Auf Sieges-Tour in Monte Carlo im LOTUS 87
Die Strecke liegt vor mir im Schatten der monegassischen Bäume, und mein Blick geht hoch Richtung Startampel. Ich warte auf die erste von fünf Roten Lampen, während mein Puls hoch schnellt. Mit der dritten Roten Ampel gehe ich auf 9000 Umdrehungen im Stand hoch, und der Ford Cosworth hinter meinem Rücken brüllt laut auf. Fünf Ampeln, Konzentration auf das Erlöschen der Lichter, Kupplung anlegen und dann schnell kommen lassen. Mit durchdrehenden Rädern geht es mit schnellem Durchschalten der Gänge in Richtung «Sainte Devote». Dann heißt es, den Bremspunkt finden für einen sauberen Einlenkpunkt, während von hinten die Meute auf ihre Chancen lauert. Ein kurzer Blick in den Spiegel, ob schon jemand neben mir ist und dann einlenken zum inneren Curb. Ich sitze im Lotus 87, und wir fahren den «Monaco Historique Grand Prix 2022». In Oschersleben und auf dem Hockenheim-ring konnte ich wegen Aussetzern nicht viele problemlose Runden drehen. Jetzt in Monaco geht es von der Pole Position aus ins 18-Runden-Rennen. Ausgangs der «Sainte Devote» geht es vom 2. Gang in voller Beschleunigung bis in den 5. Gang den Berg hinauf. Und es geht mächtig den Berg hoch Richtung Casino, vorbei am Hotel «Beau Rivage». Wer hier mal zu Fuß den Berg erklommen hat, weiß, wie steil er ist. In der Auffahrt geht mein Blick nach rechts, dort steht für die Zuschauer am Hafen ein riesiger Screen und ich erkenne, dass mir Michael Lyons in einem weiteren Chrome-Cars-Lotus dicht auf den Fersen ist. Es geht durch ein leichtes Geschlängel den Berg rauf und ein Überholen ist hier bei normalen Bedingungen oder ohne eines Fehlers vom Vordermann nicht möglich. Die Straße ist Sonnengeflutet. Vor mir taucht die Kuppe auf, und ich habe das Gefühl, mich gleich in den blauen Himmel zu katapultieren.. Ich komme fast ausgedreht den Berg hinauf, so dass etwa 220 Km/h anliegen, bei denen ich nun den Bremspunkt für die nächste Rechtskurve finden muss. Den setzte ich noch in der Bergauf- Passage und nicht erst nach der Kuppe. Rein von der Distanz wür-de sich das ausgehen nach der Kuppe, aber nur wenn es fl ach wäre. Durch die Kuppe wird das Auto leicht und etwas nervös, also bremse ich noch vor der Kuppe rein um das Auto unten zu halten. Die «Down Force» ist recht gut, und so bleibt der Lotus 87 recht stabil beim Bremsen, aber der eine oder an-dere Fahrer bekommt hier wieder ein paar mehr Pulsschläge. Ich warte, bis sich das Auto nach der Kuppe wieder beruhigt hat, um dann sauber einlenke zu können in die «Massenet» Kurve.
