Der Untergang der NLS

Autor: am Curbs Magazine » Racing » Der Untergang der NLS

Wie geht es nächstes Jahr mit der NLS weiter? Wird der Rennserie endgültig die Tür zugeschlagen?

Nachtigall, ick hör Dir trapsen – ein altberliner Sprichwort, welches die Thematik ins Schwarze trifft. Denn das in der NLS schon seit längerer Zeit etwas schief geht, war allen klar. Das wir zu diesem Punkt kommen, an dem wir heute stehen, war mit Ansage.
Die Zukunft der NLS steht auf dem Spiel, denn wir befinden uns bereits mit der Motorsport-Saison im August und die Teams können immer noch nicht Ihre Strategien und Budgets für 2024 festlegen. Ein großer Skandal in der Motorsportwelt und besonders für alle Teams, für die die Langstreckenmeisterschaft zum Business-Modell gehört und wirklich davon leben müssen. Ich wiederhole nochmal – die Zukunft der NLS steht nach 47 Jahren auf dem Prüfstand, denn aktuell gibt es keine Rennstreckentermine für die Saison 2024.
Wie kam es dazu? Es ist wohl die größte Klatsche, die die NLS in seiner gesamten Motorsportgeschichte einstecken muss. Jahrzehntelang haben alle Veranstalter, Teams Fahrer, Streckenposten und Fans mit Herzblut, Schweiß und Tränen zum Erfolg der Rennserie beigetragen. Sie haben sie mit aufgebaut, optimiert, verändert und weiterentwickelt. Und jetzt verpufft alles innerhalb von Millisekunden?
Die ganze Erfolgsgeschichte der NLS findet 2023 ein Ende? Das kann doch nicht alles gewesen sein. Undenkbar!

Unnötige Machtspielchen
Natürlich waren wir alle erst einmal optimistisch, als man letztes Jahr anfing die gesamte Führungsrige der NLS auszutauschen. Viele hielten diesen Schritt für bitter nötig, damit endlich mal wieder neue Ideen und frischer Wind in die alteingesessene Rennserie kommt.
Ja, so weit so gut. Und jetzt der Kracher?
Wo liegt eigentlich das Problem? Soll nach 47 Jahren erfolgreicher Breitensport jetzt alles einfach aus und vorbei sein? Es ist wohl keinem entgangen, dass die Unzufriedenheit der Teilnehmer und Veranstalter mit der Zeit immer größer wurde. Die gesamte Ausrichtung der Rennserie wurde regelmäßig kritisiert.
Die kleinen Teams wollte man über die letzten Jahre ja sowieso nicht mehr dabeihaben, weshalb man auch einfach V-Klassen strich, und so getan wurde, als wäre es selbstverständlich und bleibe hoffentlich unbemerkt. Bei der technischen Abnahme ereigneten sich jedes Mal Dramen und die Teams mussten jedes Mal, auch wenn sie schon hunderte Male mit demselben Fahrzeug da waren, zittern, ob der Rennwagen es diesmal durch die technische Abnahme schaffen würde. Jedes Mal wurde das Haar in der Suppe gesucht, da ja angeblich der Durchmesser vom Käfig nicht stimmen würde oder die Schraube die falsche Farbe habe. Wie oft, wurden Fahrzeuge nicht an den Start gelassen und wie oft wurde weggeschaut, wenn etwas dann offensichtlich doch nicht mit rechten Dingen zu geht. Ja, darüber soll geschwiegen werden.
Hinzu kommt die gewaltige Kostenexplosion der Nenngelder. Wenn man glaubt, man hat ein gewisses Talent für KFZ-Fahrzeuge, könne dadurch Geld sparen, fährt am Wochenende mal ein bisschen Rennen auf der Nordschleife und dann wieder nach Hause, der hat sich gewaltig geschnitten. Warum? Weil die Anforderungen und Kosten so immens gestiegen sind, dass man sich als Amateur-Motorsportler beim Grillfest mit den Freunden schon fast schämen muss. Und nur, weil der tolle ROWE-Helikopter atemberaubende Aufnahmen macht und mal wieder ein GT3-Team weggebrochen ist? Na ist doch klar, die armen Serienklassen müssen dann halt mehr zahlen und eine Summe von einem Familienurlaub durchs Wochenende blasen. Ohne Sponsoren und Goodwill, kann man hier leider nicht mehr so hemdsärmlig an den „Breitensport“ herantreten.
Dass der Unmut aufgrund solcher Vorfälle natürlich wächst und man da als kleines Team in seiner Freizeit keine Lust drauf hat, ist irgendwie logisch. Die Party muss natürlich auch einer bezahlen. Und das ein GT3-Team selbstverständlich mehr Geld in die Kasse spült als irgendein mickriges Serienfahrzeug, ist auch klar. Doch war das mal der Kerngedanke der Breitensport-Serie? Nochmal: BREITENSPORT!
Und seien wir mal ehrlich, durch den ganzen Trubel, geht es hier schon lange nicht mehr um den Kerngedanken der Rennserie, die 1977 zum ersten Mal als VLN an den Start gebracht wurde. Die Politik, die Machtspiele und all die Befindlichkeiten, rund um die Serie, brachten die beliebte Rennserie und alle Akteure in eine miserable Lage.

