Spa Classic – ein Event für sich
„Eau Rouge und Blanchimont gingen immer schon Vollgas”
Es war aber auch beim Spa Classic so, und im August wird er 72. Gemeinsam mit Richard Shaw hatte er für das U2TC-Rennen im 65er BMW 1800 TISA den dritten Startplatz und gemeinsam mit Gary Pearson für das Trofeo Nastro Rosso-Rennen im 60er Ferrari 250 GT SWB den vierten Startplatz erarbeitet. Oliver war unter anderem in der Zeit von 1968 bis 1977 für Lotus, BRM, Mc Laren und Shadow Formel 1-Pilot in 50 Grands Prix und hier von 1978 bis 1995 Teamchef von Arrows/Footwork. Kein Zweifel, das musstest du dir anschauen.
Jackie Oliver war unter anderem in der Zeit von 1968 bis 1977 für Lotus, BRM, McLaren und Shadow Formel 1-Pilot und hier von 1978 bis 1995 Teamchef von Arrows/Footwork
Auf der Tribüne eingangs „Eau Rouge“ kannst du sehen, wie sich die Spreu vom Weizen trennt. Und dort stand auch Jackie Oliver – mit dem unverkennbaren weinroten Jet-Helm – durch die ganze Passage den Berg hoch auf dem Gas, nachdem er im ersten U2TC-Lauf am Samstagmittag vom zweitplatzierten Richard Shaw den BMW 1800 TISA für den Schluss-Turn übernommen hatte. Und wenn sich auch der Rückstand von anfangs etwa 2,5 bis fünf Sekunden auf den seit dem Start führenden Alexander Furiani im 65er Alfa Romeo Giulia Sprint GTA bis zum Flaggenfall noch auf 22 Sekunden erhöhte, hinter Oliver kam auch keiner mehr mit. Der drittplatzierte Dominik Roschmann im Alfa Romeo Giulia Sprint GTA hatte letztlich noch mehr als eine Minute Rückstand auf den englischen „Formel-1-Pensionär“. Und der – Hobby-Sport hin oder her – stieg nach dem Rennen nicht aus und ging einen Cappuccino trinken, sondern erstattete mit verschwitzter Jockey-Figur dem Team noch ausführlichen Rapport über das Fahrverhalten des BMW, malende Handbewegungen, offenbar nicht ganz zufrieden – Alte Schule. „Der BMW ist sehr schnell im Vergleich zu den Cortina Lotus, die konnten wir auf jeden Fall halten“, resümierte Oliver. „Im Vergleich zu den Alfa GTA sind aber rund 250 Kilogramm mehr Homologationsgewicht ein Handikap. Zudem liegen rund 60 Prozent davon auf dem Vorderwagen, und so bauten meine Vorderreifen mehr und mehr ab.“ Irgendeinen Respekt vor der Strecke? „Nein, Spa ist heute doch eine phantastische Rennstrecke. Früher war sie viel länger und unsicherer, aber ‚Eau Rouge‘ und ‚Blanchimont‘ waren auch schon Vollgas-Passagen – im Formel 1.“
Sah „easy“ aus, war es aber wohl nicht? Alexander Furiani, allein fahrender Sieger in diesem Lauf und ein ausgesprochener Experte für historische Alfa Romeo, der zudem in Spa mehrere Kunden-Autos betreute, hatte als Trainingsschnellster (2.58,74 Minuten, als Einziger mit einem Schnitt von mehr als 140 km/h) Richard Shaw im 1800 TISA für einige Runden mit Abständen zwischen zwei und 2,5 Sekunden regelrecht im Genick sitzen. „Ich habe das eigentlich schon voll im Griff gehabt, in den ersten 20 Rennminuten gab es aber ein paar Kurven, wo Shaw schneller war, in anderen war ich besser“, berichtete Furiani. „Aber es war schon unglaublich zu sehen, wie Shaw mit dem BMW umging, vor allem in den Bremszonen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass der BMW rund 40 PS stärker ist. Gegen Rennschluss konnte ich Gas wegnehmen, habe früher geschaltet und bin mit Rundenzeiten um 3.05 Minuten nach Hause gefahren.“ Am Abend in Lauf zwei siegte er gemeinsam mit Frank Stippler noch einmal souverän, David Tomlin/Martin Stretton im Ford Cortina Lotus und Marcus Mahy/George Haynes im BMW 1800 TI lagen 1.52 beziehungsweise 1.57 Minuten zurück. Furiani drehte in beiden Läufen die schnellste Rennrunde.
