Bestes „Pferd“ aus diesem Stall

Autor: am Curbs Magazine » Cars » Bestes „Pferd“ aus diesem Stall

F1-Arrows A 10 B-Megatron, Chassisnummer 03, 1988, Ex-Derek Warwick/Eddie Cheerer

Chassis-Nummer „03“, hier mit Marco Werner im Cockpit in Hockenheim

Es war und ist eine besondere „Spezialität“ der britischen Formel-1-Marke Arrows, in 15 langen Rennjahren nicht einen einzigen Grand Prix gewonnen zu haben. Kein anderes Formel-1-Team blieb in so langer Zeit so relativ erfolglos – 382 Grand Prix-Rennen ohne Sieg markiert den Rekord unter den Formel-1-Rennställen, die nie gewannen. Gemessen daran hielten die beiden gewieften Teamchefs von der britischen Insel in dieser Zeit, der ehemalige Formel-1-Pilot Jackie Oliver von 1978 bis 1995 sowie der ehemalige Rennfahrer und spätere Teamchef der Jaguar-Aktivitäten im Tourenwagensport in den 80er Jahren und in der Gruppe C, Tom Walkinshaw, Arrows-Teamchef von 1996 bis 2002, die Marke geschickt und bemerkenswert lange im Formel-1-Geschäft. Zwar waren die Arrows-Konstruktionen immer wieder einmal auch schnell genug für die Top 6 der Qualifyings, ja sogar für die erste Startreihe, aber für Siege steckte dann zu sehr der Teufel in Details, oder es fehlte einfach noch das letzte Quentchen Glück.


Die „Geburtswehen“ des Teams Arrows – mit den Anfangsbuchstaben der Firmengründer Franco Ambrosio, Alan Rees, Jackie Oliver, Dave Wass und Tony Southgate im Namen – wurden 1977 durch eine schwerere Krise im Shadow-Formel-1-Team ausgelöst, infolge derer Alan Rees, Jackie Oliver, Dave Wass und Tony Southgate jenen Rennstall verließen. Dabei nahm Konstrukteur Southgate einfach auch seine Pläne für das 78er Auto mit, die er als sein geistiges Eigentum betrachtete, und das dann Anfang 1978 als optische Beinahe-Shadow-Kopie unter der Typenbezeichnung Arrows FA 1-Ford Cosworth DFV erschien. Shadow klagte in dann laufender Saison gegen Arrows, die Gerichte gaben Shadow Recht, und Arrows musste danach innerhalb von 52 Tagen ein neues Chassis bauen, das wurde auch noch 1978 der Arrows A 1.


Mit dem FA 1 hatte die neue Marke die Saison 1978 furios begonnen, im erst zweiten Grand Prix für die Marke überhaupt hatte der sehr talentierte, italienische Jungstar Riccardo Patrese im südafrikanischen Kyalami von der 27. bis zur 63. Runde geführt, ehe er mit Motorschaden ausgefallen war. Nach zwei guten sechsten Plätzen in den Grands Prix USA West in Long Beach und Monaco war er dann Zweiter im Grand Prix Schweden in Anderstorp geworden, erste Podiumsplatzierung für Arrows innerhalb von fünfeinhalb Monaten! Auch mit dem A 1 kam er noch zu weiteren WM-Punkten als Vierter des Grand Prix Kanada in Montreal und belegte in der WM-Schlusstabelle den elften Platz, Arrows in der Konstrukteurs-WM den neunten von 14 Herstellern.

Allerdings kam Arrows dann für eine sehr lange Zeit über das Niveau von Mittelfeld-Platzierungen in den Schlusswertungen der Konstrukteurs-WM nicht mehr hinaus. Der von Tony Southgate und Dave Wass gezeichnete „revolutionäre“ A 2 für 1979 ohne Front- und mit sehr niedrigem Heckflügel erwies sich sogar prompt als krasser Fehlschlag. Auch die spätere Anhebung des Heckflügels brachte das Auto mit den Fahrern Riccardo Patrese und Jochen Mass kaum weiter nach vorn, die Punkteausbeute 1979 blieb sehr dünn. Etwas besser lief es mit dem A 3 1980/81 mit wieder vergleichsweise konventioneller Aerodynamik, aber Ende 1980 hatte Tony Southgate das Team verlassen, nun trug Dave Wass für einige Jahre die Design-Verantwortung allein.