Nürburgring Holding GmbH kündigt Verträge mit VLN Sport GmbH & Co. KG
Am 27.06.23 veröffentlichte die Nürburgring Holding GmbH, dass man weder der VLN VV noch der VLN Sport in der Saison 2024 Termine anbieten wird und die bestehenden Verträge teilweise fristlos gekündigt sind. Allerdings können die in 2023 geplanten Rennen noch wie vereinbart, durchgeführt werden.
Ein skandalöses Statement, welches für lange Gesichter und viele Fragezeichen sorgte.
Weiter heißt es, im unterzeichneten Statement von Michael Lemler, Geschäftsführer der Nürburgring Holding GmbH:
„Um den Motorsport-Teams Planungssicherheit zu geben und den Langstrecken-Motorsport im Sinne des Sports, der Aktiven und Anhänger weiterzuentwickeln, sollen auch zukünftig mindestens acht Langstreckenrennen je Saison auf dem Nürburgring stattfinden.“
Okay, also erst kündigt man die Verträge und dann aber soll es aber doch mindestens acht Rennen geben? Das muss man erst einmal verstehen. Und auf diese Aussage sollen wir uns jetzt verlassen, ja? Tick, tack, tick, tack.
DIE ILN (Interessengemeinschaft Langstrecke Nürburgring) ist die Stimme der Teams und Fahrer und arbeitet mit Hochdruck an der Umsetzung der Interessen:
„Die aktuelle Situation rund um die Nürburgring Langstrecken-Serie und die Diskussionen über die zukünftige Gestaltung des Motorsports auf der Nordschleife ist aus Sicht der ILN als Interessenvertreterin der Teams und Teilnehmer sehr unbefriedigend: Allerorten herrscht große Verunsicherung darüber, wie es weitergehen wird.“
Doch wie sollen die Teams eine kommende Saison ohne Sicherheit planen? Eine kleine Aussage reicht da leider nicht.
„Unsere Akteure benötigen aber so schnell wie möglich Planungssicherheit für die kommende Saison und darüber hinaus. Angesichts der Menge der zu klärenden Fragen und Problemstellungen – vom Reglement bis hin zur organisatorischen Umsetzung – hegen wir ernsthafte Zweifel, dass innerhalb der kommenden zwei Monate belastbare Antworten und Lösungen für die Einführung einer neuen Serie unter einem neuen Dach gefunden werden können.„


Weiter heißt es in dem Statement der ILN:
„Auf der Nordschleife gibt es keinen Platz für zwei konkurrierende Rennserien im Langstreckenbereich. Dafür ist die ILN derzeit auf verschiedenen Ebenen mit praktisch allen handelnden Parteien in intensiven Gesprächen. Ziel muss es sein, dass es auch in Zukunft für die Teams und Fahrer mit einer ähnlichen Anzahl an Rennwochenenden und Fahrzeiten auf der Strecke weitergeht. Ganz gleich, welche Konstellation langfristig das Zepter in die Hand nimmt: Sie muss es in sportlicher wie organisatorischer Sicht richtig machen. Und dies von Beginn an.“ Fragt man den aktuellen Geschäftsführer der VLN Sport GmbH Mike Jäger, wie es in der Saison 2024 nun weitergehen soll, blickt er optimistisch in die Zukunft:
„Es ist nicht im Sinne unserer Gesellschafter, das Ruder der Serie, die sie in den vergangenen 47 Jahren mit jeder Menge Enthusiasmus und Herzblut aufgebaut haben, vollständig aus der Hand zu geben“, sagt Mike Jäger. „Vielmehr sehen wir unsere Zukunft darin, die Serie künftig wieder unter eigener Regie durchzuführen, wie es bereits erfolgreich bis einschließlich 2016 der Fall gewesen ist.“
„Es wird 2024 eine NLS geben, die von der VLN Sport GmbH ausgerichtet wird.“
Mike’s Worte gehen hoffentlich in Erfüllung. Wann wir mit einer Entscheidung für die Zukunft der NLS rechnen dürfen, ist unbekannt. Und irgendwie hat die Saison 2023 nun auch einen bitteren Beigeschmack. Fahrzeuge verkaufen oder hoffen, dass alles wieder gut wird. Ich sage ja immer wieder – Schwimmen wäre einfacher, löst bei uns Motorsportlern aber leider keine Faszination und Leidenschaft aus…