Der Brite Martin Stretton, Vierter im ersten U2TC-Lauf, gehörte auch in Spa wieder zu den MehrfachStartern. Beim zweiten Event zur Historischen Formel 2-Meisterschaft des HSCC (Historic Sports Car Club) eroberte der Sieger beider Läufe in Hockenheim mit seinem 74er March 742 im Qualifying den dritten Startplatz (2.22,664 Minuten) hinter dem Iren Darwin Smith im 72er March 722 (2.21,664, 178,0 km/h Schnitt) und dem Franzosen Philippe Harper im 77er Ralt RT 1 (2.22,200), mit dem er schon einmal 2012 bei selber Gelegenheit beide Läufe gewonnen hatte. Dieses Trio war rund sieben Sekunden schneller als jeder andere. Der amtierende Meister, der Franzose Robert Simac mit seinem 71er March 712 M, stand als Schnellster der älteren 1600er-Fahr-zeuge auf Startplatz sechs (2.29,655). In dieser Klasse A ging auch der einzige Deutsche im Feld, Klaus Bergs im Brabham BT 36, von Startplatz 13 ins Rennen (2.48,894).
„Ich habe noch ein wenig Umstellungsprobleme nach meinem Formel 3-Einsatz in Donington“, schilderte er
„Ich habe noch ein wenig Umstellungsprobleme nach meinem Formel 3-Einsatz in Donington“, schilderte er. „Ich muss erst wieder das Gefühl für den Formel 2 bekommen und mich wieder an die Schaltkulisse des Fünfgang-Getriebes gewöhnen. Anfangs waren in verschiedenen Kurven meine Drehzahlen noch zu niedrig, die Schikane vor ‚Start-und-Ziel‘ und ‚La Source‘ gehen doch im ersten Gang. Auch habe ich noch etwas Schiss vor der Doppel-Links ‚Pouhon‘, hier musst du im vierten Gang mit 7.000 bis 8.000 Umdrehungen hinein und dannim fünften heraus.“ Als nach zwei Rennläufen zusammengezählt wurde, hatte er dann aber doch durch einen sechsten und einen fünften Platz in der Klasse seine ersten drei Meisterschaftszähler 2014 auf dem Konto. Vorn siegte wie 2012 Harper im Ralt in beiden Heats jeweils vor Stretton und drehte mit 2.21,926 Minuten auch die schnellste Rennrunde. Die Siegerpodien komplettierten nach dem ersten Durchgang der Schwede Bo Warmenius (77er March 76 B) und nach dem zweiten der Monegasse Grant Tromans (78er Chevron B 42). Der amtierende Meister Simac gewann in beiden Läufen die Klasse A .
Das „Spa Classic“ ist inzwischen auch traditionell ein Festival für die Fans von Rennsportwagen und Gruppe 5-Fahr-zeugen. Sowohl Classic Endurance Racing (CER) als auch Group C Racing trugen hier ihr zweites Saison-Event aus – 25 Jahre Rennwagen-Entwicklung für die Langstrecke auf einen Blick. In der CER 1 (Rennsportwagen bis 1971, GT-Fahrzeuge bis 1974) hatten die Briten Neil Primrose und Scott Fitzgerald mit einem Zweiliter-Lola T 210 FVC Pole Position (2.31,224 Minuten, Schnitt 166,7 km/h). Dahinter stellten die Teams von sechs Lola T 70 der Baujahre 1966 bis 1970 nach Rundenzeiten zwischen 2.32,5 und 2.36,6 ihre „Bollermänner“ auf. Im einstündigen Rennen gab es dann einen Doppelsieg solcher Lola-Fahrzeuge, der Belgier Eric de Doncker im T 70 Mk III B siegte allein fahrend mit 14,5 Sekunden Vorsprung vor den Franzosen Yvan Mahe und Richard Mille in einem Schwesterfahrzeug und 2.07 Minuten vor den Schweizern Serge Kriknoff/Marc de Siebenthal im Zweiliter-Lola T 212. Die GT1 holte sich Hans Hugenholtz in einem 65er Ford GT 40.