In jener Zeit mit den Cosworth-Saugmotoren blieb es der Fahrer Riccardo Patrese, der das Team gelegentlich auch schmeichelhaft aussehen ließ. 1980 war er bereits Zweiter des Grand Prix USA West in Long Beach gewesen. Gleich beim Saison-Auftakt 1981 stellte er den Arrows A3, wieder in Long Beach, im Qualifying auf die Pole Position – das blieb die einzige Arrows-Pole Position überhaupt – und führte nach dem Start 24 Runden vor dem Williams-Duo Carlos Reutemann und Alan Jones, bis er mit Benzinzufuhrproblemen aufgeben musste. Im Grand Prix von Brasilien in Rio de Janeiro wurde er aus zweiter Startreihe heraus Dritter, ehe er im Grand Prix San Marino in Imola noch einmal den Ehrenplatz schaffte, nur 4,5 Sekunden hinter Nelson Piquet im Brabham-Ford. Patrese verließ allerdings Arrows Ende 1981 in Richtung Brabham.


In den Jahren 1981 bis 1983, als zunehmend weitere Teams nach Renault bereits 1977 auf Turbo-Motoren umstellten, geriet auch Arrows weiterhin mit Cosworth-Saugmotoren in punkto Motorleistung natürlich deutlicher ins Hintertreffen. Es gelang dann aber Arrows-Teamchef Jackie Oliver mit den Millionen seines neuen Hauptsponsors „Barclay“ im Rücken, ab 1984 auch jenen von BMW-Ingenieur Paul Rosche entwickelten, im Renntrimm rund 650 bis 700 PS starken BMW M 12/M 13-Vierzylinder-1,5-Liter-Turbomotor an Land zu ziehen, mit dem der Brasilianer Nelson Piquet im Jahr zuvor im Brabham BT 52 Formel-1-Weltmeister geworden war.

Allerdings war Arrows ganz offenkundig nicht Brabham – während Nelson Piquet 1984 als Fünfter der Fahrerweltmeisterschaft im Brabham-BMW Turbo noch die Grands Prix Kanada in Montreal und USA Ost in Detroit gewann sowie Zweiter des Grand Prix Österreich und Dritter des Grand Prix Europa wurde, schafften der Belgier Thierry Boutsen und der Schweizer Marc Surer nach zahlreichen Ausfällen als Fünfter und Sechster des Grand Prix Österreich im Arrows A 7-BMW Turbo gerade einmal drei WM-Punkte zusammen auf diesem Auto…

Derek Warwick 1988: „Ich will WH-Sechster werden und Arrows zu Platz vier bei den Konstrukteuren verhelfen.“

In der Saison 1985 wuchs dann zwar die Zuverlässigkeit der Arrows-BMW Turbo, dafür fehlte es an wirklich konkurrenzfähigem Tempo, Thierry Boutsens zweiter Platz im Grand Prix San Marino in Imola und vierter Platz im deutschen Grand Prix auf dem Nürburgring im Arrows A 8-BMW Turbo blieben für das Team die „Highlights“ des Jahres. Als im Jahr darauf der Deutsche Christian Danner als Sechster des österreichischen Grand Prix den überhaupt einzigen Arrows-WM-Punkt des Jahres holte, war ein vorläufiger Tiefpunkt erreicht. Designer Dave Wass verließ das Team – und dann zog sich zum Saisonende BMW als Motorenlieferant offiziell aus der Formel 1 zurück. Arrows stand zunächst also auch ohne Triebwerke da, tiefer ging es kaum.

Aber das Blatt wendete sich wundersamerweise. BMW blieb noch nicht so ganz aus der Formel 1 weg, Brabham hatte für 1987 bestellte Aggregate noch erhalten, die dann dort auch weiter unter dem Namen BMW liefen. Und Arrows-Teamchef Jackie Oliver konnte seinen neuen Hauptsponsor, die US-Versicherungsgesellschaft „USF&G“, davon überzeugen, Vorjahres-BMW-Turbomotoren aufzukaufen und sie unter dem Namen einer Tochterfirma „USF&G subsidiary Megatron Inc“ weiterentwickeln zu lassen.

