89 Wagen hatten sich für die Strapaze eines 1000-Kilometer-Klassikers, dem 1000km-Rennen auf dem Nürburgring, bei strahlendem Sonnenschein versammelt. Die Groß-Wetterlage, die keinerlei Regen vorsah, galt offenbar am Nürburgring nicht – wen wundert´s? Zum Glück setzte gegen 17.20 Uhr nur Nieselregen ein. Dass ein derartiges Rennen, nur mit zwei Fahrern bestritten, physisch fordernd sein kann, sah man Georg Griesmann an, als dieser an seinen gewichtigeren Bruder Björn übergab. Georg – James-Hunt-Fan mit entsprechendem Helm-Design – hatte wie auch Olaf Manthey, Frank Stippler und Michael Funke seine Bestzeit durch die „grüne Hölle“ bereits in der zweiten Runde markiert. Auf der Pole-Position stand der Porsche RSR von Michael Hess, Frank Stippler und Matthias Wasel, der den eigentlich hier vorgesehenen Platz von Altfried Heger – dem fehlte eine gültige Rennfahrer-Lizenz – eingenommen hatte. Stippler, auch auf dem BMW 2002 seines Vaters und seiner Frau Eve genannt: „Da springe ich aber nur dann ein, wenn Eve und Papa nicht mehr können.“
Frühe Ausfälle aller Art beim 1000km Rennen
Dass Ingo Pütz auf dem Porsche 911 SR von Kersten Jodexnis als Ersatz für dessen Sohn Richard-Sven als vierter Mann neben Robin Chrzanowski und Peter Scharmach einspringen musste, lag an einer „Daumen-Guillotine“, einem Messer, mit dem Richard-Sven die Stiele eines Blumenstraußes für seine Freundin kürzen wollte. Dabei hackte er sich die Daumenkuppe ab. Gegen das Pech des Gesamtsiegers von 2021, Kersten Jodexnis, in diesem Jahr half auch keine Clickversicherung. Nach 19 Runden musste sein anfänglich führender 911 RSR IMSA mit einem Motorschaden abgestellt werden. Den wie vor zwei Jahren beim 1000km-Rennen auf dem Nürburgring klar in seiner Klasse vorn liegenden 911SR erwischte es später. Er erreichte das Fahrerlager samt Scharmach auf einem Abschleppwagen: zerrupfte Kupplung! Bereits in der siebten Runde gab es das erste Tief in der Pütz-Box, denn der RSR von Markus Dünkelmann, Andreas Gülden und Christoph Breuer, Dritter in der Qualifikation, musste abgestellt werden. Nach einem Dreher von Startfahrer Andreas Gülden hatte sich das Gasgestänge ausgehängt. Nach zweimaligem Boxenstopp meldeten sich dann auch noch unangenehme Geräusche vom Getriebe, dem der dritte Gang abhandengekommen war. Nach einem sensationellen Vormarsch vom 54. Auf den 27. Platz des Gesamtklassements innerhalb von vier Runden streikte der Antriebsstrang des Volvo 850 T5 Estate von Startfahrer Klaus Niesen und Helmut Baumann. Da war erst eine Stunde vergangen, als auch der Opel Kadett E GSI von Michael Nolte – immerhin als Erster seiner Startgruppe in die Hatzenbach eingebogen und dann in Führung liegend – mit Lagerschaden ausfiel. Ein ziemlich erkälteter Nolte mit kratziger Stimme: „Mir tut es nur für Tamara leid, weil sie heute nicht fahren konnte.“ Eine kürzere Lebensdauer war nur noch dem Ford Mustang von Klaus Hormes und Wolfgang Schmidt (Getriebeschaden im Training) und dem Manta von Hans-Olaf Beckmann, Peter Hass und Volker Strycek beschieden. Diesem „Kult-Auto“ mit der Heck-Beschriftung „Gott erschuf die Welt aber Adam Opel den Manta“ fehlte noch ein Mechaniker-Satz auf der Haube: „Motorschaden bitte nicht dann, wenn man ihn am wenigsten gebrauchen kann!“
Materialfehler?
