Hallo, wie geht´s, Dr. Thomas Bscher?

Autor: am Curbs Magazine » Heads » Hallo, wie geht´s, Dr. Thomas Bscher?

Klaus Jürgen Pfeffer traf für CURBS Dr. Thomas Bscher in seiner Villa in Köln-Marienburg, in einem Besprechungszimmer, in dem alle vier Wände vom Boden bis zur Decke gefüllt sind mit seinen Pokalen und Erinnerungen an seine großen Erfolge

Nürburgring 1996: Zielankunft des McLaren F1 GTR von Thomas Bscher/ Peter Kox
Nürburgring 1996: Zielankunft des McLaren F1 GTR von Thomas Bscher/ Peter Kox

CURBS: Wann haben Sie das erste Mal die Liebe zum Rennsport entdeckt?
Dr. Thomas Bscher: Mein erstes historisches Auto aus Begeisterung war ein 550 Spyder, meine historische Lizenz hatte die frühe Nr. 70. Der Spyder war kein Rennauto gegen damalige Lola, Lotus 15 etc. Ich habe ihn restauriert und ans Werk verkauft, heute noch steht er dort.
Dann ging es ganz langsam sachte weiter mit AC Cobra, auch nicht geeignet für Rennen, dann ein Cooper Monaco, den ich jahrelang gefahren bin. irgendwann kam ich aus Freude zu Maserati: Der Erste war ein 300 S von einer Auktion in USA 1986, danach hatte ich Maserati gesammelt.
CURBS: Wann kam der erste Einstieg in den Rennsport?
Dr. Thomas Bscher: Der nächste Sprung, da war ich schon auf verantwortungsvollem Posten im Beruf, war 1992 ein Maserati Barchetta, den ich für meine Sammlung haben wollte. Maserati wollte mir das Auto nicht verkaufen, weil nur 15 Stück gebaut würden für eine Monomarca-Meisterschaft. Es ging nur um sechs Rennen, immer am Wochenende – ok, das gefi el mir und wir wurden uns einig. Ich wollte ihn professionell betreuen lassen – auf einer Liste war der erste Betreuer ein mir nicht unbekannter Name – Carlo Facetti!
Er sollte meinen Wagen betreuen! Er wollte aber wegen seiner italienischen Reputation zwei Spitzenfahrer sowie zwei „normale“ Fahrer mit vier Autos einsetzen! Ich sollte erst einmal zeigen, was ich konnte, denn ich hatte ja keine Erfahrung! In Varano sollte der Test sein – Bscher gefiel! Facetti meinte so, das geht schon! Von den von ihm gewünschten Top-Fahrern kam keiner – letztendlich war ich auch noch von den vier getesteten Fahrern der Beste!
CURBS: Wann kam der erste Erfolg?
Dr. Thomas Bscher: Ich wurde im ersten Jahr Zweiter – Erster war John Nielsen, eingesetzt vom dänischen Importeur – leistungsmäßig Lichtjahre von uns entfernt. Für den zweiten Platz gab es damals 60.000 DM Preisgeld, der Sieger bekam einen Maserati Shamal.
Nielsen wollte unbedingt meine 60.000 DM und gab mir dafür seinen Shamal! Im nächsten Jahr hatte ich Nielsen bei Honda für GT-Rennen untergebracht, somit konnte er nicht alle Rennen mitfahren. Letztlich gewann er doch wieder, aber sehr knapp. Ich wurde in der Meisterschaft wieder Zweiter. Mit den Preisgeldern konnte ich wieder meine Rennkosten abdecken.
CURBS: Wann ging es denn dann los mit dem McLaren F1? Wie habt Ihr Euch vorbereitet?
Dr. Thomas Bscher: Im Winter 1993 rief mich John Nielsen dann ohne Hauptsponsor an – er fuhr damals für Walkinshaw – und wollte mit mir Langstrecke fahren mit seinen eigenen Sponsoren, die er ansonsten verlieren würde. Da kam erstmals der Por-sche 968 für Le Mans ins Spiel!
1994 hatten wir einen Porsche 968 erworben als Vorbereitung für die 1995er Saison mit McLaren F1 GTR. Lindsay Owen-Jones wollte unbedingt Le Mans fahren und wir hatten uns auf eine Teilnahme mit ihm geeinigt. Unser Start war schon zu Anbeginn in Frage gestellt, die Zylinderkopfdichtung brannte immer durch, der Wagen war gebaut für Stundenrennen, nicht aber für 24 h. Wir haben die Leistung runtergesetzt auf 240 PS, wie das Straßenauto. Da lagen wir schon an 28. Stelle, als Owen-Jones leider nachts mit Unfall ausschied – von 45 Autos an 28. Stelle liegend, gar nicht mal so schlecht.