„Guy ist momentan noch zwischen sechs und acht Sekunden pro Runde langsamer“, meldete Regout. „Aber wir haben eine Kamera im Auto und analysieren nachher, wo er die Zeit verliert. Ich kann ihm dann Tipps im Hinblick auf die richtige Linie geben.“
Die CER 2 wurde vom Franzosen Patrice Lafargue im 79er Zweiliter-Lola T 298-BMW dominiert (Pole Position mit 2.22,495 Minuten, Schnitt 176,9 km/h). Mit dem Schweizer Philippe Scemama im 72er Lola T 290-DFV und Paul Knappfield/Jamie Campbell-Walter im March 76 S-DFV hatte er sogar zwei Dreiliter-Rennsportwagen hinter sich gelassen. Der frühere belgische Langstrecken-Profi Hervé Regout half diesmal zur Abwechslung Landsmann Guy Lauwers in dessen Lola T 297-BMW aus und stellte das Auto auf Startplatz sechs (2.28,596). „Guy ist momentan noch zwischen sechs und acht Sekunden pro Runde langsamer“, meldete Regout.„Aber wir haben eine Kamera im Auto und analysieren nachher, wo er die Zeit verliert. Ich kann ihm dann Tipps im Hinblick auf die richtige Linie geben.“ Lafargue behielt allein fahrend auch im Rennen mit 23 Sekunden Vorsprung über den Dreiliter-March die Oberhand, Dritter wurde der Schweizer Yves Scemama im 76er Zweiliter-Sauber C5 vor Regout/Lauwers. Ebenfalls von einem ehemaligen belgischen Langstrecken-Profi unterstützt, Jean-Michel Martin, siegte der Schweizer Marc de Siebenthal im Porsche 935 in der GT2.
Im zweiten Historischen Gruppe C-Rennen der Saison war erneut kein Kraut gegen den 89er Mercedes C 11 der Briten Gareth Evans und Bob Berridge gewachsen, sie siegten nach 24 Runden mit rund 1.35 Minuten Vorsprung vor dem 90er Nissan R 90 CK der japanisch-spanischen Besatzung Katsu Kubota/Joaquin Folch und rund 1.50 Minuten vor dem 88er Spice SE 88 des allein fahrenden Briten Mike Donovan. Mit 2.14,360 Minuten (187,7 km/h Schnitt) drehte Berridge auch die absolut schnellste Rennrunde des Wochenendes. Die beiden Läufe der Trofeo Nastro Rosso für italienische Rennsportwagen und Granturismo wurden insofern einer gewissen Attraktion beraubt, als gleich nach dem Start zum ersten die beiden Trainingsschnellsten, der 64er Ferrari 250 LM von Carlos Monteverde/Gary Pearson und der 66er Ferrari 275 GTB C von Vincent Gaye, in „La Source“ aneinander gerieten. Während Gaye durch einen Dreher nur bis zum Ende des Feldes zurückgeworfen wurde, war für die Crew des links vorn beschädigten 250 LM die Veranstaltung zu Ende. In der Folge holte Gaye alles aus seinem Ferrari heraus und siegte sogar noch mit 30,6 Sekunden Vorsprung vor Stanislas de Sadeleer/Christian Traber im 65er Bizzarini 5300 GT und 34,7 Sekunden vor Carlo Vögele im 55er Maserati 300 S. Am Sonntag wiederholte Gaye seinen Erfolg mit mehr als einer Minute Vorsprung, wieder vor de Sadeleer/Traber auf dem Ehrenplatz und Jan Gijzen auf einem 66er Ferrari 275 GTB 4 auf dem dritten Rang.
Das „Spa Classic Endurance 1 – 60’s“-Rennen für Granturismo und Nachkriegs-Rennsportwagen bis 1965 über zwei Stunden am Samstagabend bot mit 54 Teams am Start quantitativ und qualitativ betrachtet den gewohnten optischen und akustischen Leckerbissen. Im Gesamtklassement machten das Rennen wieder Cobra-Teams unter sich aus, David Hart/Hans Hugenholtz und der allein fahrende Yvan Mahe überquerten nach 40 Runden als Sieger und Zweiter nur durch 15,5 Sekunden getrennt die Ziellinie. Der drittplatzierte 64er Jaguar E-Type von Carlos Monteverde/Gary Pearson hatte beinahe schon zweieinhalb Minuten Rückstand. Zu den feinen fahrerischen Leistungen zählte auch die des ebenfalls allein fahrenden Dr. Afschin Fatemi, der im Qualifying als schnellster Porsche 904-Pilot auch noch unter drei Minuten gekommen war und im Rennen als Gesamtsechster seine Klasse gewann. Beide Läufe des „Spa Classic Endurance 3 – HTC“-Rennens für ehemalige Gruppe 2- und Gruppe A-Renntourenwagen waren eine nicht unerwartete Domäne für BMW-Piloten. Im ersten Durchgang erreichten vornweg drei CSL-Coupés in der Reihenfolge Eric Mestdagh/Alain Thibault, Dominik Roschmann und Adrian Brady das Ziel, im zweiten siegte Dominik Roschmann vor Mestdagh/Thibault und Philipp Brunn/Siegfried Brunn im 84er Gruppe A-BMW 635 CSi.
