und Check, dann geht es wieder raus auf die Strecke.

Lamborghini GT3 düpiert

So ein Auto aus den 80er-Jahren fühlt sich schon ganz anders an als ein modernes Rennauto. Das Fahrwerk ist weicher, die Schaltwege kommen einem extrem lang vor und der Motor dreht trotz seiner knapp 500 PS nicht so schnell hoch und die Lenkung ist auch nicht so direkt. Als die Gangart schneller wird, wollen die Gänge beim Runterschalten nicht immer so einfach reingehen. Trotz Kulissenschaltung lassen sich diese nicht immer ein-fach einlegen. Ich befi nde mich bei diesem Track-Day auf einmal inmitten einer Meute Autos. Moderne Autos, Porsche GT3 Cup, Lamborghini GT3, etc. tummeln sich vor mir. Und auf einmal bekomme ich einen Vergleich zu der Moderne. So lang-sam, wie es mir Anfangs vorkam im Auto der achtziger Jahre, kann es ja nicht sein. Wahrscheinlich bin ich von den Runden mit dem Ferrari 333SP (siehe Curbs Ausgabe #55) die ich zuvor drehen durfte, etwas verwöhnt. Denn jetzt gehe ich an einigen dieser modernen Sportwagen vorbei. Im großen Tumult geht es auf die «Lesmo»- Kurven zu. Der erste Lamborghini kapituliert, als ich im Spiegel auftauche und bleibt in «Lesmo 1» gleich mal aussen. Ich nehme die Einladung an, und gehe innen an ihm vorbei. Der Ferrari lenkt gut ein, ich komme gut zum inneren Curb und lasse den «Lambo» aussen stehen. Dann be-schleunige ich im dritten Gang zur «Lesmo 2», beim Bremsen komme ich einem Cup-Porsche schon ziemlich nah, lenke ein und komme im Kurvenverlauf immer näher und überhole nach der Kurve, dem Schwung sei Dank, den Porsche direkt. Dann schalte ich in den vierten Gang, und es geht Rich-tung «Curva del Serraglio», einem leichten Links-Knick, der in eine Senke führt. Dort geht es im Fünften Gang unter der alten Steilwand durch. Ab dort geht es dann wieder bergauf zur Schikane der «Variante Ascari», benannt nach dem berühmten Ferrari Pilot, der leider hier 1955 in einem Ferrari sein Leben verlor. Dann heisst es, den Bremspunkt vor der Schikane zu fi n-den und runterschalten, vierter Gang, dritter Gang und einlenken in die erste Links Kurve der Schikane. Erneut gutes Einlenken, guter Grip an der Vorderachse, ich kann früh wieder etwas ans Gas gehen und beschleunige leicht in die Rechts-Kurve hinein. Im Kurvenverlauf halte ich die Teillast-Stellung mit dem Gas, um nicht zu schnell zu werden für die folgende Links-Kurve. Erst am Kurvenausgang, rechts aus-sen am Curb, beschleunige ich wieder voll und schalte kurz, nachdem die Lenkung wieder geradesteht, in den vierten Gang. Jetzt wieder voll durchbeschleunigen und den fünften Gang einlegen, und so geht es mit Vollgas Richtung «Parabolica». Beim Anbremsen spüre ich, wie das Heck doch etwas «leicht» wird. Ich schalte zurück bis in den dritten Gang und bringe den Ferrari wieder gut zum inneren Curb. Da bin ich auch schon wieder gut am Gas und lasse mich ganz links raustragen.

Mit viel Schwung auf die Start-Ziel-Gerade

Hier muss man viel Schwung mitnehmen für die lange Start-Ziel-Gerade. Ich komme bis zum Kurvenausgang schon wieder einem modernen Porsche verdächtig näher, die Linie ist gut, der Speed kommt, als ich zum Kurvenausgang komme und dort noch vor Ende der Kurve den Vierten Gang einlege. Doch dann schlägt die Moderne zu und der Porsche zieht davon. Auf Höhe der Boxeneinfahrt gehe ich in den fünften Gang und jetzt weiter Vollgas bis zum Bremspunkt der ersten Schikane. Der Drehzahlmesser spinnt wieder ein bisschen und ich weiß nicht, wie hoch der Motor wirklich dreht. Aber keine Angst, ein Drehzahlbegrenzer ist vorhanden und vereitelt teure Motorschäden, sollte die Drehzahl zu hoch sein. Dass der Zwölfzylinder aber höhere Drehzahlen gerne hat, spüre ich ab der Boxenausfahrt, da legt der Motor noch mal so richtig zu, und ich spüre einen Schub, als hätte ich einen Turbo geschaltet. Dann anbremsen für die erste Schikane und sauber die Gänge schalten, bis runter in den zweiten Gang. Auf der Bremse ist der 512er etwas leicht und «nervös» am Heck. Beim Einlenkpunkt bin ich nun wie-der sehr nah an den Porsche herangefahren, also ist das Ganze trotz des Baujahrs aus den achtziger Jahren sehr sportlich unterwegs. Dann erneut gutes Einlenken und auch das Umsetzen in die Links-Kurve geht fl ott, da der Grip gut ist an der Vorderach-se. Erst zum Kurvenausgang, ich bin schon am Gas, da wird er wieder leicht am Heck und hat leichten «Wheelspin». Die Traktion könnte also etwas besser sein. Generell ist das Auto sehr gut auf der Vorderachse und hat eher leichte Defi zite auf der Hinterach-se. Ein leichtes Heck in schnellen Passagen oder zum Kurvenausgang bei schon höheren Geschwindigkeiten oder wie eben, wenn man hart am Gas ist zum Kurvenaus-gang der engen Schikanen, da fehlt es an Traktion. Aber mir ist ein gutes und präzises Auto auf der Vorderachse und ein eher leichtes Heck dreimal lieber als ein nerviges Untersteuern. Denn ein leicht übersteuern-des Auto bedeutet immer einen höheren Spaßfaktor als ein untersteuerndes. Und Spaß macht der Ferrari! Dafür sorgt schon zum Großteil der Sound des 12-Zylinders.

Bella Macchina, bella Italia!

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