Zentimeter-Arbeit mit dem Lotus 87
Ich tauche in den Schatten vom «Hotel de Paris» ein, vor mir die gut gefüllte Tribüne gegenüber des Casinos. Das Auto lenkt gut ein, aber ich warte noch, um später den Scheitelpunkt zu setzen. Wichtig ist, jeden Zentimeter zu nutzen, um direkt danach wieder in die folgende Rechtskurve zu ge-langen. Die «Casino» Kurve führt erst auch noch leicht Bergauf beim Einlenken, um dann ab dem Scheitelpunkt ab zu fallen. Es geht über den Casino Platz wieder durch die grelle Abendsonne. Ich bin im dritten Gang, gehe ab Mitte der Kurve ans Gas und verliere das Heck in der abfallenden Kurve. Mit einem Powerslide geht es erneut in den Schatten der Häuser Richtung Kuppe vor der berühmten «Tip Top-Bar». Man umfährt die Kuppe etwas, da man dort sonst das Auto schnell verlieren kann. Ich muss dort kurz in den 4. Gang, da der 3. Gang ausgedreht ist. Der Lotus 87 hat mich von Anfang an beim Bremsen begeistert, er ist stabil und hat einen enormen «Biss» und «Grip» beim Bremsen. Also, spät die «Mirabeau» anbremsen, zurückschalten in den 3. Gang, in den Spiegel schauen, wo ist die Konkurrenz und einlenken. Ein Feh-ler beim Bremsen oder den Gang verpassen beim Runterschalten und man landet unweigerlich in der Leitplanke, wenn der Eingangsspeed nicht passt. Beim Einlenken untersteuert das Auto, aber dann kommt einem die Neigung der Strecke entgegen. Die «Mirabeau» hat ein richtiges «Banking» und man nutzt den zusätzlichen Anpressdruck für eine gute Kurvengeschwindigkeit. Dazu geht man früh ans Gas und beschleunigt wieder kurz Richtung der alten «Loews»-Kurve. Beim Bremsen ist der 87er wieder in seinem Element, und ich habe auf dem kurzen Bremsweg kaum Zeit, in den 2. Gang zurück zu schalten. Jetzt wird die Len-kung brutal schwer, und ich fasse am Lenk-rad vor um den ganzen Lenkeinschlag zu nutzen und mit aller Kraft runter zu ziehen. Vor dem Einlenken noch kurz wieder der Blick in den Spiegel, attackiert jemand? Wer nicht genügend einlenkt, touchiert am Aus-gang die Leitplanke. Am Ausgang möchte ich eigentlich kurz voll beschleunigen, darf aber nicht zu früh und zu hart aufs Gaspedal treten. Zu früh bedeutet, Untersteuern Richtung Leitplanke, zu hart heißt, schnelles und brutales Powerübersteuern. So ein Formel 1 beschleunigt schon mächtig los aus niedrigen Geschwindigkeiten. Da möchtest du zum Beispiel niemanden vor dir haben, der den Gang nicht rein bekommt… Mit einem kurzen Gasstoß geht es zum Einlenk-punkt in die nächste Rechtskurve. Hier muss man früh einlenken und auf den inneren Curb fahren um ein wenig abzukürzen und eine schöne Linie für den Kurvenausgang zu bekommen. Wer zu spät einlenkt, den bestraft die linke äußere Leitplanke. Den Curb schluckt der 87er gut, geht aber beim Beschleunigen zur «Portier»- Kurve in einen wilden Powerslide über. Beim Einlenken in die Rechtskurve, die uns in Richtung Tunnel bringt, zeigt der Lotus 87 seine bekannte Schwäche erstmals so richtig: Untersteu-ern!
Ab in den Tunnel
Der 87er schiebt nach dem Einlenken über die Vorderräder und ist etwas unwillig die Richtung anzunehmen. Am Kurvenaus-gang ändert sich jedoch das Untersteuern abrupt in das Powerübersteuern, sobald ich ans Gas gehe. Dann volles Beschleunigen und vom 2. Gang hochschalten bis in den 5.Gang, bevor die nächste Passage kommt, die den Puls ansteigen lässt: der Rechts-knick im Tunnel. Ich lenke ganz sauber ein, um ein ruhiges Auto zu haben und den Tun-nel mit Vollgas im 5. Gang zu durchfahren, innen sauber den Scheitelpunkt treffen und dann aussen nah an die Leitplanken. Das hört sich alles leicht an, ist aber in Mona-co oft schwierig, da man die Kurven nicht einsehen kann, und deswegen die Linie schwer zu legen ist. Dann geht’s aus dem Dunkeln des Tunnels zurück ins Tageslicht. Jetzt heißt es, den richtigen Bremspunkt zu setzen. Fünf Meter zu spät und die Schika-ne ist «verhauen». Es wird so hart und weit runtergebremst, dass jeder Meter entschei-det, ob man sie sauber bekommt oder den Punkt des Einlenken komplett verpasst. Es staucht sich das Auto so richtig zusammen während ich die Gänge mit sauberen Zwischengasstößen einlege bis ich im 2. Gang bin. Das Getriebe des 87er fasziniert mich. Kurze Schaltwege, sauber und präzise zu schalten. Dann geht es links knapp an der Leitplankenecke vorbei, um sogleich das Auto rumzuwerfen in die enge Rechts der Hafenschikane, aus der ich wieder voll be-schleunige Richtung «Tabac»-Kurve und auf die gut besetzte «K-Tribüne» zu fahre. 3. Gang, 4.Gang, anbremsen, einlenken, leichtes Untersteuern bis zum Scheitel-punkt, dann wieder Power-Übersteuern und im leichten Slide nah an der rechten Leitplanke vorbei. Ich beschleunige voll, und es stellt sich die Gewissensfrage, wie schnell ich die folgende Linkskurve in die «Schwimmbad Passage» nehme.
