Großer „Bahnhof“ beim letzten 24-Stunden-Rennen vor dem Ring-Umbau 1982. Als Chef der Kamei-Crew, Wiesbaden, gehörten zu meinem Aufgebot auch die drei Eichberg-Ford Capri mit Klaus Niedzwiedz/ Klaus Ludwig/Dieter Gartmann, Keke Rosberg/Ari Vatanen/Dieter Schäfer und Manfred Winkelhock/Norbert Haug/Bernd Krämer. Unter den Mechanikern ein 16-Jähriger, namens Marco Werner, der davon träumte, einmal Rennfahrer zu werden. Er wurde es und wie: einer der besten Langstrecken-Piloten der Welt – und heute für unsere Rubrik Cars/Tracktest zuständig.
Der Motorsport-Bazillus steckte wohl im Blut des am 27. April 1966 in Dortmund geborenen Marco Werner , schließlich war sein Großvater in den 30er-Jahren ein erfolgreicher Motorrad-Rennfahrer und sein Papa Heinz-Dieter bestritt in den 60er-Jahren Tourenwagen-Rennen mit achtbaren Resultaten. Marco erinnert sich: „Klaus Niedzwiedz kam öfters mit seinem Moped an unserer Tankstelle vorbei, denn ihn interessierten die Rennfahrzeuge meines Vaters. Klaus war es auch, der mich als jungen KFZ-Mechaniker zu Rennen mitnahm. Einmal bot er mir an, mit seinem Privatwagen – natürlich mit ihm auf dem Beifahrersitz – über den Nürburgring zu fahren. Da war ich, wohlgemerkt, zarte 14 Jahre alt, aber wohl wie ein Alter fuhr und zwar so schnell, dass Klaus nach drei Runden die Notbremse mit dem Vermerk, er müsse `mal telefonieren, zog.“ 1984 fuhr Marco Werner sein erstes Rennen, das er mit einem Klassensieg im Langstreckenpokal beendete.
Marco Werner: Sieg beim Formel-3-Grand Prix von Monaco
Sporadische Einsätze in der Formel Ford 1600 in den Jahren 1985 und 1986 brachten zwar drei Siege und Achtungserfolge, errungen mit bescheidenen finanziellen Mitteln, „wobei mir die beiden Kläuse zu meinen 500 Mark Lehrlingsgehalt mit beispielsweise mit kostenlosen Reifen weiter-halfen.“ Mit dem zweiten Klaus ist Klaus Ludwig gemeint. 1987 endeckte ich im Rahmenprogramm des von mir gestalteten Programmheft zum Großen Preis von Deutschland unter Formel Ford 2000 die Reynard-86-Piloten Tom Kristensen und Marco Werner. Für beide der Beginn einer sensationellen Kariere – freilich im Lang-strecken-Sport. In seiner ersten vollen F-Ford-Saison wurde Marco Dritter, Trittbrett zu einem Platz im Opel Challenge-Team neben Heinz-Harald Frentzen. Marco wurde Vierter und ließ beim Debüt der Euro-Serie in Spa-Francorchamps mit einer Pole-Position vor Mika Häkkinen aufhorchen. 1989 startete Marco im Opel-Lotus-Team von Siggi Müller jr. und wurde Vize-Meister. Als Anerkennung winkten drei Einsätze im Formel-3-Werksteam von VW. Im Jahr darauf fuhr er für das GM-Team von Müller in der Formel 3. Zu den nennenswerten Ergebnissen zählt ein zweiter Platz hinter Michael Schumacher in Zeltweg. Gefördert von Camel, Opel und Escom Computer holt er 1991 den Titel eines Deutschen Vize-Meisters. Sieben Siege, darunter vom letzten Startplatz beim Regenrennen auf dem Nürburgring, wurden gekrönt vom Sieg beim Prestige-trächtigen F3 Grand Prix von Monaco 1992. Statt des erhofften Einstiegs in die Formel 1 – leider platzte ein Minardi-Vertrag in letzter Minute – und die Möglichkeit, mit Camel in die Formel 3000 einzusteigen, musste Marco Werner mit einer Tourenwagen-Durststrecke vorlieb nehmen. Da sich das Camel-Motorsport-Budget von Reynolds Tobacco Köln ganz mit dem Einstieg von Michael Schumacher in das Formel-1-Team von Benetton erschöpfte hatte, blieb es bei einem Camel-F 3000-Test auf dem Bugatti-Cicuit von La Mans. Mäßige Tourenwagen-Erfolge bis zum Saisonauftakt 1995!