Sieger-Pose: Bscher sammelte bei einem OGP einmal 14 Pokale
Sieger-Pose: Bscher sammelte bei einem OGP einmal 14 Pokale
CURBS: Aber dann wurde es 1995 ernst?
Dr. Thomas Bscher: Ich kannte Ron Dennis persönlich und ebenso wie Ray Bellm hatte ich ihn bereits Ende 1992 gefragt, ob ich den McLaren F1 von ihm als Rennauto für GT-Rennen bekommen könnte. Die Ant-wort war ein ganz klares „No, only over my dead body“. Der Verkaufserfolg der Straßenwagen hielt sich aber in sehr engen Grenzen, mehr als 65 Autos sind tatsächlich nie gebaut worden. Insofern habe ich nicht nachgelassen, nachzufragen, da auch Gordon Murray das Rennprojekt sehr stark unterstützte.
Schließlich machte Ron Dennis Ray Bellm und mir ein exklusives Angebot: Wir sollten jeweils ein Auto zu einem exorbitant hohen Preis erhalten mit der Zusage von McLaren, dass nie wieder in der Geschichte dieser Firma ein Wettbewerbsauto auf GT Basis entstehen würde. Da sagte ich zu Ray Bellm, dass wir dann zwar das Auto, aber keinerlei Ersatzteilversorgung hätten. Diese Option war in Wirklichkeit gar keine.
In einem weiteren Treffen mit Ron bat ich ihn um seine Einschätzung: wie viele 956/962 hat wohl Porsche für private Teams produziert ? Seine Antwort war „vielleicht 30“, es waren aber 165 zuzüglich einem umfangreichen Ersatzteilgeschäft, da hat Ron wirklich angefangen nachzudenken. Die Entscheidung fiel noch während des GP von Frankreich in 1993. Für 1995 hatten wir einen McLaren F1 GTR.Plötzlich war nichts mehr historisch, jetzt wurde es ernst!
CURBS: Wie ging es mit den Erfolgen nun weiter? Ich denke, fast jeder kann sich noch an Ihre zahlreichen Erfolge erinnern!
Dr. Thomas Bscher: Wir wurden immer erfolgreicher: 1995 haben wir die „BPR Global Endurance Championship“ gewonnen und sind 1996 noch Zweiter geworden. Ab 1997 wurde die Meisterschaft von den professionellen Werksteams Mercedes, BMW McLaren und Porsche dominiert. Trotzdem konnten John und ich zwei dritte Plätze (Hockenheim und Helsinki) belegen und unser privates Team Gulf Team Davidoff hat das Porsche Werksteam in der Jahreswertung 97 schlagen können.
Silverstone 1995: Dr. Thomas Bscher bereitet sich für seinen Einsatz vor
Silverstone 1995: Dr. Thomas Bscher bereitet sich für seinen Einsatz vor
CURBS: An Ihren Rennwagen änderten sich oft die Sponsorenfarben?
Dr. Thomas Bscher: Seit 1995 war Reemtsma mit der Zigarettenmarke „West“ mein persönlicher Sponsor. Die Global GT-Serie fuhr weltweit, also auch in Märkten in denen „West“ nicht aktiv war. In Japan und China fuhren wir von Anfang an die ebenfalls zu Reemtsma gehörende Marke „Davidoff“. Durch den mit uns erreichten Erfolg entschloss sich der Vorstand von Reemtsma mit „West“ in die Formel 1 zu McLaren zu gehen. Da Ron Dennis nicht wollte, dass ein Kundenteam den gleichen Sponsor wie das Werksteam hat, führten wir von diesem Moment an nur noch „Davidoff“. Zu Saisonbeginn 1997 hatten Ray Bellm (Gulf) und ich (Davidoff) unsere Teams unter der Leitung von Michael Cane zusammengelegt (Gulf Team Davidoff)
CURBS: Welche Siege sind hervorzusehen mit welchen Partnern?
Dr. Thomas Bscher: Die ersten Siege sind sicherlich die schönsten: das waren 1995 die Siege in Monza und Donington zusammen mit John Nielsen. In Monza habe ich insgesamt viermal (dreimal mit John Nielsen) hintereinander gewonnen und bin laut Aldo Zana‘s Buch „The Monza 1000 km“ alleiniger Rekordhalter. Besonders der letzte Sieg in Monza gemeinsam mit Geoff Lees in 1998 ist mir im Gedächtnis geblieben: Vor dem Rennen waren uns gegen die Ferrari 333 SP Prototypen wenig Chancen eingeräumt worden. Es war ein fantastisches Rennen.