«Ich fliege mit dem Lotus 87 über die Curbs»
Ich mache einen „Gesundheitslupfer» und fliege über die Curbs: Leicht quer kom-me ich zum Anbremspunkt zum Ausgang Schwimmbad. Es geht vom 4. Gang zurück in den 2. Gang, dann rein in die Rechts-Links Passage. Der 87er lässt sich gut umsetzten und baut jeweils schnell den Grip auf. Zum Untersteuern kommt es hier erst gar nicht. Dann wieder voll beschleunigen, 3. Gang und auf zur «Rascasse». Hier sehe ich oben im Restaurant die VIP`s mit ihren Champagner-Gläsern in der Hand. Das Anbremsen im leichten Linksknick nimmt der Lotus wieder mit guter Stabilität. Zurück schalten in den 2. Gang, Einlenken, leichtes Untersteuern, dafür lenke ich früh die zwei Rechtskurven an um in der Zweiten sauber innen zu sein. Die Linie muss passen! Dann wieder kurz und knackig beschleunigen zur letzten Kurve. Mit wild durchdrehenden Rädern peile ich die letzte Kurve an. Spätes Einlenken, da sich die Kurve weit zuzieht, dazu noch leicht abfällt, das Auto leicht werden und wieder wild beim Beschleunigen auf Start und Ziel die Räder durchdrehen lässt. Durch die kur-ze Übersetzung geht es rasend schnell vom 2. In den 5.Gang und den langen Rechts-bogen über Start/Ziel. Die Sonne wechselt sich mit dem Schatten der Bäume ab, als würden sie auch gegeneinander ein Rennen fahren. Jetzt wieder einen späten Bremspunkt setzten für die «Sainte Devote». Der Lotus 87 macht seine Sache hier gut. Schon beim Debüt des 87er stand Nigel Mansell auf Startplatz drei. Ich fliege von der Pole-Position aus dem Ziel entgegen und der Lotus 87 aus der ChromeCars «Black and Gold Collection», in der 80er Jahren im-mer knapp am Podium vorbei geschrammt, kommt heute mit einem Sieg in Monaco zu seinen späten Lorbeeren. Für mich ist das Ganze, nach all dem Theater vom letzten Jahr, sehr emotional,. Dieses Jahr genieße ich den reinen Motorsport ohne Querelen neben der Strecke. Dann kommt mir in den Sinn, dass ich exakt vor 30 Jahren hier den Formel-3-Grand Prix gewonnen habe, welch ein Jubiläum! Zum Schluss rolle ich auf Start/Ziel direkt vor die «1» aus, um die Siegerehrung zu genießen. Jetzt sind wir nach der kleinen Zeitreise wieder in der Gegenwart, ist doch jetzt die ganze Zeremonie wie in der modernen Formel 1. Das war ein «Trackday» der besonderen Art, und so werde ich ihn so schnell nicht wieder genießen können. Ein unvergessliches Erlebnis!
Holen Sie sich Curbs #49 mit Marco Werners Trackday bequem nach Hause – direkt über unseren Online-Shop
Fotos: Peter Heil