Hatte es in der Qualifikation an Abflügen diverser BMW – so auch kurz vor der Breitscheid-Brücke – nicht gemangelt, gab es auch einen auf dem eigenen Öl ausgerutschten Porsche 944 Turbo Cup von drei Eidgenossen. Ihr Ausfallgrund: „Nach einem Pleuelschaden hatte unser Motor keinen Tropfen Öl mehr.“ Das 1000km-Rennen wurde mit weniger Gelb- und Code-60-Phasen begonnen. Jochen Wilms: „Zum Glück war genügend Bindemittel, besonders auf der Ideallinie im Pflanzgarten, eingesetzt worden.“ Wilms plagten dann freilich andere Sorgen. Sein schneller Mitstreiter Christian Dannesberger hatte sich mit Kreislauf-Problemen abgemeldet, und der Alfa Romeo GTAm litt an unerklärlichen Zündaussetzern. Da half auch ein Zündspulen-Tausch nicht weiter. Dazu kam eine Engstelle bei der Spritversorgung. Romeoracing-Chef Markus Niestrath konnte sich auch keinen Reim drauf machen, freilich wäre man sich bei Anbau-Teilen nie sicher, ob sie gut oder echt sind. Nachdenklich kommentierte auch Eve Scheer die Message ihres Schwiegervaters, er sei mit Getriebeschaden ausgefallen. Eve: „Das war ein nagelneues Getriebe!“ Hermann Stippler hatte dann den BMW 2002 an der Strecke stehen gelassen und das Angebot, ins Fahrerlager transportiert werden zu können, gern angenommen. Frank Stippler konnte sich nun ganz auf seinen 911 RSR-Einsatz, der mit einem dritten Rang in der Gesamtwertung belohnt wurde, konzentrieren. Was ihn aber überhaupt nicht gefiel: Das linke Hinterrad hatte fast alle Felgen-Schrauben verloren und einen schleichenden Plattfuß verursacht. Zum Glück ereignete sich dieser Zwischenfall in Boxen-Nähe.
Unwägbarkeiten beim 1000km-Rennen
Dem amtierenden Youngtimer-Champion Chris Rothoff, genannt „the Bitch“, fehlte zunächst sein „Arbeitsgerät“. Nachdem er in Assen mit einem quer stehenden Porsche kollidiert war, besaß sein BMW nur noch Schrottwert. Als Gastfahrer auf dem BMW E36 325i von Helmut Schäfer war er wegen eines Motorschadens kurzfristig arbeitslos. Schäfer besorgte einen fast serienmäßigen Ersatz-BMW, dem natürlich einige PS fehlten. Der Holländer: „Dabei sein ist alles.“ Man gehörte dann zu den 54 Wagen, die die Zielflagge sahen und wurde nach 36 gefahrenen Runden noch Klassen-Dritter. An dritter Stelle im Gesamtklassement rangierte fast bis zur Halbzeit des Rennens der Porsche 993 von Heiko Hammel und Jürgen Rudolph. Rudolph: „Ein etwas verstümmelter Funkspruch lenkte mich kurzfristig ab und schon verpasste ich meinen Bremspunkt.“ Der Porsche schurrte daraufhin an der Leitplanke entlang. Als zwischen Alexander Kolb und Patrick Simon am Kommando-Board die Funkverbindung ausfiel, nutzte Kolb den Helmanschluss zur Getränke-Einnahme – jeweils auf der Döttinger Höhe. Kolb: „Da habe ich gut einen Liter getrunken.“ Unkenrufe, er habe die Verbindung gekappt, um nicht ständig Patricks Kommentare im Ohr zu haben, erwiesen sich als unwahr. Beim Wechsel zu Sohn Vincent wurde die Verbindung durch einen neuen Akku wieder hergestellt. Der 993 von Arne Bast und Kurt Strube schaffte es dagegen kommentarlos in die Top-Ten, gefolgt vom Cup-Porsche des Duos Markus Noelken/ Thomas D. Hetzer.