Marco Werner siegt beim Debüt zu den 24h von Daytona
Ende 1994 hatte Erwin Kremer Marco gefragt, ob er nicht ein paar Hockenheim-Runden im Kremer K8 drehen möchte. Marco: „Mir flößte dieser Wagen, der in Le Mans Sechster geworden war mächtig Respekt ein, besonders mit einem Turbo im Regen.“ Es wurden verschieden Versionen, also auch ohne „Groundeffect“ für die kommende World Sports Car-Saison, getestet. Erwin war`s zufrieden und lud mich zu Tests in Barcelona ein.“ Gegen den Wi-derstand seines Bruders Manfred rief Erwin bei Marco an, er solle sich zum Mitflug nach Daytona in Frankfurt einfinden. Eigentlich sollte Marco nur den vierten „Stint“ bestreiten, doch Stamm-Pilot Jürgen Lässig wollte nachts nicht fahren und Christophe Bouchet verbrachte wegen einer Virus-Grippe die meiste Zeit auf der Toilette. Nach dem ersten Stint meldete sich Erwin Kremer am Funk: „Blef sitze Jung, lass die Jurte dran, egal wer auf der Mauer steht, du blefs im Auto“. Marco Werner fuhr auf den zweiten Platz vor und wechselte sich in der Nacht nur noch mit Giovanni Lavaggi ab. Durch den Ausfall der Konkurrenz gelang dem K8 der Gesamtsieg. Zum Debüt in Le Mans fehlten die finanziellen Mittel. Mit dem CK7 des Teams durfte er dann beim Interserie-Rennen auf dem Siegerland-Flugplatz antreten und gewann souverän den ersten Lauf, beim zweiten blieb der vierte Gang stecken. Zusammen mit Lavaggi belegte er in einem Ferrari 333 SP beim Sportwagen-Rennen in Anderstorp/Schweden den vierten Platz. Drei Langstreckenpokal-Siege, Vize im „Porsche Pirelli Supercup „und zusammen mit Phillipp Peter Start beim FIA-GT-Meisterschaftslauf auf dem Nürburgring: Es regnete in Strömen, und Marco fuhr die Konkurrenz in Grund und Boden. Zusammen mit Infineon-Boss Dr. Ulrich Schumacher folgte noch ein Gesamtsieg in Spa-Francorchamps.
Marco Werner war schnellster Rookie in Le Mans
2002 bildeten Marco und Phillip Peter eines der Top-Teams im Porsche-Michelin-Supercup mit drei Siegen und einem Podiumsplatz in Monaco. Aufgrund von zwei Ausfällen reichte es aber nur zum Vize-Titel. Das Highlight in Marco Werners Rennfahrer-Kariere folgte mit der Berufung in das Werks-Team von Audi. Zusammen mit Philipp Peter und Michael Krumm sollte er einen dritten Infineon-Audi R8 in Le Mans pilotieren. Mit Super-Zeiten in der Qualifikation holte sich Marco den Rookie-Titel. Mit einem Podestplatz endete das Rennen dieses Trios. Marco: „Auch wenn ich in Daytona und Monaco gewonnen habe, Le Mans hat alles übertroffen, es war gigantisch.“ Mit einem Werksvertrag für die gesamte Saison 2003 ausgestattet, wurde Marco zusammen Frank Biela auf die „American Le Mans Serie“ angesetzt. Toller Einstand mit einem Sieg beim 12-Stunden-Rennen von Sebring für das Infineon Team Joest. Die Hälfte dieses Rennens bestritt Marco allein am Volant des Infineon-Audi R8. Vier weitere Siege folgten. „Für mich kein Zuckerschlecken, da ich keine nordwann mit vier Runden Vorsprung vor einem Pescarolo C60 mit französischer Besatzung. Der erste Sieg eines Dieselmotors beim Klassiker an der Sarthe! 2007 wiederholte sich Marcos Doppelsieg in Sebring und in Le Mans. In Daytona, Sebring und Le Mans zu siegen, hatte vor ihm nur Hans Herrmann geschafft. Seine letzte ALMS-Saison schloss Marco Werner mit einem weiteren Titel und einer stolzen Bilanz von 2003 bis 2008 ab: In 54 Rennen holte er 25 Gesamtsiege, dazu 46 Podiums-Plätze, zehn Pole-Positionen und zehn schnellste Renn-Runden. 2009 zog sich Audi aus dieser Serie zurück. Schmunzelnd erinnert Marco sich: „Noch heute halte ich in Mosport den absoluten Rundenrekord und in der Qualifikation in St. Petersburg, Florida, fuhr ich schneller als die Champ-Car-Boliden am gleichen Wochenende.“
Audi-Marken-Botschafter, Erfolge im Historischen Motorsport
2009 hatte sich Audi auf Einsätze in Sebring, Le Mans, Road Atlanta und Petit Le Mans reduziert. In La Mans dominierte Pescarolo mit einem Doppelsieg des 908 HDI FAP. Marco Werner wurde mit dem Audi R15 nicht richtig warm und konnte keine größeren Erfolge erzielen. Als Audi-Marken-Botschafter kümmerte sich Marco um das GT3-Kundensport-Programm mit dem R8 LMS auf dem Nürburgring. Er selbst bestritt ein paar VLN-Läufe und ein 24h-Rennen ohne Fortüne. Seit 2012 gehört er zu den Spitzen-Fahrern im Historischen Motorsport auf den verschiedensten Wagen. So siegte er bei den 24h Classic 2016 in Le Mans auf einem Porsche 936 und wurde mit dem Ex-Lauda-Ferrari 312B3 aus dem Jahr 1974 Dritter beim GP de Monaco Historique 2018. Dann das Duell gegen Jean Alesi im Ferrari 2021. Lotus-Erfolge 2022 und 2024 im Fürstentum folgten. F1-Siege auch auf anderen europäischen Rennstrecken – unser Spezialist für Tracktests und Cars wird auch im kommenden Jahr wieder auf den Pisten aktiv und für Überraschungen gut sein.
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