Curbs Traf: Hervé Regout
Der Lütticher Hervé Regout ist eine elegante Erscheinung, schlank, nahezu gegen die 1,90 Meter hoch, der in Zivil durchaus mit ausgesuchter Kleidung auftritt. Er ist das, was man einen gut aussehenden Mann in den besten Jahren nennen könnte. Auch im Historischen Motorsport in Spa-Francorchamps gehört der nahezu 60-Jährige seit Jahren zum lebendigen Inventar, auch hier wird er immer wieder von Fahrzeug-Eigentümern bis hin zu Gruppe C-Rennwagen als die eigentliche Kraft im Auto engagiert. Regout spricht leiser, aber bestimmt und ist ein guter Zuhörer. Seine Ratschläge und Analysen sind gefragt. „Im Grunde habe ich bis heute meine Rennfahrer-Laufbahn eigentlich nie wirklich unterbrochen, schon das hat mich fit gehalten“, sagt der Mann, der beim diesjährigen Group C Racing-Auftakt in Barcelona wieder im Porsche 962 C seines Landsmannes Christophe d’Ansembourg mit ihm und allein fahrend einen dritten und einen zweiten Rang nach Hause fuhr. Seine erfolgreichsten Jahre als professioneller Rennfahrer vor allem auf den Langstrecken waren die 80er und frühen 90er Jahre. „Ich bin unter anderem beinahe jeden Gruppe C-Rennwagen gefahren, der seinerzeit hergestellt wurde, Porsche 956 und 962 C, Courage-Porsche, Werks-Mazda, Nissan, Sauber C8, Spice, Cheetah-Aston Martin, Peugeot 905, Lola T 92 – und beim Silverstone Classic im Juli kommt dann erstmals der Jaguar XJR 9 dazu“, zählt er auf. Neunmal zwischen 1980 und 1994 war er bei den 24 h Le Mans am Start, kam siebenmal ins Ziel, fünfmal unter den ersten Zehn im Gesamtklassement. Nach seinem Einsatz 1987 mit dem Cougar C 20 stand er hier als Dritter auf dem Podium, 1981 hatte er mit dem Pozzi-Ferrari 512 BB LM als Gesamt-Fünfter die Klasse gewonnen. „In Spa-Francorchamps musst du mit dem Bewusstsein ins Auto steigen, dass der Wagen auf jeden Fall stärker ist als du“, charakterisiert er eine wesentliche Herausforderung der Strecke. „Ich habe hier alles unter Kontrolle, empfehle aber, nicht über das Vertrauen in das eigene Können und in das Auto hinaus zu fahren, nicht an ein 100 Prozent-Limit heranzugehen, sondern bestenfalls an 99 Prozent.“ Seine eigene Bestzeit im Gruppe C-Porsche sei heute mit 2.13 Minuten sogar noch schneller als seinerzeit mit 2.15 Minuten, weil heute kein Sprit mehr gespart werden müsste und die Elektronik im Auto dann bis zu 860 PS zur Verfügung stelle. „Die Atmosphäre im Historischen Motorsport genieße ich sehr, ich fahre heute nicht unbedingt anders als früher, aber der Druck im Hinblick auf Resultat oder Sponsoren ist weg, das macht jetzt nur noch Spaß.“
Zweimal die Woche Schwimmen für die Kondition muss dennoch sein. Beim Spa Classic 2014 ging er seinem Landsmann Guy Lauwers in dessen Zweiliter-Lola T 297-BMW „zur Hand“ – Vierter in der CER 2, schnellste Rennrunde unter 2.30 Minuten.