Die technische Betreuung übernahm Heini Mader Racing Components, Mader war ehemals auch Mechaniker der früheren Formel-1-Piloten Jo Siffert und Joakim Bonnier. Megatron-Motoren gingen 1987 dann auch noch an das Ligier-Formel-1-Team. Zudem konnte Arrows als Wass-Nachfolger den jungen, in Manchester geborenen Ross Brawn als neuen Designer verpflichten. Der hatte in den frühen 70er Jahren als auszubildender Ingenieur an der United Kingdom Atomic Energy Authority in Harwell, Oxfordshire, Messtechnik studiert, Stationen diverser Tätigkeiten für Rennwagenhersteller in der Folge waren ab 1976 March, wesentlich als Mechaniker, ab 1978 Williams, sehr bald dort Aerodynamiker im teameigenen Windkanal, und danach das Designstudio FORCE, das die Formel-1-Wagen des US-Teams Haas für 1985/86 entwarf.


Mit dem von ihm verantworteten Typ A 10-Megatron kehrte Arrows dann 1987 mit dem Briten Derek Warwick und dem US-Amerikaner Eddie Cheever hinter den Lenkrädern wieder in eine zunächst noch bescheidenere Erfolgsspur zurück, insgesamt standen auch sechs Platzierungen in den WM-Punkterängen vier bis sechs zu Buche. Da aber in der Folgesaison 1988 auch mit Benetton, Ligier und Williams im Hinblick auf das ab 1989 gültige Formel-1-Reglement ohne Turbomotoren bereits mit 3,5-Liter-Saugmotoren antraten, rückten Warwick und Cheever im Arrows A 10 B-Megatron, seitens Ross Brawn in punkto Radaufhängungen und Aerodynamik noch einmal überarbeitet, dann auch aufgrund des Turbo-Leistungsvorteils von rund 60 bis 70 PS gegenüber dem Ford Cosworth DFZ-Sauger doch deutlich besser ins Rampenlicht. Mit vier vierten, zwei fünften und einem sechsten Platz sammelte Derek Warwick 17 WM-Punkte – davon sieben mit der auf diesen Seiten präsentierten Chassis-Nummer 03 (siehe auch Tabelle „Sportliche Resultate“) – und wurde Achter der Fahrerwertung. Eddie Cheever, der als Dritter im italienischen Grand Prix in Monza noch einmal für Arrows einen Podiumsplatz ergatterte, wurde mit sechs WM-Punkten Elfter.


In der Konstrukteurswertung erreichte Arrows mit Platz fünf die beste Platzierung in der Firmengeschichte, ein solches Performance-Niveau wurde auch in der Folge nicht mehr erreicht.

__________________________________________________

Technische Daten

Arrows A 10 B-Megatron, 1988

Motor
Megatron-BMW-Reihenvierzylinder, Motorblock aus Gusseisen, Aluminium-Zylinderkopf, mit Garrett-Turbolader
Bohrung/Hub: 89,2 mm x 60.0 mm
Hubraum: 1.499 ccm
Ventile pro Zylinder: 4
Ventilsteuerung: DOHC,
zahnradgetrieben
Verdichtung: 7,5:1
Trockensumpfschmierung
Gemischaufbereitung: Kugelfischer-Benzineinspritzung
Zündung: Bosch
Leistung: 650-700 PS bei 10.500/min

Kraftübertragung
Hewland-Sechsganggetriebe
Heckantrieb

Fahrwerk | Chassis
Chassis: Monocoque aus Kohlefaserverbundwerkstoff
Aufhängung vorn/hinten: Doppelquerlenker, Schraubenfedern, Penske-Stoßdämpfer, Stabilisatoren
Rad-Dimensionen vorn/hinten: 13 x 11,7/13 x 16,3
Lenkung: Zahnstangenlenkung
Bremsen: AP Racing carbon ceramic discs

Abmessungen | Gewichte
Radstand: 2.743 mm
Spur vorn/hinten: 1.803 mm/1.625 mm
Leergewicht: 540 kg
Tankinhalt: 150 Liter