Claudia Hürtgen: doppelt erfolgreich beim 1000km-Rennen
Zusammen mit Michael Funke hatte Claudia Hürtgen den Porsche 911 RSR von André Kunkel fahrerisch derart verstärkt, dass dieser Wagen aus der Pütz-Garage Gesamt-Vierter wurde. Wie Funke, der ja auch noch traditionell im Morgan Plus 8 zusammen mit Christian Bock und Oliver Louisdor den Klassensieg in der Kategorie über drei Liter heimfuhr, betätigte sich auch Claudia zweifach – in einem reinen Damen-Team. Auf Gaby von Oppenheims BMW 2002, von Norbert Engel mit „Engelsgeduld“ bis ins kleinste Detail bestens vorbereitet, fuhr sie dann auch den Schluss-Turn. Célia Martin, die in Adenau ansässige Französin, absolvierte zwischendrin einen Doppel- „Stint“, und Startfahrerin Gaby frohlockte: „Die ersten Runden waren pures Autorennen und haben unendlich Spaß gemacht.“ Das Damen-Trio war eine Klasse für sich. So auch Ralph Oehme und seine Söhne Niklas, Leonard und Moritz in ihrem Porsche 911 ST. Auf Klassensieg gepolt waren auch die Bajuwaren Peter Oberndorfer und Paul Singer in einem Porsche 924. Michael Wittkes Mittelmotor-Truppe hatte freilich einen Hürdenlauf hinter sich. Ein Kabelbrand in der ersten Qualifikationsrunde hatte mangels Trainingszeit einen Start von hinten erforderlich gemacht. Das Quartett Dirk Bau-mann, Markus Diederich, dessen Sohn Ben Bünnagel und Bens „Kumpel“ Fabio Grosse bewegte sich bereits nach zwei Runden in den Top-Six“ des Gesamtklassements. Beim letzten Wechsel von Ben – der eine Runde früher als geplant reinkam – verlor man zwei Minuten. Fabio war nicht sofort zum Fahrerwechsel da und saß dann unglücklicherweise auf dem Spanngurt, so dass er nur mit viel Mühe von Michael Wittke festgegurtet werden konnte. Das hat vielleicht einen Platz im Gesamtklassement gekostet, aber den Klassensieg hatte man ja fest in der Tasche.
Unerwarteter Nieselregen auf dem Nürburgring
Allen Wetterberichten zum Trotz hatte sich in das sonnige Hoch über dem Nürburgring eine Wolkenmasse geschoben, die sich dann mit Nieselregen entlud. Etwas überhastet ließ Markus Niestrath auf seinen GTAm Regenreifen aufziehen. Vincent Kolb, mit seinem Vater Alexander im Porsche 964 auf dem vierten Platz des Gesamtklassements des 1000km-Rennens unterwegs, hatte nicht nur das Wetterradar konsultiert, sondern profitierte auch von seiner großen Nordschleifen-Praxis. Seine Meinung: „Die Räder bleiben drauf, die Piste ist noch warm.“ So hatten sich auch die Griesemanns entschieden. Jürgen Schumann konstatierte mit seinem leicht saarländischen Dialekt: „Uff der Döttinger Höhe regnet es net mehr. Da machen wir keine Regenreifen drauf, die gehe doch kaputt.“ Auf noch leicht feuchtem Terrain entfachte Olaf Manthey eine Aufholjagd, zunächst 30 Sekunden schneller als Georg Griesemann. Doch mit abtrocknender Piste konnte der kontern und ein weiteres Schrumpfen seines Vorsprungs abmildern. Jürgen Schumann: „Ei, jetzt könnte es in der letzten Runde doch noch ä weng regnen.“ Sein Wort landete freilich nicht in „Gottes Ohr“.
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Fotos: Archiv Nils Ruwisch, Jochen von Osterroth, Historisches Archiv Porsche