Durch die Monegassen
Grand Prix de Monaco Historique 9. bis 14 Mai 2014
Der Aufpasser vor der Dachterrasse samt Schwimmbad des Fairmont Hotels in Monaco ist so kurz wie Danny DeVito, aber breit wie Klitschko – er füllt die Tür nahezu vollständig aus. Und weil körperliche Präsenz nicht alles ist, wird er unterstützt von drei nicht weniger rigorosen, aber optisch doch weitaus appetitlicheren Damen am Counter, die (je) dreimal checken, ob man auch berechtigt ist, den „holy ground“ in luftiger Höhe zu betreten. Wohlgemerkt nicht, weil man das Badewasser verunreinigen könnte – nein, der Grund ist ein ganz anderer. Denn fleißige Helfer haben dort oben eine Tribüne errichtet und auf der Balustrade ein paar Kissen platziert, für bequemes Beobachten des Monaco Historic Grand Prix. Von hier blickt man auf eine der berühmtesten Rennstreckenkurven, die „Grand Hotel Hairpin“. Und was man dort sehen kann, stammt aus dem obersten Regal: Vorkriegsrenner und GP-Autos bis 1939 (Serie A), Grand Prix- und Formel 2-Autos von vor 1961 (Serie B), Sports Racing Cars von 1952 bis 1955 (Serie C), 1,5-Liter-Grand Prix-Wagen von 1961 bis 1965 (Serie D), Formel 1-Renner von 1966 bis 1972 (Serie E), Formel-1-Boliden ohne Ground-Effect-Technik von 1973 bis 1978 (Serie F) und Formel-3-Zweiliter-Autos von 1974 bis 1978 (Serie G).
Während die armen Monegassen – jedenfalls diejenigen, die nicht über Sänftenträger, Hubschrauber oder ähnlich hilfreiche Dinge verfügen, um ihre Domizile zu erreichen – wegen der Vollsperrung der Innenstadt in kilometerlangen Staus in ihren Autos sitzen und braten, genießen die Einwohner mit Balkonblick sowie die Zuschauer mit Eintrittskarte die Rennen mit exzellentem Starterfeld. Schade, dass sich das Feld schon bei den Trainings und Qualifyings selbst dezimierte – am schlimmsten erwischte es John Goodman: Im ehemaligen Regazzoni- und Ickx-Ferrari 312 B2 kollidierte er auf der Start- und Zielgeraden mit einem überrundenden March und knallte in die Leitplanken. Nicht viel besser ging der Unfall von Peter Hug mit seinem Ralt RT1-Toyota aus, den einst Nelson Piquet fuhr. Oder Chris MacAllister in seinem Lotus 49: Der Brite rutsche mit dem Siegerauto des Grand Prix von Holland im Jahre 1967 (Ex-Pilot unter anderem Jo Siffert) von der Strecke. Zum Glück passierte allen Fahrern nichts – aber es hat wieder einmal gezeigt: Die engen „Mone-Gassen“ mit einer Länge von 3,34 Kilometern verzeihen keine Fehler.
Keinen Fehler machte Matthew Grist, der mit seinem Alfa Romeo Tipo B (P3) von 1934 das Rennen der Klasse A vor Paddins Dowling und Nicholas Topliss (jeweils auf einem superschnellen ERA A und B) und vor diversen Bugatti (unter anderem einem T 37, ein ehemaliges Chiron-Auto) und einem Riley gewann. Die Serie B entschied Roger Wills auf Cooper T51 (Climax) von 1959 für sich, aber der deutsche Rennfahrer Frank Stippler (unter anderem Entwicklungsfahrer der Audi Quattro GmbH, 2013 FIA-GT-Vizemeister) raste mit einem 58er Maserati 250 F (Piccolo) auf den zweiten Platz vor Tony Wood im Tec-Mec 250 F-F1 (1959). Dabei waren die Voraussetzungen für die gute Platzierung nicht optimal: Wegen einiger Defekte am letzten gebauten Maserati-Monoposto musste er auf ein Zeittraining verzichten. Als er in der letzten Rennrunde in der „Rascasse“ von Wood attackiert wurde, wehrte er sich erfolgreich und verteidigte die Position.
Ein weiterer bekannter Name aus internationalen Rennläufen gewann die Serie C: Alex Buncombe sicherte sich im Jaguar C-Type von 1952 vor John Ure (Cooper Bristol T24) und Frederic Wakeman (Cooper T38) den ersten Platz. Buncombe ist nicht nur Blancpain-Langstrecken- und FIA-GT-Profi, sondern auch ein erfahrener Classic-Car-Racer. Er ließ in dem riesigen Feld von fast 40 Autos Konkurrenten auf Ferrari, Maserati, Allard, Frazer Nash, Lister, Connaught, Aston Martin und Veritas hinter sich.
Bei den Eineinhalb-Liter Autos setzten sich zwischen Brabham, Lola und de Tomaso Andy Middlehurst im Lotus 25-Climax auf Platz eins durch, gefolgt von Sidney Hoole (Cooper T 66-Climax) und Tommaso Gelmini (Scirocco-BRM). Ein Novum in der Geschichte des bislang neun ausgetragenen Monaco Historic war die japanische Nationalhymne bei der Siegerehrung der Serie E: Erstmals konnte sich ein Japaner bis zu Platz eins durchsetzen, und zwar Katsu Kubota auf einem Lotus 72 von 1971. Genauso interessant: Der Japaner sorgte dafür, dass dem elfmaligen Monaco-Meister Duncan Dayton nur Platz zwei blieb. Der Chef des Rennstalles Highcroft (er gewann mehrere US-Meisterschaften mit Le-Mans-Prototypen und setzte auch schon den Nissan Deltawing ein) konnte Kubota mit seinem Ex-Stommelen-Auto, dem Brabham BT 33, nicht mehr einholen. Dritter wurde Robert Hall auf Matra MS 120 B von 1971.
Der Japaner sorgte dafür, dass dem elfmaligen Monaco-Meister Duncan Dayton nur Platz zwei blieb
Die schnellsten Tempi erreichten die Formel 1-Renner von 1973 bis 1978, bei denen sich unter Surtees, McLaren, Fittipaldi, Tyrrell, Penske Shadow, Trojan und Brabham der erst 23 Jahre alte Michael Lyons im 77er Hesketh 308 W mit satten 50 Sekunden Vorsprung durchsetzte. Auf den Plätzen: Charles Nearburg im March 761 B und Nick Padmore im Williams FW 05. Das letzte Rennen, die Serie G (historische Formel 3), entschied ein – zumindest in Italien – berühmter Mann für sich: Nudelkönig und Le-Mans-Sieger Paolo Barilla auf Chevron B34, gefolgt von Valerio Leone (March 783, 1978) und Oliver Hancock (Lola T670, 1978).
Bei einer den Historic GP begleitenden Auktion wechselte das Auto für mehr als eine Millionen Euro den Besitzer
In zwei Jahren gibt es die zehnte Auflage des Monaco Historic Grand Prix – mit Glück ist dann auch der Brabham BT 20-Repco dabei, mit dem Denny Hulme 1967 den Grand Prix von Monaco gewann: Bei einer den Historic GP begleitenden Auktion wechselte das Auto für mehr als eine Million Euro den Besitzer. Wer aber garantiert wieder dabei sein wird, sind die vielen kräftig gebauten Bodyguards, die dafür sorgen, das nur Befugte hinter die Kulissen von Monaco schauen…