CURBS: Wo gab es außer Monza noch hervorzuhebende Erfolge?
Dr. Thomas Bscher: Der wohl wichtigste Erfolg meiner ganzen Karriere war in 1995 der zweite Platz im 1000 km Rennen in Suzuka. Ich kam schon gesundheitlich angeschlagen in Japan an. Die Temperaturen im August erreichten bis zu 40° aber das Schlimmste war die hohe Luftfeuchtigkeit. Die Verhältnisse im Auto waren unerträglich: Stundenlang Sport in einer Sauna und ich dachte, der Kopf platzt. Gestandene Rennfahrer hatten während des Rennens aufgegeben. Das hätte ich am liebsten auch getan, aber wir kamen mit kleinem Vorsprung als Führende in der Meisterschaft nach Japan.
Zweitplatziert war Ray Bellm‘s GTC-Team. Die waren für das Rennen besser vorbereitet: Sie fuhren mit einem zusätzlichen japanischen Fahrer in Kühlanzügen (!) zu dritt und haben das Rennen auch gewonnen. John und ich wurden letztendlich doch noch Zweiter und hatten die Führung behauptet. Bei der Preisverteilung, vor zig-tausend Zuschauern und unter einem riesigen Feuerwerk, liefen uns beiden die Tränen herunter. Nie wieder war ich in meinem Leben so fertig wie an diesem Abend.
CURBS: Was geschah dann im Jahre 2000?
Dr. Thomas Bscher: Ende 1999 war der Sponsor-Vertrag mit Davidoff zu Ende. Für 2000 hatte ich Marlboro als Sponsor, hatte aber sportlich kein besonders erfolgreiches Jahr. Immer mehr bemerkte ich einen beginnenden Bandscheibenvorfall, der mich letztlich zwang, Rennen mit Prototypen und damit verbündenden hohen G-Kräften aufzugeben. Ich vereinbarte mit Marlbo-ro unsere Vertragsauflösung und fuhr nur noch historisch.Das war sehr schade, denn der damals überaus beliebte Audi Sportchef Dr. Wolfgang Ulrich hatte mir für das kommende Jahr einen R8-Werksauto in Aussicht gestellt.
CURBS: Wie kam es dann zum Übereinkommen mit BUGATTI?
Dr. Thomas Bscher: Zu Beginn des Vertrages zwischen BMW und Mclaren bezüglich des F1 waren Bernd Pischetsrieder und Wolfgang Reitzle die führenden Vorstände von BMW. Schon in 1995 hatte ich bei Dr. Reitzle das F1 GTR-Projekt vorgestellt und eine persönliche Unterstützung von BMW für den Renneinsatz erhalten. Während des Le Mans 24 h Rennens 2000 besuchte mich Herr Pischetsrieder in der Box – „Wie, Sie hören auf? meinte er ganz erstaunt. „Ein Leben ganz ohne Autos geht doch für Sie wohl gar nicht.“ In dem Moment war bereits klar, dass er als Vorstandsvorsitzender zu VW gehen würde. Insofern sagte ich, dass ich mir eine Aufsichtsratsposition bei einer Marke wie Bentley gut vorstellen könnte. Drei Jahre später rief er bei mir an: „…es ist nicht Bentley sondern Bugatti, und wir brauchen keinen Aufsichtsrat sondern einen, der es macht.“
CURBS: Und was machen Sie heute?
Dr. Thomas Bscher: Keine Autorennen und auch keine Rennwagen mehr! Aber es gibt im Haus immer einen Sportwagen: zurzeit einen Ferrari GTC Lusso T. Seit Jahren fahre ich Hochsee-Segelregatten, das ist ein wunderbarer Teamsport. Auf „Open Season“ hatten wir viele Erfolge. Darüber hinaus saniere und restauriere ich vornehmlich das Kölner Stadtbild mit prägenden Denkmalobjekten. Das soll mich auch in die Zukunft begleiten.
CURBS: Herzlichen Dank, Herr Dr. Bscher, für Ihre Zeit! Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft!
Fingerzeig auf seine Zeit mit den BMW-Einsätzen
Fingerzeig auf seine Zeit mit den BMW-Einsätzen

Holen Sie sich Curbs #57 mit der dem Thomas Bscher Interview bequem nach Hause – direkt über unseren Online-Shop

Fotos: Karsten Arndt, Klaus Jürgen Pfeffer, Martin Lee, Helmut Wittwer/ Archiv Nils Ruwisch, Jochen von Osterroth